# taz.de -- Die Familienunternehmer: Deutschlands gefährlichste Lobbyorganisation
> Schon lange vor der Hinwendung zur AfD hat der Verband der
> Familienunternehmer Demokratie und Sozialstaat untergraben. Gut, dass nun
> hingeschaut wird.
(IMG) Bild: Die Familienunternehmer sind gut vernetzt, bis in die hohe Politik. Hier Friedrich Merz mit der Präsidentin Marie-Christine Ostermann im Juni 2025
Es ist eine gute Nachricht: [1][Der Verband der Familienunternehmer hat die
Brandmauer zur AfD offiziell eingerissen]. Bei einem parlamentarischen
Abend im Oktober hatte die Lobbyorganisation erstmals einen Abgeordneten
der rechtsextremen Partei eingeladen. Das bis dato existierende
„Kontaktverbot“ auf Bundesebene sei damit aufgehoben worden, so
Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann. Mit einem Hauch an
Rest-Scham erklärte sie, man wolle die Partei inhaltlich „stellen“ und
wünsche sich „keine Regierung mit AfD-Beteiligung“. Ernst nehmen muss man
diese Aussage freilich nicht.
Man kann an dieser Stelle empört aufschreien und darauf verweisen, wie sich
die deutsche Wirtschaft Anfang der 1930er Jahre Hitler unterwarf. Man kann,
ja muss darauf verweisen, wie groß auch heutzutage die Gefahr ist, dass ein
Bündnis von Konzernen und Faschisten die Demokratie in die Zange nimmt.
Aber man kann auch die positive Seite des Tabubruchs sehen: Endlich wird
über einen Verband geredet, der nicht erst mit seiner Hinwendung zur AfD,
sondern seit jeher daran arbeitet, Demokratie und Sozialstaat zu
untergraben. Der Verband der Familienunternehmer ist eine der schädlichsten
Lobbyorganisationen des Landes. Öffentlich wahrgenommen oder gar kritisch
beäugt wurde er dagegen bislang kaum.
Das liegt nicht zuletzt an der Anmaßung des Namens, der suggeriert, als
wären hier Friseurgeschäfte und Dönerläden versammelt. In voller
Aufplusterung wird behauptet, man repräsentiere 180.000 Unternehmen, dabei
sind nur 6.500 tatsächlich Teil des Verbandes – 0,2 Prozent der
familiengeführten Betriebe. Eine Million Euro Jahresumsatz ist die
Voraussetzung für die Mitgliedschaft.
## Versammeltes Großkapital
Während der Verband der Familienunternehmer seine Strukturen zu verhüllen
versuchen, haben [2][zivilgesellschaftliche Recherchen] zu Tage befördert,
dass ein großer Teil der vermeintlich mittelständischen
Mitgliedsunternehmen Milliardenumsätze haben. Dabei sind fast alle gängigen
Marken einer deutschen Fußgängerzone, von Deichmann über Fielmann sowie
Konzerne wie Henkel. Das Großkapital, getarnt als ehrliche Mittelständler.
Dass nun einige austreten, wie etwa [3][Rossmann], Vorwerk oder Fritz-Kola
ist immerhin ein Anfang.
Die Politik hat sich diesen Etikettenschwindel seit jeher gefallen lassen.
Ruft der Verband etwa zu seinen Familienunternehmer-Tagen, defilieren
Vertreter:innen von CDU bis Grüne demütigst vorbei. Zum nächsten
Treffen dieser Art im kommenden Jahr sind allein drei Minister:innen
der Bundesregierung sowie die Spitzenkandidaten für das Amt des
baden-württembergischen Ministerpräsidenten angekündigt.
Noch im Juni hatte Kanzler Friedrich Merz (CDU) auf dem Verbandstreffen das
Engagement des Verbandes gewürdigt. In seiner Rede beklagte er die
„steuerlichen Lasten“, versprach, die „Wettbewerbsfähigkeit“ der
Unternehmen zu stärken und beklagte zugleich die außer Kontrolle geratenen
„Lasten durch die sozialen Sicherungssysteme“. Merz als Kanzler der
Reichen, nicht der Bürger:innen – zum Skandal taugte das nicht.
Zu den Dauergästen gehörte seit Jahren auch der ehemalige FDP-Chef
Christian Lindner, der nie verheimlichte, für wessen Interessen er Politik
betrieb. Dass beim aktuellen Bedeutungsverlust der Neoliberalen nun die AfD
diesen Platz einnimmt, ist aus Logik des Verbandes folgerichtig.
Wirtschaftspolitisch unterscheiden sich beide Parteien kaum, beide folgen
einem aggressiven Neoliberalismus, der die Umverteilung von unten nach oben
befördert. Für die Familienunternehmer ist eine immer stärker werdende AfD
keine Bedrohung, sondern Verheißung.
## Verhinderer von Erbschafts- und Vermögenssteuer
Was sich die Politik von der Wirtschaftslobby hat diktieren lassen, ist
derweil ein Teil der Erklärung für den Aufstieg der AfD. So waren es
vornehmlich die Familienunternehmer sowie die von ihnen unabhängige, aber
nicht weniger problematische [4][Stiftung Familienunternehmen], die mit
aggressivem Lobbying dafür sorgten, dass seit der Erbschaftsteuerreform
2008 schwerreiche Industrielle ihr Vermögen ganz leicht steuerfrei vererben
können. Auch im Kampf gegen die Vermögensteuer, gegen Umweltstandards oder
das Lieferkettengesetz macht der Verband seinen gesellschaftsschädigenden
Einfluss, abseits demokratischer Kontrolle, fortwährend geltend.
Die reichsten Deutschen, die fast alle aus Unternehmerdynastien stammen,
sichern sich über diese Lobbyarbeit ihre Privilegien und sorgen somit
dafür, dass der so ausgeplünderte Staat letztlich bei Bildung, Integration
und sozialer Sicherung kürzen muss. Neiddebatten, die sich stets nach unten
orientieren, der Verlust kollektiver Strukturen und Solidarität sind die
Folge und bilden die Grundlage für den Aufstieg der AfD.
Wer sich nun also über einen gefährlichen Tabubruch des Verbandes beklagt,
darf dabei nicht stehen bleiben. Gefährlich ist auch der Verband selbst,
und zwar schon lange, mit allem, was er tut.
Anmerkung: In einer ersten Version hieß es, Dr Oetker sei Teil der
Familienunternehmer. Der Konzern hat dies mittlerweile bestritten.
28 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Familienunternehmer-und-AfD/!6132793
(DIR) [2] https://familienclans.org/
(DIR) [3] /Rossmann-verlaesst-Familienunternehmer-Verband/!6132770
(DIR) [4] /Aktivist-ueber-Familienunternehmer/!6133008
## AUTOREN
(DIR) Erik Peter
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