# taz.de -- Asylverfahren beschleunigt: Zehn Minuten Zeit sparen
       
       > Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will Serbien, Mazedonien sowie
       > Bosnien zu sicheren Herkunftsländern für Flüchtlinge erklären. Pro Asyl
       > kritisiert das Vorhaben.
       
 (IMG) Bild: Wohnheim für Asylbewerber in Zwickau – Bewerber aus Balkanstaaten sollen hier nicht einziehen dürfen.
       
       KARLSRUHE taz | Die Bundesregierung will, dass Serbien, Mazedonien sowie
       Bosnien und Herzegowina im Asylrecht zu „sicheren Herkunfsstaaten“ erklärt
       werden. Das sieht ein Gesetzentwurf von Innenminister Thomas de Maizière
       (CDU) vor, der der taz vorliegt. Der Gesetzentwurf soll am Mittwoch im
       Kabinett auf den Weg gebracht werden.
       
       In Serbien, Bosnien und Mazedonien gebe es weder Verfolgung und Folter noch
       willkürliche Gewalt, heißt es in dem Gesetzentwurf. Dennoch sei die Zahl
       der Asylanträge aus den drei Staaten stark angestiegen, seit in den Jahren
       2009 und 2010 die Bürger dieser Staaten ohne Visum in die EU reisen können.
       2009 waren es noch rund 700 Asylanträge, 2013 bereits um die 20.000.
       
       Damit machten Asylanträge aus Serbien, Bosnien und Mazedonien rund ein
       Fünftel der in Deutschland gestellten Anträge aus. Eine beschleunigte
       Bearbeitung dieser Anträge sei erforderlich. De Maizière setzt damit ein
       Vorhaben des Koalitionsvertrags um.
       
       Pro Asyl kritisiert den Gesetzentwurf als „hochgradig mangelhaft“. Berichte
       über die soziale Ausgrenzung der Roma seien ignoriert worden. Die
       Bundesregierung erklärt dagegen, „dass Diskriminierung und soziale
       Ausgrenzung zwar eine erhebliche Härte darstellen können, jedoch selten mit
       Verfolgung oder ernsthaftem Schaden im asylrechtlichen Sinn gleichzusetzen
       sind“. Pro Asyl verweist darauf, dass 2013 immerhin 107 Antragsteller aus
       den drei Westbalkan-Staaten als schutzbedürftig anerkannt wurden.
       
       ## 90 Prozent unbegründet
       
       Wenn ein Staat gesetzlich als „sicherer Herkunftsstaat“ eingestuft wird,
       gilt die Vermutung, dass ein Asylantrag unbegründet ist. Der Flüchtling hat
       jedoch die Möglichkeit, diese Vermutung im Einzelfall zu widerlegen. Die
       Bundesregierung betont deshalb, es gebe auch in Zukunft „stets“ eine
       Einzelfallprüfung. Pro Asyl bezweifelt das. Tatsächlich dürfte sich in der
       Praxis wenig ändern. Die Bundesregierung räumt selbst ein, dass sich der
       Begründungsaufwand pro aussichtlosem Asylantrag nur um zehn Minuten
       verringere.
       
       Schon derzeit werden rund 90 Prozent der Asylanträge aus Serbien, Bosnien
       und Mazedonien als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft – mit der Folge,
       dass nur eine Woche Zeit ist, Rechtsmittel einzulegen. Für Beschleunigung
       sorgt auch, dass das Bundesamt für Migration die Anträge vom Westbalkan
       vorzieht. Dennoch sei die Zahl der Anträge weiter angestiegen. Die
       plakative Neueinstufung der drei Länder soll nun wohl vor allem ein
       sichtbares Signal setzen.
       
       ## Ghana, Senegal und der Balkan
       
       Die Möglichkeit, Staaten per Gesetz als „sichere Herkunftsstaaten“
       einzustufen, gibt es seit 1993. Sie wurde mit der damaligen Einschränkung
       des Grundrechts auf Asyl sogar ins Grundgesetz geschrieben. Praktisch
       spielte sie aber keine große Rolle. Auf der Liste der sicheren
       Herkunftsstaaten standen bisher nur Ghana und Senegal.
       
       Zwischenzeitlich wollte de Maizière neben Serbien, Bosnien und Mazedonien
       auch noch zwei weitere Westbalkan-Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“
       erklären. In Albanien und Montenegro seien die Bedingungen ähnlich. Das hat
       jedoch die SPD verhindert. Sie habe im Koalitionsvertrag nur Serbien,
       Bosnien und Mazedonien zugestimmt.
       
       Ein kleines Bonbon findet sich auch in de Maizières Gesetzentwurf. Das
       Arbeitsverbot für Asylbewerber soll von neun Monaten auf drei Monate
       gekürzt werden. Auch das steht im Koalitionsvertrag. Pro-Asyl-Expertin
       Marei Pelzer weist allerdings darauf hin, dass Asylbewerber und Geduldete
       vier Jahre lang nur einen Job bekommen, wenn sich dafür kein Deutscher oder
       EU-Bürger finde. Dies komme oft einem Arbeitsverbot gleich.
       
       27 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Asylrecht
 (DIR) Thomas de Maizière
 (DIR) Mazedonien
 (DIR) Bosnien und Herzegowina
 (DIR) Serbien
 (DIR) Roma
 (DIR) Roma
 (DIR) Asyl
 (DIR) Serbien
 (DIR) Albaner
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Abschiebung
 (DIR) Große Koalition
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Asylbewerber aus den Balkanstaaten: De Maiziére macht Außenpolitik
       
       Zu Besuch in Serbien mahnt Innenminister Thomas de Maizière einen besseren
       Umgang mit der Roma-Minderheit an. Nicht ganz uneigennützig.
       
 (DIR) Kommentar Asylrechtsreform: Migration ist kein Verbrechen
       
       Die Bundesregierung will die Abschiebehaft ausweiten. Doch die Grundrechte
       von Flüchtlingen dürfen nicht immer stärker beschnitten werden.
       
 (DIR) Bundesregierung erleichtert Abschiebung: Schnell, schnell zurück
       
       Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina werden zu „sicheren
       Herkunftsländern“ erklärt. Dabei ist die Situation für Minderheiten
       besorgniserregend, sagen Kritiker.
       
 (DIR) Konservativer Erfolg in Mazedonien: Mit markigen Sprüchen zum Sieg
       
       Die national-konservative Regierungspartei hat mit einer populistischen
       Propaganda die Wahl klar gewonnen. Für den EU-Beitritt verheißt das nichts
       Gutes.
       
 (DIR) BRD missachtet Menschenrechte: Warten, bis kein Arzt kommt
       
       In Hannover ist ein Flüchtlingsbaby gestorben, nachdem es im Krankenhaus
       nicht behandelt worden war. Wie steht es um die Gesundheitsversorgung von
       Flüchtlingen?
       
 (DIR) Kommentar Flüchtlingspolitik: Meister der Ablehnung
       
       Die Regierung hat Verbesserungen für Flüchtlinge im Koalitionsvertrag
       vereinbart. Interesse hat sie aber daran, Abschiebungen zu erleichtern.
       
 (DIR) Asylbewerber in Deutschland: Bund plant Balkan-Gesetz
       
       2013 kamen so viele Asylsuchende nach Deutschland wie zuletzt in den 90ern.
       Unter ihnen sind viele Menschen vom Balkan. Die Regierung will jetzt
       Konsequenzen ziehen.
       
 (DIR) Asylverfahren in Deutschland: Wie am Fließband
       
       Die Bundesregierung will die Asylverfahren beschleunigen. Dafür rekrutiert
       man sogar bei der Bundeswehr. Experten befürchten: mehr Eile, mehr Willkür.
       
 (DIR) Ausländerbehörde zeigt Härte: Roma eiskalt abgeschoben
       
       Die Ausländerbehörde lässt kurz vor dem Winter 49 Menschen auf den Balkan
       ausfliegen. Flüchtlingsrat wirft Innensenator vor, „Angst und Schrecken“ zu
       verbreiten