# taz.de -- Morddrohungen in Facebook-Gruppen: Der Preis der Meinungsfreiheit
       
       > Das Kammergericht Berlin hat die Klage von Jürgen Resch von der Deutschen
       > Umwelthilfe auf Löschung von zwei Facebook-Gruppen abgelehnt. Zu Recht.
       
 (IMG) Bild: Demonstranten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vor dem Gerichtsgebäude: Dass das Berliner Urteil richtig ist, zeigt sich, wenn man die Akteure austauscht
       
       Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) macht gute Arbeit. Oft treibt sie mit ihren
       Klagen [1][die träge Politik] vor sich her. Sie sorgt dafür, dass
       Umweltrecht nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch eingehalten werden
       muss.
       
       Dabei tritt sie manchen auf die Füße, insbesondere viele
       Autofahrer:innen hassen die DUH. Solche Leute identifizieren sich oft
       mehr mit den [2][tricksenden und täuschenden Autoherstellern], als mit
       Umweltschützern, die sich für saubere Luft einsetzen.
       
       So entstehen dann Facebook-Gruppen wie „Stoppt die Deutsche Umwelthilfe“,
       wo sich über 50.000 Menschen in ihrer Meinung bestärken, dass die DUH aus
       ideologischer Verbohrtheit die Wirtschaft schädige. Das ist zwar Unsinn,
       aber unzweifelhaft von der Meinungsfreiheit gedeckt.
       
       Strafbar ist es aber, wenn Jürgen Resch, der DUH-Geschäftsführer, aufs
       Übelste beleidigt wird oder wenn Aufrufe zu seiner Ermordung gepostet
       werden. Resch hatte deshalb vor Berliner Gerichten geklagt, dass Facebook
       diese Gruppen löschen soll.
       
       [3][Das wurde nun aber vom Berliner Kammergericht zu Recht abgelehnt.] Zwar
       haftet Facebook als Host durchaus auch für seine Gruppen – aber nur wenn
       die Gruppe durch Name und Symbolik bereits selbst den Hass transportiert.
       So müsste eine Facebook-Gruppe mit dem Namen „Tötet Jürgen Resch“ natürlich
       gelöscht werden, doch die Gruppe hieß „Stoppt die Deutsche Umwelthilfe“.
       Auch müsste eine Gruppe gelöscht werden, in der ganz überwiegend strafbaren
       Äußerungen gepostet werden. Doch bei „Stoppt die Deutsche Umwelthilfe“ sind
       die Inhalte, so das Gericht, ganz überwiegend legal.
       
       Dass das Berliner Urteil richtig ist, zeigt sich, wenn man die Akteure
       austauscht. Nehmen wir an, es gäbe eine Facebook-Gruppe „Stoppt die AfD“
       mit 50.000 Mitgliedern und ab und zu würden dort Gewaltfantasien gegen
       Björn Höcke gepostet. Dann fänden man es auch nicht richtig, wenn ein
       Gericht auf Klage von Björn Höcke nun die ganze AfD-kritische Gruppe bei
       Facebook schließen würde.
       
       ## Überwachung ist auch nicht die Lösung
       
       Aber auch der (zu spät) nachgereichte zweite Antrag von Resch, Facebook
       solle die Gruppe „Stoppt die Deutsche Umwelthilfe“ künftig besser
       „überwachen“, ist problematisch. Das Ziel wäre, dass Facebook selbständig
       alle Inhalte in dieser Gruppe prüfen und bei Strafbarkeit löschen müsste –
       entweder durch Moderatoren oder durch technische Upload-Filter und
       Algorithmen.
       
       Wer das gut findet, erinnere sich an den 20. März 2019 als bundesweit
       200.000 junge Menschen unter dem Stichwort „Save the internet“ gegen die
       EU-Urheberrechtsreform demonstrierten, die angeblich Uploadfilter
       vorschrieb. Wer in Uploadfiltern die Lösung gesellschaftlicher Konflikte
       sieht, schafft den Rechtsextremen nur eine neue Einladung, sich der jungen
       Zivilgesellschaft als Bündnispartner anzudienen.
       
       Denn Uploadfilter sind gefährlich, wenn sie nicht nur ganz spezifische
       Motive aussondern, sondern auch alles, was ähnlich aussieht oder irgendwie
       verboten ist. Da wird es zu Overblocking kommen oder jedenfalls werden das
       viele glauben und in grundsätzliche Opposition gehen.
       
       Deshalb ist die aktuelle Lösung allemal demokratieverträglicher, dass sich
       die Betroffenen selbst (und nicht Facebook) um das Auffinden und die
       Meldung strafbarer Beleidigungen und Gewaltaufrufe kümmern. Natürlich ist
       es unzumutbar, dass sie das tatsächlich persönlich machen müssen. Da hat
       Jürgen Resch völlig recht. Aber dafür gibt es kommerziellle Agenturen und
       zivilgesellschaftliche Vereine, die die Provider und bei Bedarf auch die
       Polizei einschalten.
       
       Je mehr der Hass sich ausbreitet, um so mehr werden solche
       Selbstverteidigungs-Initiativen nötig sein. Das führt zu Kosten, die bei
       Jürgen Resch vermutlich die Deutsche Umwelthilfe übernimmt. Und für freie
       Aktivist:innen muss es zivilgesellschaftlich gespeiste Fonds geben, die
       helfen können. Das ist alles nicht schön, aber das ist der Preis der
       Meinungsfreiheit.
       
       23 Dec 2025
       
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