# taz.de -- Verhandlungen zur Großen Koalition: Über drei Themen wird noch gestritten
       
       > Union und SPD haben noch immer keine vollständige Einigung erzielt. Am
       > Dienstag gehen die Verhandlungen in Berlin in die entscheidende Runde.
       
 (IMG) Bild: Im Konrad-Adenauer-Haus wird am Dienstag weiter verhandelt
       
       Berlin dpa/afp | Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD gehen
       an diesem Dienstag in die möglicherweise entscheidende Runde. Nachdem die
       Gespräche am Montag ins Stocken geraten waren, wollen die Parteien ab 10.00
       Uhr in der CDU-Zentrale weiter verhandeln. Gelingt eine Einigung, könnte am
       Mittwoch der Koalitionsvertrag vorgestellt werden. Allerdings wartet im
       Anschluss mit dem SPD-Mitgliederentscheid eine weitere Hürde.
       
       Am Montagabend waren die Verhandlungen nochmals vertagt worden. Dennoch
       verbreiteten alle Seiten Optimismus. „Der Wille, dass es klappt, der ist
       da“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. CDU-Vize Julia Klöckner und
       der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU)
       rechneten damit, dass man sich einigen wird.
       
       Als Knackpunkte nannte Klöckner Finanzen, Gesundheit, Arbeitsrecht und
       Außenpolitik. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen hatte die Union der
       SPD in den Gesprächen am Montag deutlich gemacht, dass man deren Wünschen
       in diesen Bereichen nicht so weit wie gewünscht entgegenkommen könne.
       
       Bei der Arbeitsmarktpolitik geht es vor allem um die SPD-Forderung nach
       deutlichen Beschränkungen für sachgrundlose Befristungen von
       Arbeitsverhältnissen. Hier gebe es zwar eine Annäherung, aber noch keine
       Einigung. In der Gesundheitspolitik will die SPD gegen die
       „Zwei-Klassen-Medizin“ vorgehen und Verbesserungen für gesetzlich
       Versicherte erreichen. In der Außenpolitik gehe es um Rüstungsexporte und
       den Bundeswehretat.
       
       ## Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem
       
       Der Sozialverband VdK forderte bei den Themen Job-Befristungen und
       Gesundheit eine Schlichtung im Sinne der SPD. „Wir müssen verhindern, dass
       sich vor allem junge Menschen von Befristung zu Befristung hangeln und ihre
       Lebens- und Familienplanung von Sorgen und Unsicherheiten begleitet wird“,
       sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher der Deutschen Presse-Agentur. Im
       Gesundheitssystem solle zur Vermeidung einer Zwei-Klassen-Medizin die
       gesamte Bevölkerung im System der gesetzlichen Kranken- und
       Pflegeversicherung versicherungspflichtig sein, forderte Mascher.
       
       Sobald ein Koalitionsvertrag steht, sollen die SPD-Mitglieder darüber
       abstimmen, was mehrere Wochen dauern kann. Eine Option könnte sein, die
       Briefwahlunterlagen am Wochenende 3./4. März auszuzählen und das Ergebnis
       zu verkünden. Wer bis diesen Dienstag um 18.00 Uhr im Mitgliederverzeichnis
       steht, darf mit über den Koalitionsvertrag von SPD und Union abstimmen.
       
       Juso-Chef Kevin Kühnert, einer der Wortführer der Koalitionsgegner, ist
       überzeugt, dass die vielen neuen SPD-Mitglieder nicht nur eingetreten
       seien, um gegen die Große Koalition zu stimmen. „Der Großteil ist in die
       SPD gekommen, um diese Partei nach vorne zu bringen und langfristig zu
       erneuern. Und die SPD braucht diese Leute dringend“, sagte der Juso-Chef.
       
       ## Jusos kündigen Kampagne an
       
       Zugleich kündigte der Juso-Chef an, nach einer Einigung auf einen
       Koalitionsvertrag schnell mit einer Kampagne dagegen zu beginnen. Kühnert
       will am Freitag in Leipzig mit seiner Tour beginnen, wie er den Zeitungen
       der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Märkische Oderzeitung und
       Südwest Presse, Dienstag) sagte.
       
       Nach einem Bericht der Rheinischen Post (Dienstag) prüft das
       Bundesverfassungsgericht das SPD-Mitgliedervotum. Das bestätigte das
       Gericht dem Blatt. In Karlsruhe liegen demnach fünf Anträge gegen die
       Befragung der rund 450.000 SPD-Mitglieder vor. Einen Antrag habe das
       Gericht bereits abgelehnt.
       
       Der Verfassungsrechtler Jörn Ipsen hat keine Bedenken gegen den Entscheid.
       „Man kann einer Partei nicht vorschreiben, welche Form der internen
       Willensbildung sie vornimmt“, sagte Ipsen der Neuen Osnabrücker Zeitung
       (Dienstag). SPD-Vize Natascha Kohnen nannte das Basisvotum „zutiefst
       demokratisch“. „Alle Parteien täten gut daran, sich auf diese
       Basisdemokratie zu besinnen“, sagte Kohnen der Passauer Neuen Presse
       (Dienstag).
       
       ## Rückhalt schwindet massiv
       
       Unterdessen schwindet der Rückhalt für die Große Koalition massiv. Im
       aktuellen Insa-Meinungstrend für die Bild-Zeitung (Dienstag) verlieren
       CDU/CSU drei Prozentpunkte und kommen nur noch auf 30,5 Prozent. Die SPD
       büßt einen halben Punkt ein und erhält 17 Prozent. Die AfD liegt mit 15
       Prozent nicht weit dahinter. Grüne kommen auf 12,5, die Linke auf 11 und
       die FDP auf 10 Prozent. Erstmals seit Erhebung des Insa-Meinungstrends
       haben Union und SPD mit zusammen 47,5 Prozent keine Mehrheit mehr. Die
       anderen Parteien kommen gemeinsam auf 48,5 Prozent.
       
       Endgültig abschließen konnten CDU, CSU und SPD am Montag das Europakapitel.
       Die Pläne sähen mehr Investitionen, einen Investitionshaushalt für die
       Eurozone und „ein Ende des Spardiktats“ vor, teilte SPD-Chef Martin Schulz
       mit. Außerdem sollen mehr Mittel im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit
       bereit gestellt werden sowie eine „gerechte Besteuerung“ von
       Internetgiganten wie Google, Apple, Facebook und Amazon in Europa erreicht
       werden.
       
       6 Feb 2018
       
       ## TAGS
       
 (DIR) SPD
 (DIR) Schwarz-rote Koalition
 (DIR) CDU
 (DIR) CSU
 (DIR) CDU/CSU
 (DIR) Lesestück Meinung und Analyse
 (DIR) Kevin Kühnert
 (DIR) SPD
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Pro und Contra Mitgliederentscheid: Die Basis und die Demokratie
       
       Die Union und manche Wähler sind genervt. Doch die SPD befragt vor der
       Regierungsbildung noch mal die Basis. Ist das demokratisch?
       
 (DIR) Fahrplan zur Großen Koalition: Wie die Jusos kämpfen wollen
       
       Wenn der Koalitionsvertrag steht, geht der Kampf um die Zukunft der SPD in
       die nächste Runde. Die Jusos planen weitere Kampagnen.
       
 (DIR) Kommentar GroKo und Wohnen: Die neue soziale Frage
       
       Die SPD hat sich in den GroKo-Verhandlungen beim Thema Mietrecht
       durchgesetzt. An der Vertreibungsangst wird das aber nur wenig ändern
       können.
       
 (DIR) Kommentar Groko-Verhandlungen: Totalversagen beim Klima
       
       Es ist eine große Enttäuschung: SPD und Union verzichten auf ein klares
       Bekenntnis zum Klimaschutz, obwohl Merkel das Gegenteil versprochen hatte.