# taz.de -- Kommentar zur politischen Lage in Polen: Auf dem Weg zum Rechts-Staat
       
       > Im Rekordtempo fahren Jarosław Kaczyński und seine PiS Gewaltenteilung
       > und Pressefreiheit herunter. Doch noch ist Polen nicht verloren
       
 (IMG) Bild: Für sie geht alles den rechten Weg: Kaczyński-Anhängerinnen bei einer Demonstration in Warschau.
       
       Ein Budapest an der Weichsel wolle er errichten, verkündete der Chef der
       polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, vor
       einigen Wochen und spielte auf die Politik des ungarischen
       Ministerpräsidenten Viktor Orbán an. Dafür, dass die PiS erst so kurz an
       der Macht ist, sind die Bauarbeiten erstaunlich weit fortgeschritten.
       
       Staatspräsident Andrzej Duda pfeift auf eine Entscheidung des
       Verfassungsgerichts und verweigert weiterhin die Ernennung dreier Richter,
       die noch das vorherige liberalkonservative Parlament bestimmt hatte.
       Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung, das war gestern.
       
       Auch die Medien werden gerade auf PiS-Linie gebracht – mit sattsam
       bekannten Methoden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll wieder
       verstaatlicht werden. Journalisten, die sich erdreisten, die Regierung zu
       kritisieren, werden bedroht. Oder, wie im Falle einer TV-Moderatorin, für
       einige Zeit vom Dienst suspendiert. Einige ausländische Medienvertreter
       überlegen schon genauer, was und wie sie berichten, wollen sie nicht ihre
       Akkreditierung riskieren.
       
       In Staatsbetrieben und im öffentlichen Dienst wird ebenfalls gnadenlos
       durchregiert, indem Führungsposten mit willfährigen PiS-Parteigängern
       besetzt werden. Selbst in der EU versucht die PiS-Regierung, ihre
       sogenannten nationalen Interessen mit der Brechstange durchzusetzen. Für
       Flüchtlinge, die zu Tausenden nach Europa kommen, fühlt sich Warschau nicht
       zuständig. Dafür aber umso mehr für polnische Arbeitnehmer in
       Großbritannien, die betroffen sein könnten, sollten Sozialleistungen für
       EU-Bürger gekürzt werden.
       
       Und dennoch gilt, was in der ersten Strophe der Nationalhymne steht: Noch
       ist Polen nicht verloren, Die Umfragewerte für die PiS fallen. Es regt sich
       Protest, wie am vergangenen Wochenende, als in Warschau und anderen Städten
       Polens Zehntausende gegen die Regierung auf die Straßen gingen.
       
       Dieser Hilferuf des anderen Polen darf in Brüssel nicht ungehört verhallen.
       Auch wenn es unter den gegebenen Umständen schwierig ist, adäquat auf die
       jüngste politische Entwicklung in Polen zu reagieren: Wer die
       vielbeschworene demokratische Wertegemeinschaft ernst nimmt und bereit ist,
       für sie auch einzutreten, kann ein zweites Budapest in Europa nicht
       tolerieren. Alles andere wäre eine Bankrotterklärung.
       
       17 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
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