# taz.de -- Asylrecht in Ungarn: EuGH rügt Budapest
       
       > Ungarn darf Flüchtlinge höchstens vier Wochen in Transitzonen festhalten,
       > sagt der Europäische Gerichtshof. Danach müsse man sie ins Land lassen.
       
 (IMG) Bild: Im Containerlager in Röszke patroulliert ein ungarischer Polizist
       
       BERLIN taz | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag das
       ungarische Asylsystem massiv kritisiert. Es bleibe an vielen Stellen hinter
       den EU-Anforderungen zurück, so das in Luxemburg ansässige Gericht.
       Insbesondere die lange Inhaftierung von Flüchtlingen in [1][Transitzonen]
       an der Grenze sei unzulässig.
       
       Konkret ging es um vier Flüchtlinge. Ein Iraner und sein Kind beantragten
       im Dezember 2018 an der serbisch-ungarischen Grenze Asyl. Sie hätten Iran
       verlassen, weil sie sich dem christlichen Glauben zugewandt hatten. Im
       Januar 2019 kam ein älteres afghanisches Ehepaar an der Grenze an. Sie
       hatten ihr Heimatland drei Jahre zuvor verlassen, lebten länger in der
       Türkei und wollten nun über Serbien nach Ungarn einreisen.
       
       Alle vier Asylanträge wurden von Ungarn ohne inhaltliche Prüfung abgelehnt,
       weil Serbien nach ungarischem Recht als „sicherer Drittstaat“ gilt. Eine
       Abschiebung der vier nach Serbien war aber nicht möglich, weil Serbien
       nicht zur Aufnahme bereit war.
       
       Ungarns Behörden entschieden daher, dass die Abschiebung dann eben nach
       Iran und Afghanistan, also in die Herkunftsstaaten, erfolgen muss. Seither
       leben die vier Gestrandeten im Lager Röszke, einer Transitzone an der
       ungarisch-serbischen Grenze. Auf Klage der Flüchtlinge legte ein
       ungarisches Gericht dem EuGH nun zahlreiche Fragen vor.
       
       ## Asylanträge dürfen nicht einfach abgelehnt werden
       
       Schon im März hatte der EuGH in einem anderen Verfahren entschieden, dass
       Ungarn Asylanträge nicht einfach als „unzulässig“ ablehnen darf, wenn
       Flüchtlinge über Serbien eingereist sind. Die bloße Durchreise mache
       Serbien nicht zum „sicheren Drittstaat“, hier bestehe keine ausreichende
       Verbindung zwischen Staat und Flüchtling.
       
       In der aktuellen Entscheidung griff der EuGH dies auf und entschied, dass
       betroffene Flüchtlinge einen neuen Asylantrag in Ungarn stellen können,
       über den inhaltlich entschieden werden müsse.
       
       Die vier Flüchtlinge haben auch Anspruch auf Einreise nach Ungarn, denn die
       [2][Inhaftierung in einer Transitzone] an der Grenze ist laut EU-Recht auf
       maximal vier Wochen begrenzt. Ist bis dahin das Verfahren nicht
       abgeschlossen, müssen die Asylsuchenden zur Fortführung des Verfahrens ins
       Land gelassen werden.
       
       Ungarn hatte zwar bestritten, dass es sich beim Containerlager in Röszke um
       eine „Haft“ handele, weil die Flüchtlinge ja nach Serbien ausreisen
       dürften. Der EuGH sah darin aber keine rechtlich relevante Möglichkeit. Da
       Serbien die Einreise als rechtswidrig ansähe, drohten den Flüchtlingen dort
       Sanktionen.
       
       Außerdem würden die Flüchtlinge einen möglichen Asylanspruch in Ungarn
       verlieren. Reisten die Flüchtlinge nach Ungarn ein, haben sie während des
       Asylverfahrens Anspruch auf ein EU-rechtlich garantiertes Mindestmaß an
       Versorgung, so der EuGH.
       
       Der EuGH kritisierte den mangelhaften gerichtlichen Rechtsschutz in Ungarn.
       Weder könnten die Flüchtlinge gegen die Inhaftierung klagen noch gegen die
       Änderung des Abschiebeziels oder gegen die Verweigerung von
       Versorgungsleistungen. Die Klagebefugnis ergebe sich deshalb direkt aus
       EU-Recht. (Az.: C-924/19 PPU u.a.)
       
       14 May 2020
       
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