# taz.de -- Androhung militärischer Gewalt: Türkei drängt Syrien auf Auflösung kurdischer Milizen
       
       > Vertreter Ankaras drohen Damaskus mit militärischen Mitteln, sollten in
       > Syrien kurdische Milizen bestehen bleiben und die Grenzregion
       > kontrollieren.
       
 (IMG) Bild: Die syrische Armee sichert Montagabend in Aleppo bei Zusammenstößen mit kurdischen SDF-Kämpfern einen zivilen Fluchtkorridor
       
       Gleich im Dreierpack rückten Anfang dieser Woche die für die türkische
       Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlichen Minister in Damaskus an, um
       die dortige Regierung mehr oder weniger ultimativ aufzufordern, die
       kurdischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) endlich aufzulösen. Geschehe
       dies nicht wie versprochen bis Ende des Jahres, müsse die Türkei
       militärische Mittel in Erwägung ziehen.
       
       Außenminister Hakan Fidan, Verteidigungsminister Yaşar Güler und
       Geheimdienstchef İbrahim Kalın trafen sich einzeln mit ihren syrischen
       Counterparts, dann noch einmal gemeinsam. Zuletzt trafen sie Syriens
       Präsidenten Ahmet al-Sharaa. Die Türkei pocht auf ein [1][Abkommen von
       März]. Darin hatten al-Sharaa und der kurdische Generalkommandant Mazlum
       Abdî vereinbart, dass die kurdischen Streitkräfte bis Ende dieses Jahres
       mit Syriens neuer Armee verschmolzen werden sollen.
       
       Letztere besteht im Wesentlichen aus den islamistischen HTS-Kämpfern, die
       al-Sharaa schon vor dem Fall von Assad in Idlib kommandiert hatte. Die SDF
       bestehen vor allem aus kurdischen YPG-Kämpfern, die wie Abdî selbst oft aus
       Reihen der PKK stammen.
       
       Die Unterschriften auf dem Abkommen waren noch nicht trocken, als die
       HTS-Kämpfer von al-Sharaa massiv gegen Alawiten vorgingen und auch im Kampf
       gegen die syrischen Drusen heftig mitmischten. Darauf gingen die Kurden auf
       Distanz zu dem Abkommen, blieben aber mit al-Sharaa im Gespräch. Kurz bevor
       dieser am 10. November zu seinem [2][Treffen mit US-Präsident Donald Trump
       in Washington] aufbrach, soll es nach kurdischen Angaben zu einer neuen
       Absprache zwischen al-Sharaa und Abdî gekommen sein.
       
       ## Informelle Absprache unter US-Vermittlung
       
       Unter Vermittlung des US-Botschafters in der Türkei, Tom Barrack, der auch
       für Syrien zuständig ist, sollen sie sich auf Folgendes geeinigt haben: Die
       Kurden unterstellen sich dem Oberbefehl aus Damaskus. Dafür behalten sie
       drei Divisionen unter eigenem Befehl. Eine soll für die Grenzsicherung zur
       Türkei und dem Irak zuständig sein, eine andere für die
       Antiterrorbekämpfung vornehmlich gegen den IS und eine weitere ist eine
       eigene Frauendivision, die es schon gibt. Alle anderen Einheiten würden
       aufgelöst.
       
       Die Antiterrordivision soll eng mit al-Sharaas Truppen kooperieren, die
       beiden anderen Divisionen selbstständig das kurdische Einflussgebiet
       östlich des Euphrats kontrollieren. In dieses bisherige kurdische
       Selbstverwaltungsgebiet würden keine anderen Truppen der neuen syrischen
       Armee einrücken.
       
       Nach kurdischer Darstellung sei al-Sharaa in den Wochen nach seiner
       Rückkehr aus Washington von dieser mündlichen Einigung wieder abgerückt.
       Das hängt sicher auch mit der Türkei zusammen. Deren Regierung will kein
       kurdisches Autonomiegebiet entlang ihrer Grenze akzeptieren und dort erst
       recht keine kurdischen Truppen. Stattdessen fordert sie, wie mit der PKK
       vereinbart, die Auflösung der kurdischen Milizen und die vollständige
       Integration der Kämpfer in die neue syrische Armee, welche die Kontrolle
       über das heutige kurdische Autonomiegebiet übernehmen soll.
       
       ## Der Nachbar Israel mischt auch mit
       
       Laut syrischem Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra weigert sich die SDF,
       ihre Milizen aufzulösen. Während die Türkei am Montag unter Androhung
       militärischer Gewalt genau darauf drängte, fordert nach Angaben aus
       kurdisch/arabischen Medien Washington al-Sharaa auf, die von Tom Barrack
       vermittelte Einigung mit den Kurden umzusetzen. Erschwerend kommt hinzu,
       dass Israel offenbar im Hintergrund den Kurden den Rücken stärkt, während
       es zugleich mit al-Sharaa über ein Sicherheitsabkommen verhandelt.
       
       Der türkische Außenminister Hakan Fidan wirft den Kurden vor, Syrien mit
       Unterstützung Israels spalten zu wollen. Dass es vor Jahresende noch eine
       Einigung gibt, scheint ausgeschlossen. Ob der türkische Präsident Recep
       Tayyip Erdoğan dann im neuen Jahr, wie angedroht, noch einmal Truppen nach
       Nordostsyrien marschieren lässt, hängt im Wesentlichen von Trump ab. Soll
       neuer Krieg vermieden werden, muss der für einen Interessenausgleich
       zwischen Erdoğan, al-Sharaa, Netanjahu und den Kurden sorgen. Am Montag kam
       es in Aleppo zu [3][Zusammenstößen zwischen Kämpfern der SDF und der
       syrischen Armee]. Es gab drei Tote.
       
       23 Dec 2025
       
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