# taz.de -- Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre: Die Überwachungsaufklärer
       
       > Seit dieser Woche prüft der Bundestag, wer Deutschland ausspionierte.
       > Zwei Jahre soll das Gremium tagen. Fragen und Antworten zum Ausschuss.
       
 (IMG) Bild: Choreographie eines Masseninterviews: Reporter belagern den Ausschussvorsitzenden Binninger (links) nach der ersten Sitzung.
       
       Was genau hat der Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre im Bundestag vor? 
       
       Die acht Ausschussmitglieder und ihre Stellvertreter stehen seit dieser
       Woche vor einer gewaltigen Aufgabe. Sie sollen klären, in welchem Ausmaß
       ausländische Geheimdienste wie die NSA die Grundrechte in Deutschland
       untergraben. Außerdem sollen sie prüfen, wie genau die deutschen
       Geheimdienste in das fragwürdige internationale Geben und Nehmen privater
       Kommunikationsdaten verwickelt sind.
       
       Und schließlich haben sich die Abgeordneten vorgenommen, praktische
       Vorschläge zu entwickeln, wie die Daten der Bundesbürger überhaupt noch vor
       Überwachung geschützt werden können. Das zusammen ist zweifellos ein
       Mammutprojekt. Etwa zwei Jahre lang will der Ausschuss in jeder
       Sitzungswoche des Bundestages von 9 bis 19 Uhr den größten
       Geheimdienstskandal der jüngeren Geschichte durchleuchten.
       
       Wie sollen die Abgeordneten überhaupt an Informationen von NSA & Co
       herankommen? 
       
       Diese zentrale Frage kann bisher niemand beantworten. Der
       Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) schließt nicht aus, dass das
       Gremium in Bezug auf den US-Geheimdienst NSA und das britische Pendant GCHQ
       „am Ende mit leeren Händen dasteht“.
       
       Denn bisher mauern die USA genau wie Großbritannien. Sie haben keinen
       einzigen Fragenkatalog der Bundesregierung zum Spähskandal beantwortet. Ob
       überhaupt Verantwortliche aus den USA oder Großbritannien vor den Ausschuss
       treten werden, ist ungewiss. Der Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss,
       Patrick Sensburg, appellierte deshalb an den Whistleblower Edward Snowden,
       er solle dem Ausschuss seine Kopien der NSA-Geheimdokumente weiterreichen:
       Wenn Snowden es mit der Aufklärung ernst meine, müsse er schießlich auch
       mit dem Untersuchungsausschuss zusammenarbeiten.
       
       Diesen Vorschlag finden nicht nur Oppositionsvertreter abwegig. Auch
       SPD-Obmann Christian Flisek glaubt nicht, dass der Ausschuss auf diesem Weg
       weiterkommt. Bleiben jene Journalisten, denen Snowden das brisante Material
       zur Verfügung stellte. Doch sie genießen Quellenschutz und ein
       Zeugnisverweigerungsrecht. Die SPD werde deshalb keine Beweisanträge gegen
       Journalisten unterstützen, sagt deren Obmann. Allerdings plädiert er für
       ein „informelles Gespräch“ mit einigen Journalisten.
       
       Was haben die deutschen Geheimdienste zu befürchten? 
       
       Je weniger die Abgeordneten an NSA & Co herankommen, desto genauer könnten
       sie sich die deutschen Geheimdienste vorknöpfen – das zumindest fürchten
       wohl Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz. Ausschusschef Binninger
       versicherte zum Start des Gremiums vorsorglich, er nehme diese Bedenken
       ernst.
       
       Der Ausschuss dürfe nicht „das Verursacherprinzip umkehren“ und ein
       Ersatzspielfeld eröffnen, nur weil auf dem eigentlichen Feld nichts zu
       holen sei. Für die Opposition allerdings ist die Rolle der deutschen
       Geheimdienste im internationalen Geheimdienstgeschäft von zentralem
       Interesse.
       
       Wird der Untersuchungsausschuss zum Geheimgremium? 
       
       So viel Öffentlichkeit wie möglich – das versprechen alle, die im
       Untersuchungsausschuss mitarbeiten. Und SPD-Obmann Flisek ergänzt: Die
       Bundesregierung solle Papiere nur dann als geheim eingestuft vorlegen, wenn
       es „absolut notwendig“ sei. Doch Oppositionsvertreter im Ausschuss
       fürchten, dass die Behörden sich bei jeder Gelegenheit auf diese
       Notwendigkeit berufen.
       
       Anders als etwa beim BND-Untersuchungsausschuss drängt die Regierung
       diesmal sogar darauf, die Mitarbeiter im NSA-Ausschuss einer
       „Ü3“-Überprüfung zu unterziehen. Diese besonders aufwendige
       Sicherheitsüberprüfung braucht nur, wer als „streng geheim“ eingestufte
       Verschlusssachen einsehen will.
       
       Kommt Edward Snowden bald als Zeuge in den Bundestag? 
       
       Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele streitet seit Monaten dafür,
       den Whistleblower als Zeugen nach Berlin zu holen und ihm so auch zu einem
       dauerhaften Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verhelfen. Denn im Juni
       läuft Snowdens Asyl in Russland ab. Grüne und die Linksfraktion machen
       deshalb Zeitdruck und wollen schon nächste Woche seine Vernehmung
       beschließen.
       
       Doch ob Snowden wirklich nach Deutschland kommt, bleibt auch dann fraglich.
       Kaum vorstellbar, dass die Kanzlerin dafür das ohnehin angeknackste
       transatlantische Verhältnis aufs Spiel setzt – zumal vor dem Hintergrund
       der Ukrainekrise.
       
       Und auch aus der SPD kommen negative Signale. Zwar hatte SPD-Chef Sigmar
       Gabriel im Bundestagswahlkampf noch der Bundesanwaltschaft ans Herz gelegt,
       Snowden doch in ein Zeugenschutzprogramm aufzunehmen. Jetzt, als
       Vizekanzler, argumentiert er mit einem Mal entgegengesetzt. Er rate Snowden
       davon ab, nach Deutschland zu kommen, erläuterte Gabriel Anfang der Woche
       im Gespräch mit Berliner Schülern – „denn wir müssen uns fragen: Wer
       garantiert hier für seine Sicherheit?“ Wenn Snowden sich in Deutschland in
       ein Taxi setze, „weiß ich nicht, ob er da sicher ist“.
       
       Der Vizekanzler traut den deutschen Sicherheitsbehörden nicht zu, einen
       wichtigen Zeugen vor dem Zugriff anderer Geheimdienste zu schützen?
       Spätestens dieses Bekenntnis macht klar, warum der Untersuchungsausschuss
       dringend und gründlich das Schattenreich der Geheimdienste ausleuchten
       muss.
       
       5 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Astrid Geisler
       
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