# taz.de -- Die Folgen der Agrarindustrie: Wie die Ananas Costa Rica ruiniert
       
       > Wenn wir Ananas essen, kommt die meist aus Costa Rica. Manche
       > Plantagendörfer zahlen dafür einen hohen Preis: Pestizide verseuchen ihr
       > Leitungswasser.
       
 (IMG) Bild: Bei der Ernte muss jede Frucht einzeln gepflückt werden. Maschinen helfen da nicht
       
       Im mittelamerikanischen Costa Rica sollen tausende Menschen seit Jahren
       kein Leitungswasser trinken, weil darin Pestizide aus dem Ananas-Anbau
       gefunden wurden. Seit 2007 warnen die Behörden und versorgen El Cairo und
       die anderen drei betroffenen Dörfer per Tankwagen mit sauberem Wassser.
       
       Chemiker Clemens Ruepert von der Nationaluniversität Costa Ricas fand schon
       2003 in den Wasserquellen der Orte den Pestizidwirkstoff Bromacil, der
       besonders leicht versickert. Bis zu seiner vorläufig letzten Untersuchung
       im Mai 2011 maß er im Quellwasser der Gemeinde Milano regelmäßig 2,5 bis
       6,7 Mikrogramm pro Liter - 25 bis 67 Mal so viel wie der europäische
       Grenzwert. Untersuchungen im Auftrag des staatlichen Wasserwerks AYA haben
       die Überschreitungen des Grenzwerts bestätigt. Costa Rica selbst hat keine
       Limits festgelegt.
       
       Die Region im Osten des Landes ist nicht die einzige, in denen Ananasfarmen
       die Umwelt schädigen. Verantwortlich sind auch Fincas, die für
       internationale Konzerne wie Fresh Del Monte Produce produzieren. Sie
       bringen die Früchte auch in deutsche Supermärkte. Rund 70 Prozent der
       Importe kommen dem Statistischen Bundesamt zufolge aus Costa Rica, dem
       kleinen Land zwischen Nicaragua und Panama: etwa 136.000 Tonnen pro Jahr.
       Auch weltweit ist es der größte Ananasexporteur.
       
       Ananas werden - wie viele Südfrüchte - meist in Monokulturen angebaut, weil
       sich die Fincas so auf eine Frucht spezialisieren können. Würden sie
       verschiedene Pflanzen anbauen, würden sie weniger Geld verdienen. Aber in
       den Monokulturen wachsen über Jahre auch Populationen von Schädlingen und
       Unkräutern, die auf die Ananas eingestellt sind. "Deshalb halten die Farmer
       mit großen Mengen teils besonders giftiger Pestizide dagegen", sagt ein
       Ingenieur von Costa Ricas Nationaluniversität.
       
       Eine vergiftete Umwelt - keine seltene Folge in der Agrarindustrie. Aber
       selten ist sie so gut dokumentiert wie im Fall der Ananas.
       
       Del Monte kauft seit Anfang der 90er-Jahre Ananas von der größten Plantage
       in El Cairo. Der Konzern weist in einer E-Mail an die sonntaz "falsche
       sensationalistische Behauptungen" zurück, er sei für Umweltprobleme der
       Ananasproduktion in Costa Rica verantwortlich. Die Farm habe "2008
       aufgehört, Bromacil zu benutzen". Indirekt räumt Del Monte also ein, dass
       sein Zulieferer davor das Ackergift benutzt hat.
       
       Auch wenn die Del Monte-Finca seit 2008 auf Bromacil verzichten sollte,
       könnte sie daran schuld sein, dass auch lange Zeit später im Grundwasser
       Pestizide gefunden worden sind. "Bromacil ist sehr stabil", sagt der
       Chemiker Ruepert. Aus diesem Grund sei es möglich, dass die Substanz Jahre
       später im Wasser lande. Welchen Pestizidwirkstoff Del Monte heute
       verwendet, sagt der Konzern nicht. Andere Ananasfarmen benutzen der
       Nationaluniversität zufolge sowieso weiter Bromacil.
       
       Für El Cairo und weitere Gemeinden der betroffenen Region baut das
       staatliche Wasserwerk AYA nun ein neues Leitungsnetz mit sauberer Quelle.
       Es kostet 2,3 Millionen Euro, wie die deutsche Entwicklungsbank KfW
       mitteilt, die das Projekt mit einem besonders günstigen Kredit in Höhe von
       1,3 Millionen Euro unterstützt. Es ist bisher aber nicht abzusehen, dass
       die für die Verschmutzung verantwortlichen Ananasfarmen für die Kosten
       aufkommen werden.
       
       Warum die Agrarministerin Costa Ricas das Problem für gelöst hält und wie
       die deutsche Autorin des „Ananas-Kochbuchs“ ihre Liebe zu der exotischen
       Frucht beschreibt, das lesen Sie in der Ganzen Geschichte „Im Land der
       Ananas“ in der [1][sonntaz vom 16./17. März 2013]. Am Kiosk, [2][eKiosk]
       oder gleich im [3][Wochenendabo].
       
       16 Mar 2013
       
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