# taz.de -- Deutsche Außenpolitik: Journalisten beraten Politiker
       
       > Muss Deutschlands Macht eine größere außenpolitische Verantwortung
       > folgen? Ein Think-Tank liefert erste konkrete Antworten.
       
 (IMG) Bild: Verantwortung und Außenpolitik werden immer öfter mit „Uniform“ übersetzt.
       
       BERLIN taz | Zwei Auslandseinsätze wird der Bundestag am Donnerstag
       beschließen: Den einen – Afghanistan – will die Republik dringend
       loswerden. Der andere – Mali – steht nach der Vorstellung vieler Außen- und
       Sicherheitspolitiker für die „neue deutsche Außenpolitik“.
       
       Deutschland, so die teils wortgleichen Ansagen von Außenminister
       Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
       (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck, soll außenpolitisch so wichtig
       werden, wie es ökonomisch schon ist. Dass Afghanistan als Beispiel für
       solche Absichten nicht taugt, weiß jeder. In Mali und dem mittlerweile so
       genannten afrikanischen Krisengürtel will von der Leyen nun einen Akzent
       setzen – mit bis zu 250 statt derzeit faktisch 100 Ausbildungssoldaten.
       
       Ob solche Zusagen den großen Worten seit Mitte Januar entsprechen,
       bezweifeln aktuell sogar Friedensbewegte. Doch fallen neue Einsatzpläne in
       der Öffentlichkeit nun auf einen politisch frisch geharkten Boden. Die Rede
       von der neuen deutschen Außenpolitik „umfasst natürlich mehr
       Militäreinsätze, auch wenn das von Teilen der Koalition schon wieder
       bestritten wird“, erklärt Stefan Liebich, Außenpolitiker der Linksfraktion
       im Bundestag. „Es geht darum, die Achsen der Debatte zu verschieben.“
       
       Diese Achsenverschiebung jedoch kam nicht so plötzlich, wie es zunächst
       aussah. Zwar wurde mit dem Bundestag wieder einmal zuletzt gesprochen, was
       bei CDU/CSU die Laune trübte. „Das Parlament ist zu beteiligen – ungeachtet
       einer Ministerin, die sich gut einarbeitet“, giftete Michael Grosse-Brömer,
       Geschäftsführer der Unionsfraktion.
       
       ## Bewusst den Wahlkampf gemieden
       
       Doch gab es auch eine ideelle Vorarbeit zum neuen Tonfall, an der ein
       ganzer Schwung Abgeordneter seinen Anteil hatte – darunter Liebich. Ende
       2012 versammelten zwei Think-Tanks, die Stiftung Wissenschaft und Politik
       (SWP) und der German Marshall Fund (GMF), eine Gruppe von über 40
       Politikern, Professoren, Vertretern des Auswärtigen Amts und anderen
       Ministerien sowie dem Kanzleramt, sowie zwei Redakteuren von Zeit und FAZ,
       um über mehr und bessere Außenpolitik nachzudenken. „Neue Macht, neue
       Verantwortung“ hieß im Herbst 2013 das Abschlusspapier. „Wir haben das
       bewusst nicht im Wahlkampf, sondern zu den Koalitionsverhandlungen hin
       veröffentlicht“, erläutert Projektleiterin Constanze Stelzenmüller vom GMF.
       
       Nun ist das Papier vor allem eines: sehr wolkig. Der Dissens über Europa
       (mehr Einigung oder nicht) sowie Militäreinsätze (nur mit oder auch mal
       ohne UN-Mandat) ist offen dargestellt. Doch dadurch, dass der GMFler Thomas
       Kleine-Brockhoff direkt aus der Arbeitsgruppe heraus zu Gaucks
       Redenschreiber gemacht wurde, finden sich auch Übereinstimmungen mit dessen
       Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
       
       Eine „strategische“ Vorbereitung für neue außenpolitische Linien der Großen
       Koalition kann Stelzenmüller dadurch nicht erkennen. Auch beteiligte
       Politiker wie Niels Annen (SPD) oder Omid Nouripour (Grüne) warnen vor
       „Allmachts-“ oder „Verschwörungstheorien“: Man solle die Gruppe nicht
       überschätzen. Roderich Kiesewetter (CDU) erklärt allerdings auch: „Wir
       haben einen Impuls gesetzt.“
       
       „Sicherlich sind wir einer von mehreren Ideengebern“, sagt Stelzenmüller.
       Sie betont „die befreiende Rolle des Prozesses“. Außenpolitik-Experten, die
       unter dem niedrigen Profil von Außenminister Guido Westerwelle (FDP)
       litten, „saßen bei Mineralwasser und Keksen zusammen und texteten“.
       
       Unabhängig davon, was die Koalition nun konkret macht, sagt Liebich, gehe
       es darum: „Deutschland hat nicht zuletzt durch die Eurokrise mehr Macht und
       dadurch mehr Verantwortung in der Welt. Die Debatte, was das bedeutet,
       müssen so viele Leute wie möglich führen.“
       
       20 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Winkelmann
       
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