# taz.de -- Avi Primor über den Nahost-Konflikt: „Israel schafft täglich neue Tatsachen“
       
       > Verhandlungen zwischen Israel und Palästina kommen nur, wenn die USA sich
       > einmischen. Andernfalls drohe eine dritte Intifada, sagt der
       > Ex-Botschafter.
       
 (IMG) Bild: Die Situation bleibt explosiv im Nahen Osten: Schwer bewaffneter Hamas-Kämpfer.
       
       taz: Herr Primor, bei der Anerkennung Palästinas als Staat durch die UNO
       hat sich die Bundesrepublik enthalten. Glauben Sie, dass die bislang
       unantastbare Solidarität Berlins mit Jerusalem zu bröckeln beginnt? 
       
       Avi Primor: Die Unterstützung Deutschlands, auf jeden Fall der
       Bundesregierung, ist ganz solide. Womit sich die Deutschen schwertun, ist,
       Israels Politik gegenüber den Palästinensern bedingungslos zu unterstützen.
       In der Frage des Siedlungsbaus bestehen erhebliche und permanente
       Meinungsunterschiede.
       
       Aus Europa weht für Israel ein kälterer Wind. Hat das Folgen für die
       Nahostpolitik des Weißen Hauses? 
       
       US-Außenministerin Hillary Clinton war vor zwei Wochen hier, um eine
       Waffenruhe in Gaza voranzutreiben, aber gleichzeitig fuhr sie auch nach
       Ramallah, um mit Abbas zu sprechen. Sie hat starken Druck auf Israel
       gemacht, um Abbas zu stärken, trotzdem haben die Amerikaner selbst bei dem
       UN-Votum gegen die Palästinenser gestimmt.
       
       Die Ankündigung vom Bau neuer Siedlungen ist eine Ohrfeige für das Weiße
       Haus. Wie weit kann Netanjahu gehen? 
       
       Sehr weit, denn er genießt breite Unterstützung in der amerikanischen
       Bevölkerung. In Europa passiert genau das Gegenteil. Dort hat man kein
       Verständnis mehr für die israelische Siedlungs- und Besatzungspolitik.
       
       In Israel zeichnet sich mit den Wahlen ein weiterer Rechtsruck ab. Rechnen
       Sie mit internationalen Sanktionen? 
       
       Die EU-Staaten werden nicht ernsthaft auf Konfrontationskurs mit Israel
       gehen. Sie haben längst auf eine europäische Initiative im Nahen Osten
       verzichtet, denn es gibt weder eine gemeinsame Außenpolitik noch einen
       geeigneten Hebel zur Umsetzung. Wenn aber die USA die Initiative ergreifen,
       dann wird Europa die USA notfalls auch mit Sanktionen unterstützen.
       
       Glauben Sie, dass es eine dritte Intifada geben könnte? 
       
       Weder die israelische noch die palästinensische Regierung sind einem echten
       Friedensprozess gewachsen, deshalb wird es erst Verhandlungen geben, wenn
       sich die USA einmischen. Wenn das nicht passiert, und es ist leider nicht
       auszuschließen, dass die USA wieder nichts tun werden, dann wird es
       irgendwann explodieren. Israel schafft täglich neue Tatsachen im
       Westjordanland, gleichzeitig demonstriert die Hamas, was sich mit Gewalt
       alles erreichen lässt. Früher oder später wird das die Menschen im
       Westjordanland dazu bringen, sich erneut auf Abenteuer einzulassen.
       
       5 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
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