# taz.de -- Drogenroman aus New York: Von der Hure zur Schnüfflerin
       
       > In „Dope“ entwirft Sara Gran ein düsteres Stimmungsbild der Drogenszene
       > der fünfziger Jahre. Ihre Heldin ist für eine Opferrolle viel zu schade.
       
 (IMG) Bild: Drogenkonsum an einer New Yorker Straßenecke in den Fünfzigern.
       
       Die US-amerikanische Autorin Sara Gran wurde vor ein paar Jahren in der
       deutschsprachigen Krimiszene bekannt durch ihre New-Orleans-Romane um die
       strikt intuitiv agierende, kettenkiffende Privatdetektivin Claire DeWitt,
       „die beste Ermittlerin der Welt“. Claires durchschlagendem Erfolg ist es zu
       verdanken, dass nun auch frühere Romane von Sara Gran in deutscher
       Übersetzung veröffentlicht werden – oder, bisher jedenfalls, zumindest
       einer.
       
       „Dope“ heißt der auf Englisch schon 2006 erschienene Krimi sowohl im
       Original wie auch auf Deutsch. Drogen spielen erwartungsgemäß eine
       Hauptrolle darin. Die New Yorker Drogenszene der fünfziger Jahre bildet den
       Handlungsrahmen, und wenn man auch unbedarft staunen mag, dass es damals
       schon eine nennenswerte Drogenszene gegeben haben soll, so ist doch
       anzunehmen, dass die Autorin den historischen Hintergrund vermutlich gut
       recherchiert hat.
       
       Als ermittelnde Heldin allerdings setzt Gran in diesem Roman eine
       ausgesprochen nüchterne Person ein: Josephine, genannt Joe, ist eine Frau
       in den Dreißigern, die eine furchtbare Vergangenheit als drogenabhängige
       Prostituierte erfolgreich hinter sich gelassen hat, jetzt eisern clean ist,
       sich aber sonst eher schlecht als recht durchs Leben schlägt. Als sie von
       einem bürgerlich wirkenden Paar mittleren Alters engagiert wird, um in der
       Drogenszene nach dessen vermisster Tochter zu suchen, wundert Joe, die noch
       nie als Privatdetektivin gearbeitet hat, sich zwar über das in sie gesetzte
       Vertrauen, nimmt aber nur allzu gern das reichlich angebotene Geld.
       
       Ihre Recherchen führen sie durch sämtliche Lokalitäten der New Yorker
       Unter- und Halbwelt, in finstere Kellerbars, windige Striplokale und
       heruntergekommene Ecken von Parks, in denen Süchtige auf ihre Dealer
       warten. Da Joe noch über beste Kontakte in die Szene verfügt, gelingt es
       ihr innerhalb von kurzer Zeit, den vermutlichen Aufenthaltsort der
       gesuchten jungen Frau ausfindig zu machen. Doch dann wird überraschend
       jemand erschossen, und Joe erkennt, dass sie als Lockvogel in einem
       Mordkomplott benutzt wurde – und das möglicherweise sogar von jemandem, den
       sie gut kennt.
       
       Gran hält sich, was den Handlungsaufbau betrifft, eher konventionell an die
       Regeln des Genres. Das ist nichts Schlechtes, denn eine gut angewandte
       Krimikonvention sorgt auf jeden Fall für einen schönen Spannungsbogen.
       Genau wie Ich-Erzählerin Joe wird die LeserIn immer wieder vom
       Handlungsverlauf überrascht, und auch wenn frau so ihre eigenen Vermutungen
       hat, wer hier wohl der eigentliche Bösewicht ist, kommt der offen endende
       Schluss dann doch reichlich unkonventionell und also shocking daher. Wäre
       „Dope“ eine TV-Serie, wie ursprünglich geplant (für eine solche hatte Gran
       den Stoff zuerst als Drehbuch geschrieben), dann wäre das Ende ein
       Cliffhanger, und man würde eine Woche lang dasitzen, bang auf die nächste
       Folge warten und für Joe das Beste hoffen.
       
       Denn Joe ist eine starke Heldin, von der man sich nicht so schnell trennen
       möchte. Aber so eine Frau, die sich nicht mit ihrer Verlierer- und
       Opferrolle abgefunden und sich am eigenen Schopf aus dem Drogensumpf
       gezogen hat, wird ja wohl von ihrer Autorin nicht letztlich doch noch zum
       Opfer gemacht werden. Oder?? Als LeserInnen müssen wir uns unseren eigenen
       Schluss dazu denken. Das geht natürlich auch mal. Aber so insgesamt gesehen
       ist es doch eigentlich eine Schande, dass diese Serie nie gedreht wurde.
       
       29 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Granzin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) New York
 (DIR) Drogen
 (DIR) Prostituierte
 (DIR) Prostitution
 (DIR) Prostituiertenschutzgesetz
 (DIR) Südstaaten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Zwangstest für Prostituierte: Sex, Lügen und Idiotentests
       
       Die Regierung möchte Idiotentests für Prostituierte einführen. Die Debatte
       darüber zeigt, dass Sexarbeit eben doch kein normaler Job ist.
       
 (DIR) Neues Prostituiertenschutzgesetz: Idiotentests für Sexarbeiterinnen?
       
       2016 soll das neue Gesetz in Kraft treten. Die Prostituiertenorganisation
       Doña Carmen fürchtet Gängelei und unangemeldete Razzien.
       
 (DIR) US-Südstaaten-Krimi: Mississippi in Flammen
       
       Sittenbild der Südstaaten: Greg Iles’ beeindruckender Thriller „Natchez
       Burning“ erforscht rassistische Verbrechen.