# taz.de -- Schriftsteller gegen Überwachung: Ein Who’s who gegen Ausspähung
       
       > Mit einem Aufruf fordern Intellektuelle, private Daten zu respektieren.
       > Die Initiatoren wollen damit eine zivile Massenbewegung anstoßen.
       
 (IMG) Bild: Die Datenkraken sind eine Gefahr für die Demokratie.
       
       BERLIN taz | Sie hatte es schon einmal versucht, vor drei Monaten. Mit
       einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin wollte die Schriftstellerin Juli
       Zeh in der NSA-Spähaffäre den Druck auf die Regierung erhöhen. Doch Angela
       Merkel schwieg, obwohl sich namhafte Autoren der Petition anschlossen und
       sogar gemeinsam vor dem Kanzleramt aufliefen, bepackt mit Umzugskisten
       voller Unterschriften. Die Antwort blieb aus. Es passierte ganz einfach:
       nichts.
       
       Juli Zeh hätte es dabei belassen können, so erfolglos wie die Aktion
       verlaufen war – die 39-jährige Schriftstellerin wählte den
       entgegengesetzten Weg. Gemeinsam mit dem Autor Ilija Trojanow stieß sie
       eine neue Initiative an: „Writers Against Mass Surveillance“. Eine global
       ausgerichtete Kampagne war ihr Ziel, so weltumfassend wie die systematische
       Massenüberwachung durch Geheimdienste.
       
       Am Dienstag präsentierten die beiden Autoren mit Kollegen unter anderem aus
       Großbritannien, Österreich und Dänemark das Resultat: Mehr als 560
       Schriftsteller aus 81 Ländern haben sich bereits [1][dem Appell]
       angeschlossen. Die Liste der Unterzeichner liest sich wie ein Who’s who:
       Orhan Pamuk, J. M. Coetzee, Don DeLillo, Henning Mankell, T. C. Boyle – um
       nur einige Namen zu nennen.
       
       Fünf Literaturnobelpreisträger unterstützen den Aufruf, 30 große Zeitungen
       in aller Welt druckten ihn ab, darunter die FAZ und der britische Guardian,
       aber auch der pakistanische Dawn oder El Tiempo in Kolumbien.
       
       ## Recht auf Privaträume
       
       „Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter
       ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr“, heißt es in dem Appell.
       Die Unterzeichner fordern, dass „jeder Bürger das Recht haben muss
       mitzuentscheiden, welche seiner persönlichen Daten gespeichert, gesammelt
       und verarbeitet werden und von wem“ – schließlich hätten alle Menschen „das
       Recht, in ihren Gedanken und Privaträumen, in ihren Briefen und Gesprächen
       frei und unbeobachtet zu bleiben“.
       
       Die Intellektuellen appellieren an alle Staaten und Konzerne, das Recht auf
       Privatsphäre auch im digitalen Zeitalter zu respektieren.
       
       Ausgerechnet die großen US-Blätter New York Times und Washington Post
       lehnten es ab, den Appell zu veröffentlichen. Letztere soll ihn als „sehr
       provokativ“ bewertet haben. Die Initiatoren erklärten die Absage allerdings
       mit der publizistischen Tradition in den USA. Dort sei es unüblich, gratis
       solche Aufrufe abzudrucken. Einige bedeutetende Autoren aus den USA habe
       man schlicht noch nicht erreicht.
       
       Nach Ansicht der Initiatoren kann der Protest gegen die massenhafte
       Ausspähung privater Daten nur etwas bewirken, wenn er von einer großen,
       globalen Bewegung getragen wird. Genau diese wollen die Schriftsteller
       anstoßen.
       
       ## „Digitales Fukushima“ erzeugen
       
       „Die Menschen begreifen allmählich, worin die Gefährdung besteht“, sagte
       Ilija Trojanow. Auch alle Bürger seien jetzt aufgefordert, mit ihrer
       Unterschrift unter den Appell gegen die Überwachungspraktiken zu
       protestieren. „Wenn es uns gelingt, ein digitales Fukushima zu erzeugen“,
       hofft Juli Zeh, „dann wird Frau Merkel die erste Datenschützerin in unserem
       Land sein.“ Der öffentliche Druck müsse nur ausreichend wachsen.
       
       Während die Bundeskanzlerin auch am Dienstag zunächst mit Schweigen auf den
       Appell reagierte, ergriff ein anderer das Wort – SPD-Chef Sigmar Gabriel,
       der wahrscheinlich demnächst als Vizekanzler vereidigt wird. „Ein tolles
       Zeichen!“, schrieb er auf Facebook und versprach, die deutschen
       Unterzeichner Anfang des Jahres zu einem Gespräch einzuladen: „Ein solcher
       Aufruf darf in der Politik nicht ungehört bleiben!“
       
       Im Netz hagelte es daraufhin böse Kommentare – schließlich hat Gabriel
       gerade im schwarz-roten Koalitionsvertrag die Vorratsdatenspeicherung
       eingetütet.
       
       10 Dec 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.change.org/de/Petitionen/die-demokratie-verteidigen-im-digitalen-zeitalter
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Astrid Geisler
       
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