# taz.de -- Neues Prostituiertenschutzgesetz: Idiotentests für Sexarbeiterinnen?
       
       > 2016 soll das neue Gesetz in Kraft treten. Die Prostituiertenorganisation
       > Doña Carmen fürchtet Gängelei und unangemeldete Razzien.
       
 (IMG) Bild: Prostituierte und Rotlichtmillieu sollen wieder stärker kontrollliert werden.
       
       BERLIN taz | Die Prostituiertenorganisation Doña Carmen in Frankfurt am
       Main schlägt Alarm: Prostituierte sollen bald zum Idiotentest. Jedenfalls
       schreibe ein Passus des geplanten Prostituiertenschutzgesetzes eine Art
       Prüfung der „zu ihrem Schutz erforderlichen Einsichtsfähigkeit“ vor,
       beklagt Doña Carmen, ein „Verein für soziale und politische Rechte von
       Prostituierten“.
       
       Bestehe eine Sexarbeiterin den Test nicht, könne es passieren, dass ihr die
       Anmeldebescheinigung, der „Hurenpass“, verweigert werde. Den braucht sie,
       um im Sexgewerbe arbeiten zu dürfen.
       
       Wie muss man sich das praktisch vorstellen? So ähnlich wie in der Schweiz,
       sagt Juanita Rosina Henning von Doña Carmen. Dort müssen sich die Frauen,
       die ins Sexgewerbe einsteigen wollen, Fragen von zuständigen Behörden
       gefallen lassen: Weiß Ihre Familie von Ihrem Job? Wie lautet die
       Telefonnummer Ihrer Eltern? Weigerten sich die Frauen zu antworten oder
       Daten herauszugeben, bekämen sie keinen „Hurenpass“.
       
       Hintergrund für die Idiotentest-Befürchtung der Prostituierten in
       Deutschland ist das geplante Prostituiertenschutzgesetz, das Union und SPD
       monatelang verhandelt hatten und das 2016 in Kraft treten soll. CDU/CSU
       strebten einen rigideren Umgang mit der Prostitution an, die SPD wollte es
       liberaler. Herausgekommen ist ein Kompromiss, nach dem sich Prostituierte
       unter anderem künftig einmal im Jahr einer medizinischen Beratung
       unterziehen müssen.
       
       Erst nach dieser „Zwangsberatung“ (Doña Carmen) können die SexarbeiterInnen
       bei der Polizei oder einer anderen zuständigen Behörde ihr Gewerbe
       anmelden. Juanita Rosina Henning erwartet, dass den Frauen und Männern
       diese Bescheinigung verweigert werde, sollten sie die Fragen der Beamten
       nicht beantworten. „Das ist Willkür und Stigmatisierung eines ganzes
       Berufsstandes“, sagt Henning: „Sexarbeiterinnen werden als geistig
       minderbemittelt eingestuft.“
       
       Das Prostituiertenschutzgesetz sieht außerdem eine Kondompflicht für Freier
       sowie ein Verbot von Flatratesex vor. SexarbeiterInnen unter 21 Jahren
       müssen sich gesundheitlich und sozial alle sechs Monate beraten lassen.
       
       ## Kondompflicht überprüfen
       
       Der Verein Doña Carmen vermutet hinter dem Idiotentest und den
       Gesundheitsprüfungen zudem noch etwas anderes: die Möglichkeit zu
       unangekündigten Razzien in Bordellen und Privatwohnungen. Wie sonst soll
       überprüft werden, ob die Freier Kondome benutzen, die dem Schutz der
       SexarbeiterInnen dienen?
       
       Alles Vorwand, meint Doña Carmen. Denn „wer sich gegenüber solchen
       ,Schutz‘-Maßnahmen als ,uneinsichtig‘ erweist, dem dürfte schnell das
       Fehlen einer ,zu ihrem Schutz erforderlichen Einsichtfähigkeit‘ attestiert
       werden“, heißt es in einer Presseerklärung von Doña Carmen.
       
       Das Familienministerium von Manuela Schwesig (SPD), das für das Gesetz
       zuständig ist, war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu
       erreichen. Am kommenden Samstag wollen Prostituierte und Callboys in
       Frankfurt am Main gegen das Prostituiertenschutzgesetz demonstrieren.
       
       9 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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