# taz.de -- Inspektoren on tour: Vorsicht, vielleicht verboten
       
       > Beim Versuch, Waren zu markieren, die möglicherweise aus illegalen
       > Siedlungen stammen, fliegen AktivistInnen aus einer Bremer Drogerie.
       
 (IMG) Bild: Protestposten in der Bremer Innenstadt.
       
       BREMEN taz | Auf „Wareninspektionstour“ zog eine kleine Gruppe
       IsraelkritikerInnen in weißen Overalls am Samstag durch die Bremer
       Innenstadt. Dieser lokale Ableger des so genannten BDS-Movement (Boycott,
       Divestment and Sanctions) fordert die Kennzeichnungspflicht von Waren „aus
       den illegalen israelischen Siedlungen“. Ihr erklärtes Ziel: Israel durch
       wirtschaftlichen Druck zwingen, sich „dem Völkerrecht zu unterwerfen“.
       
       Die EU-Kommission in Brüssel hat den Herkunftshinweis für Siedlerprodukte
       Anfang des Monats bereits beschlossen. Umgesetzt ist das noch nicht. Und
       weil es nicht drauf steht, mussten dann auch die AktivistInnen raten. „Wir
       gehen nach Verdacht vor“, sagte Gruppensprecher Claus Walischewski. So
       markierten sie in mehreren Innenstadtgeschäften gleich alle israelischen
       Produkte, die sie finden konnten. Bei Karstadt etwa, bei den Obstständen
       auf dem Markt und schließlich in einer Rossmann-Drogerie.
       
       Dort allerdings wurden sie hochkant vor die Tür gesetzt. Weil sie
       Filmaufnahmen gemacht und Papierfähnchen in die Regale gesteckt haben.
       „Vorsicht!“, heißt es darauf rot umrandet: „Das Produkt könnte aus einer
       illegalen israelischen Siedlung stammen.“
       
       „Ich habe eine private Meinung zur EU-Entscheidung“, sagte die
       Filialleiterin in der Diskussion an der Tür. Aber man dürfe eben nicht
       einfach in Geschäfte marschieren und den Einkauf stören. Die Gruppe zeigte
       sich wenig einsichtig und verlangte, die Aufnahmen der Überwachungskamera
       im Tausch gegen den eigenen Film zu löschen. Am Ende bekamen sie
       Hausverbot.
       
       „Wir rufen nicht zum Boykott auf“, beteuerte eine Aktivistin. Nur
       informieren wolle man. Das helfe ja auch denen, die vielleicht gerade diese
       Produkte erwerben wollten, sagte sie grinsend. Die Hinweise auf
       völkerrechtliche Missetaten Israels auf der Rückseite klingen allerdings
       nicht so. Auch auf der Straße haben das manche anders gelesen: Was das
       schon wieder solle, wollte ein junger Mann wissen, als man ihm ein
       Flugblatt in die Hand drückte. „Scheiß Antisemiten“ rief er, ein paar
       Handzettel flogen durch die Luft. Die Verteilerin hat darüber nur gelacht.
       
       Walischewski hört den Vorwurf nicht zum ersten Mal. Er kenne die Argumente,
       sagte er. Er wisse auch, dass in den Siedlungen viele palästinensische
       ArbeiterInnen Anstellung gefunden haben, von denen einige durch
       Boykott-Aktionen bereits wieder arbeitslos wurden. Doch das sei eben nur
       momentan so, sagte Walischewski. Wenn die Besatzung erst beendet sei,
       entstehe ja eine neue palästinensische Wirtschaft – und damit neue Jobs.
       
       28 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan-Paul Koopmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bremen
 (DIR) Boykott
 (DIR) BDS-Movement
 (DIR) Israel
 (DIR) Meinungsfreiheit
 (DIR) BDS-Movement
 (DIR) Israel
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
 (DIR) Jerusalem
 (DIR) Israel
 (DIR) Israel
 (DIR) Demonstrationen
 (DIR) Israel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Antisemitismus-Vorwürfe: Seltsame Querfronten
       
       Dass die Freie Universität eine Dozentin aufgrund höchst fragwürdiger
       Vorwürfe quasi suspendiert, ist skandalös. Die Meinungsfreiheit ist ein
       hohes Gut.
       
 (DIR) BDS-Unterstützer ohne Bankkonto: Wegen Boykottaufruf gekündigt
       
       Die Bank für Sozialwirtschaft löst das Konto der „Jüdischen Stimme für
       einen gerechten Frieden“ auf. Diese Kündigung ist kein Einzelfall.
       
 (DIR) Diskussion um Boykott israelischer Waren: Das Südfruchtdilemma
       
       Ist der Boykott israelischer Avocados okay? Nein, da ist man sich im
       Leipziger Club „Conne Island“ sicher. Bei anderem einigt man sich auf
       Uneinigkeit.
       
 (DIR) Gastkommentar Israel-Gegner im Norden: Alles Antisemiten!
       
       Antiisraelische Lehre wie an der Hochschule Hildesheim sei kein Einzelfall,
       meint „Jerusalem Post“-Korrespondent Benjamin Weinthal. Er fordert
       Konsequenzen.
       
 (DIR) Ressentiment ist keine Kritik: Das Gerücht über Israel
       
       Was tut Bremen gegen Antisemitismus? – erkundigt sich Rot-Grün beim Senat.
       Damit riskiert die Koalition Ärger in den eigenen Milieus
       
 (DIR) Kommentar Zoff zwischen EU und Israel: Das bilaterale Gleis bleibt
       
       Israel schmeißt die EU aus dem Nahost-Quartett. Na und? Manch einen in
       Brüssel dürfte das freuen. Mitreden müssen die Europäer weiterhin.
       
 (DIR) Streit um Siedlungsprodukte: EU hält an Nahost-Diplomatie fest
       
       Wegen der Etikettierung von Siedlungsprodukten will Israel die EU aus dem
       Nahost-Quartett schmeißen. Die aber lässt sich die Diplomatie nicht
       verbieten.
       
 (DIR) Verkauf von Siedlerprodukten: Israel ist erbost über Kennzeichnung
       
       Das Berliner Kaufhaus KaDeWe nimmt vorübergehend Siedlerprodukte aus den
       Regalen. Israel erwägt eine Klage bei der WTO.
       
 (DIR) Beschluss der EU-Kommission: Israel muss Siedlerprodukte markieren
       
       Zukünftig sollen Produkte aus den israelisch besetzten Gebieten in der EU
       gekennzeichnet werden. Israel bezeichnet das als Diskriminierung.
       
 (DIR) Streit um Ausstellung: Neuer Streit an alten Fronten
       
       Eine umstrittene Ausstellung über „Flucht und Vertreibung der
       Palästinenser“ kommt in die Stadtbibliothek. Israel-solidarische Gruppen
       protestieren.
       
 (DIR) Europa und der Nahost-Konflikt: Angst vor neuer Spirale der Gewalt
       
       Europa fürchtet eine Eskalation im Nahen Osten. Was tun? Spaniens Parlament
       stimmt für die Anerkennung Palästinas, andere erwägen Sanktionen.
       
 (DIR) Parallelgesellschaften: Im Osten nichts Neues
       
       Zwei Vorträge geben zeitgleich an unterschiedlichen Orten Bremens Einblicke
       in den Nahost-Konflikt. Ihre Zuhörer sprechen schon lange nicht mehr
       miteinander.
       
 (DIR) Maulkorb für Israel-Verteidiger: Platzverweis für „Israel“-Ruf
       
       Bei einem Hamburger Protestmarsch gegen den Gaza-Krieg schickt die Polizei
       einen Kritiker weg, weil er Gefahr lief, von Demonstranten angegriffen zu
       werden.
       
 (DIR) Eskalation bei Demo in Bremen: Israelfeinde außer Kontrolle
       
       Bei einem Spontanprotest gegen israelische Militäreinsätze kommt es zu
       einer Attacke auf einen taz-Redakteur. Die Rolle der Polizei ist
       zweifelhaft.
       
 (DIR) Palästina-Protest in Frankfurt: Anti-Israel-Slogans aus Polizeiauto
       
       Ein Teilnehmer einer Palästinenser-Demonstration nutzt einen
       Polizeilautsprecher für Schmährufe. Die Polizei sieht ihren guten Willen
       missbraucht.