# taz.de -- Neue Musterungspflicht: Ein Zwangsdienst ist noch nicht vom Tisch
       
       > Einen Automatismus für die Rückkehr zur Wehrpflicht gibt es erstmal
       > nicht. Aber ohne genügend Freiwillige könnte die Debatte mit Wucht wieder
       > hochkommen.
       
 (IMG) Bild: Bald heißt wieder „Bereit zur Stubeninspektion“ für viele die das so gar nicht wollen
       
       Was für ein absurdes Theater. Da streiten sich Union und SPD monatelang auf
       offener Bühne über die Neuaufstellung des Wehrdienstes – und das Ergebnis
       ist, dass sie sich letztlich in allen zentralen Punkten doch den
       Vorstellungen von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius fügen. Der
       vom Bundeskabinett bereits im August beschlossene Entwurf des neuen
       Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes wird nun also ohne größere Änderungen
       den Bundestag passieren.
       
       Das hätten die Koalitionäre auch einfacher haben können, vor allem ohne die
       vielen desaströsen Schlagzeilen, die sie produziert haben. Das
       Schwadronieren der Fraktionsvorsitzenden über ihre vermeintlich große
       Verständigung, die sie jetzt erreicht hätten, wirkt da schon ziemlich
       lächerlich.
       
       Pistorius kann sich freuen: Die skurrile Idee, [1][per Los auswählen zu
       wollen], wer überhaupt zur Musterung muss, ist wieder vom Tisch. Sein Ziel
       ist schließlich, einen möglichst umfassenden Überblick über die
       Wehrtauglichkeit junger Männer in Deutschland zu bekommen. Das wäre durch
       ein [2][Losverfahren vor der Musterung], auf die sich die
       Unterhändler:innen von Union und SPD zunächst eigentümlicherweise
       verständigt hatten, konterkariert worden.
       
       Aber auch [3][weniger Militärbegeisterte] können aufatmen: „Einen
       Automatismus zur Aktivierung der Wehrpflicht wird es nicht geben“, steht
       wörtlich in der Vereinbarung von Union und SPD. Das hatten sich CDU und CSU
       anders vorgestellt. Dass die SPD nicht bereit war, hier klein beizugeben,
       ist erfreulich. Das heißt jedoch nicht, dass die leidige Wehrpflichtdebatte
       damit endlich vorbei ist. Falls sich weniger freiwillige Soldat:innen
       als von Pistorius erhofft finden, wird sie schnell und mit voller Wucht
       wieder hochkommen.
       
       Entsprechend sollten Gegner:innen eines Zwangsdienstes nicht die
       trügerische Hoffnung haben, sie hätten die Schlacht bereits gewonnen. Aber
       wenigstens wird kein Präjudiz geschaffen. Dass die Koalitionäre jetzt
       explizit festgeschrieben haben, dass es für die Wiedereinsetzung der
       Wehrpflicht eines regulären Gesetzgebungsverfahrens bedarf, ist schon ein
       Fortschritt, entspricht aber auch nur dem gegenwärtigen Status Quo.
       
       Wirklich erfreulich ist, dass das Getöse der Koalitionäre immerhin in einem
       Bereich zu einem guten Ergebnis geführt zu haben scheint, der nichts mit
       der unerfreulichen Renaissance des Militärischen in Deutschland zu tun hat:
       Der zivile Bundesfreiwilligendienst soll nun wohl doch nicht weiter
       runtergekürzt, sondern gestärkt werden.
       
       Zur Förderung von freiwilligem sozialen, ökologischen und kulturellen
       Engagement sollen hier 15.000 neue Stellen geschaffen werden. Hoffentlich
       halten die Koalitionäre Wort. Sicher kann man sich da leider nicht sein.
       
       13 Nov 2025
       
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