# taz.de -- Europa und der Nahost-Konflikt: Angst vor neuer Spirale der Gewalt
       
       > Europa fürchtet eine Eskalation im Nahen Osten. Was tun? Spaniens
       > Parlament stimmt für die Anerkennung Palästinas, andere erwägen
       > Sanktionen.
       
 (IMG) Bild: Ein Einschussloch in der Synagoge in Jerusalem, die zum Ziel des Anschlags wurde.
       
       BERLIN taz | Erst am Wochenende war Frank-Walter Steinmeier in Jerusalem.
       Dort hatte er gewarnt, der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern
       könnte sich in einen religiösen Konflikt verwandeln und dadurch „unlösbar“
       werden. Nach dem Attentat in einer Synagoge in Jerusalem klingt das fast
       wie eine dunkle Prophezeiung. Am Dienstag schon wieder in Kiew unterwegs,
       nannte der deutsche Außenminister die Tat „eine schreckliche
       Grenzüberschreitung“ und warnte vor einer neuen Spirale der Gewalt.
       
       Am Montag hatten sich Steinmeier und die anderen EU-Außenminister in
       Brüssel getroffen. Mit seinem Appell, auf den Ausbau jüdischer Siedlungen
       um Jerusalem zu verzichten, hatte sich Steinmeier zuvor bei seinem
       israelischen Amtskollegen Avigdor Lieberman eine schroffe Abfuhr geholt.
       
       Immerhin konnte er darauf verweisen, dass sich der jordanische König
       Abdullah II. und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in
       Amman auf einen „vernünftigen und besonnenen Umgang mit der schwierigen
       Lage auf dem Tempelberg“ verständigt hätten, so Steinmeier. Israel hatte
       den Zugang für Muslime immer wieder beschränkt und damit Befürchtungen
       genährt, es wolle den Status quo an der für Muslime wie Juden heiligen
       Stätte in Jerusalems Altstadt verändern.
       
       Der Überfall auf einen Synagoge, bei dem radikale Palästinenser vier
       Betende und einen Polizisten ermordeten, markiert aus israelischer Sicht
       den blutigsten Anschlag seit sechs Jahren. Die Spannungen hatten sich aber
       durch den Streit um den Tempelberg und die geplanten Siedlungen schon seit
       Wochen zugespitzt, mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten.
       
       ## Palästina anerkennen
       
       Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief jetzt beide Seiten zur
       Zurückhaltung und zu einer Rückkehr zu Friedensgesprächen auf. In der
       Frage, wie sie auf den Siedlungsbau reagieren soll, ist die EU tief
       gespalten. Spanien prescht jetzt vor: Am Dienstag votierte das Parlament in
       Madrid geschlossen für eine Anerkennung Palästinas, wie sie zuvor schon das
       britische und irische Parlament beschlossen haben.
       
       Die Regierung in Madrid unterstützt das Vorhaben, um Israel unter Druck zu
       setzen, eine ähnliche parlamentarische Initiative gibt es auch in
       Frankreich. Schweden hat Palästina sogar formell als eigenen Staat
       anerkannt. Darin spiegelt sich die europäische Frustration über den
       Stillstand im israelisch-palästinensischen Friedensprozess aus, für den vor
       allem die Regierung in Jerusalem verantwirtlich gemacht wird.
       
       Doch Deutschland bremst. Die Bundesregierung erwarte keine EU-Sanktionen
       gegen Israel, sagt der Sprecher des Außenministeriums, Martin Schäfer, am
       Montag in Berlin – trotz des angekündigten Ausbaus jüdischer Siedlungen,
       der die Spannungen in Jerusalem verschärft hat. "Ich glaube, diese Frage
       stellt sich im akuten Zusammenhang überhaupt nicht", so Schäfer.
       
       Manche sehen das anders. Denn mit seinen neuen Siedlungen würde Israel
       einen Riegel zwischen Ostjerusalem und den Süden der Palästinensergebiete
       legen und so verhindern, dass dort jemals die Hauptstadt eines unabhängigen
       Palästinenserstaats entstehen könnte. Die EU lehnt die Pläne deshalb strikt
       ab. Sollte Israel seine Siedlungen trotzdem ausbauen, erwägen manche
       EU-Mitgliedstaaten Sanktionen gegen das Land, wie die linksliberale Zeitung
       Ha’aretz in Israel berichtete. Dazu gehört die Kennzeichnung von Produkten,
       die aus Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten stammen. Als
       weitere Schritte wären auch der Rückruf von Botschaftern und die Begrenzung
       der Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen denkbar. Darüber könnte jedes
       EU-Mitgliedsland einzeln entscheiden. Möglich wären auch gemeinsame
       Protestresolutionen, oder die Unterstützung Israels im UN-Menschenrechtsrat
       einzustellen.
       
       Auch aus deutscher Sicht sind die Siedlungen völkerrechtswidrig und ein
       Hindernis für den Nahost-Friedensprozess. Doch Steinmeier setzt lieber auf
       eine neue US-Initiative, um zu Gesprächen über eine Zweistaatenlösung
       zurückzukehren, wie er am Montag am Rande des EU-Außenministertreffens in
       Brüssel erklärte. Die letzten Friedensgespräche waren im April 2014
       gescheitert, im Sommer folgte der Gazakrieg. Seitdem gibt es in Kairo
       lediglich Gespräche über einen Waffenstillstand. Doch auch die treten auf
       der Stelle.
       
       19 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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