# taz.de -- Kommentar Immunität und Durchsuchung: Edathys Nebenkriegsschauplatz
       
       > Die Durchsuchung bei Sebastian Edathy erfolgte wohl verfrüht, das ist
       > aber nicht entscheidend. Es geht um die Frage des Anfangsverdachts.
       
 (IMG) Bild: Die Staatsanwaltschaft klopfte hier etwas zu früh an: Bürgerbüro des Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy in Stadthagen
       
       Die Staatsanwaltschaft sah sich auf der sicheren Seite, als sie am 10.
       Februar die Räumlichkeiten von Sebastian Edathy nach Kinderpornographie
       durchsuchte. Immerhin hatte der SPD-Abgeordnete am 7. Februar auf sein
       Bundestagsmandat verzichtet (angeblich aus gesundheitlichen Gründen). Er
       stand also scheinbar nicht mehr unter dem Schutz der Immunität, wonach
       Zwangsmaßnahmen gegen Abgeordnete nur nach Einbezug eines parlamentarischen
       Ausschusses zulässig sind.
       
       Was die Staatsanwaltschaft wohl übersehen hat: Die Immunität besteht laut
       Gesetz fort, bis der Bundestagspräsident den Mandatsverzicht bestätigt hat.
       Das war erst am 10. Februar. Und laut Bundestagsverwaltung soll die
       Immunität sogar erst am Ende dieses Tages enden. Trotzdem hat die
       Staatsanwaltschaft schon im Laufe des 10. Februar mit den Durchsuchungen
       begonnen und insofern wohl rechtswidrig gehandelt.
       
       Ist das nun ein Skandal? Eher nicht. Natürlich ist es peinlich, dass die
       Staatsanwaltschaft nicht genau geprüft hat, wann die Immunität nach einem
       Mandatsverzicht endet. Aber auch Edathys Anwalt hat, so scheint es,
       immerhin drei Monate gebraucht, um diesen Fehler zu bemerken. Der Kern des
       Immunitätsschutzes wurde hier jedenfalls nicht verletzt, denn im Moment der
       Durchsuchung wollte Edathy ja schon gar kein Abgeordneter mehr sein.
       
       ## Marginaler Verstoß gegen ausklingende Schutzvorschrift
       
       Deshalb wird dieser Lapsus der Staatsanwaltschaft auch keine großen
       Auswirkungen auf das Ermittlungsverfahren haben. Traditionell führt eine
       rechtswidrige Ermittlungsmaßnahme in Deutschland nur ausnahmsweise zu einem
       Verwertungsverbot der dabei erhobenen Beweismittel. Das sorgt zwar oft für
       öffentliche Empörung. Aber der vorliegende Fall zeigt, warum das sinnvoll
       ist. Ein vermutlich unbeabsichtigter und eher marginaler Verstoß gegen eine
       ausklingende Schutzvorschrift rechtfertigt nun mal nicht, dass Beweise für
       eine Straftat automatisch vor Gericht ignoriert werden müssten. Laut
       Bundesverfassungsgericht ist in solchen Fällen vielmehr eine
       Interessensabwägung erforderlich und hier dürfte sie aller Voraussicht nach
       zugunsten der Strafverfolgung ausgehen.
       
       Die eigentlich interessante Frage im Zusammenhang mit der Hausdurchsuchung
       bei Edathy ist eine andere: Durfte die Staatsanwaltschaft bei dem
       SPD-Politiker einen Anfangsverdacht auf Erwerb und Besitz von
       Kinderpornographie annehmen, obwohl dieser – soweit damals ersichtlich –
       nur legale Bilder von nackten Jungs bestellt hatte? Gibt es einen
       Erfahrungssatz, wonach bei Besitzern derartiger Bilder in der Regel auch
       strafbares Material gefunden wird? Und wenn ja, rechtfertigt eine
       statistische Wahrscheinlichkeit bereits schwer wiegende stigmatisierende
       Eingriffe in die Privatsphäre?
       
       Hier sind große Zweifel angebracht. Und deshalb ist es gut, dass Edathy in
       dieser Frage inzwischen das Bundesverfassungsgericht angerufen hat. Die
       Frage, wie schnell legales Verhalten einen Anfangsverdacht von Straftaten
       begründen kann, ist eine Kernfrage des Rechtsstaates. Hiervon lenkt die
       aktuelle Diskussion über Randbereiche der Immunität nur ab.
       
       12 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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