# taz.de -- Aufnahme von Menschen aus Afghanistan: Geld statt Schutz
       
       > Einst hat sie ihnen die Aufnahme zugesagt, jetzt will die
       > Bundesregierung, dass Afghan*innen doch in ihr Heimatland
       > zurückkehren. Dafür bietet sie Geld.
       
 (IMG) Bild: Afghanische Flüchtlinge reißen ihre Häuser ab, da ihnen die Abschiebung durch die Behörden droht, Karatschi, Pakistan, 27. September
       
       Die Bundesregierung versucht, gefährdete Afghan*innen mit Geld dazu zu
       bringen, wieder in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Dabei hatte
       Deutschland diesen Menschen einst Schutz versprochen. Die Betroffenen, die
       seit Monaten und teils Jahren in Pakistan gestrandet sind, sollen 10.000
       Euro erhalten, wenn sie ihren Anspruch auf Schutz aufgeben, wie aus Mails
       hervorgeht, die der taz vorliegen.
       
       Es geht um Menschen- und Frauenrechtsaktivist*innen, Künstler*innen,
       Journalist*innen, queere Menschen und viele andere, die unter der
       Herrschaft der Taliban so gefährdet waren, dass vergangene
       Bundesregierungen Schutzprogramme für sie auflegten. Zunächst über die
       sogenannte Menschenrechtsliste, später über ein Bundesaufnahmeprogramm
       sollten die Menschen nach sorgfältiger Sicherheitsprüfung nach Deutschland
       evakuiert werden. Doch weil insbesondere das Bundesinnenministerium die
       Sicherheitsprüfungen verschleppte, sitzen rund 2.000 Afghan*innen mit
       Aufnahmezusagen nun in Pakistan fest.
       
       Die schwarz-rote Bundesregierung hat alle humanitären Aufnahmeprogramme
       beendet und Unions-Politiker sprechen offen aus, die Afghan*innen nicht
       mehr ins Land holen zu wollen. Die Situation ist für die Afghan*innen
       höchst bedrohlich, weil Pakistan seit Anfang 2025 rigoros nach Afghanistan
       abschiebt.
       
       Trotz einer angeblichen Absprache zwischen der deutschen und der
       pakistanischen Regierung betraf das auch Menschen aus den
       Aufnahmeprogrammen. 248 von ihnen wurden Mitte August abgeschoben. Sie
       befinden sich in einem heruntergekommenen Hotel in Kabul und fürchten um
       ihr Leben.
       
       ## Neue Strategie der Bundesregierung
       
       Einige Afghan*innen haben mit Unterstützung deutscher NGOs die Regierung
       [1][erfolgreich auf die Erteilung von Visa verklagt]. Erst dadurch kam
       wieder etwas Bewegung in die Verfahren und einige Familien konnten nach
       Deutschland einreisen. Am Dienstag sind auf diese Weise wieder 31
       Afghan*innen angekommen.
       
       Nach diesen juristischen Niederlagen ist die Bundesregierung nun offenbar
       auf die neue Strategie verfallen, den [2][Afghan*innen Geld zu bieten],
       wenn sie das Aufnahmeverfahren „freiwillig“ verlassen. Das „Angebot“ ist
       mit der Drohung versehen, dass Deutschland ab Ende 2025 jede Unterstützung
       für die Afghan*innen einstellen werde. Den Betroffenen wurde eine Frist
       von zwei Wochen gesetzt, sich zu entscheiden. Insgesamt bekamen über 150
       Familien solche Mails.
       
       Die E-Mails der GIZ setzen die durch ihre unsichere Situation ohnehin
       psychisch stark belasteten Menschen weiter unter Druck. Ein Empfänger
       schreibt: „Seit ich diese E-Mail erhalten habe, zittere ich am ganzen
       Körper und kann nicht aufhören zu weinen. Ich will weder Geld noch Brot,
       ich will nur in Sicherheit leben.“
       
       Das Vorgehen ist besonders zynisch, weil die Afghan*innen nicht nur
       jeden Anspruch auf ihre Evakuierung durch Deutschland abtreten, sondern
       indirekt auch unterschreiben, [3][dass ihnen in Afghanistan gar keine
       Gefahr drohe]. Das wiederum stützt dann die Haltung der Bundesregierung,
       dass die Afghan*innen gar keinen Schutz nötig hätten.
       
       Das Vorgehen erinnert stark an Programme zur „freiwilligen Rückkehr“
       abgelehnter Asylbewerber. Auch sie bekommen zynische Angebote für
       „Starthilfe“, wenn sie im Gegenzug in ihr Herkunftsland ausreisen. Für die
       Regierung lohnt sich das, denn die „freiwillige Rückkehr“ ist mit viel
       weniger Aufwand und Kosten verbunden als [4][eine Abschiebung]. Ein paar
       tausend Euro „Starthilfe“ fallen da nicht ins Gewicht.
       
       5 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Sökefeld
       
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