# taz.de -- US-Interessen in Syrien: Deshalb wirbt Donald Trump um Ahmed al-Scharaa
       
       > Syriens Interimspräsident besucht Washington. Kurz zuvor stand er noch
       > auf US-Terrorlisten. Was bezweckt US-Präsident Trump mit der Annäherung?
       
 (IMG) Bild: Donald Trump begrüßt Ahmad al-Scharaa im Weißen Haus
       
       [1][Das historische Treffen] zwischen US-Präsident Donald Trump und dem
       syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Scharaa wäre vor wenigen Jahren noch
       undenkbar gewesen. Denn vor seinem Aufstieg zum Machthaber war al-Scharaa
       ein gesuchter Terrorist, auf den die US-Regierung noch im vergangenen Jahr
       ein Kopfgeld von zehn Millionen Dollar ausgelobt hatte.
       
       Doch die Zeiten ändern sich und der Besuch im Weißen Haus am Montag
       verdeutlichte dies eindrucksvoll. „Wir werden alles in unserer Macht
       Stehende tun, um Syrien zum Erfolg zu verhelfen“, sagte Trump nach seinem
       knapp zweistündigen Treffen mit al-Scharaa.
       
       Der Besuch des syrischen Staatschefs in Washington hat gezeigt, [2][dass
       die Trump-Regierung es durchaus ernst damit meint], das durch einen
       langjährigen Bürgerkrieg zerstörte Land wieder in die internationale
       Gemeinschaft aufzunehmen. Natürlich spielen wie so oft auch Amerikas
       wirtschaftliche Interessen eine wichtige Rolle. Vor allem Investitionen in
       den Wiederaufbau des Landes sowie in die Erdgasgewinnung wurden von beiden
       Seiten bekundet.
       
       Al-Scharaa bestätigte im Interview mit Fox News, dass er und Trump
       Investitionsmöglichkeiten diskutierten. Für Syrien gehe es neben der
       finanziellen Unterstützung aber auch darum, sein Ansehen in der Welt zu
       verbessern, sagte der syrische Präsident. Sein Land „solle nicht länger als
       Sicherheitsbedrohung, sondern als geopolitischer Verbündeter betrachtet
       werden“.
       
       ## Investor*innen schauen auf Syrien
       
       Sollte sich das Land stabilisieren, könnten sich zudem bislang ungeahnte
       Möglichkeiten für ausländische Investor*innen eröffnen. Syrien muss nach 13
       Jahren Bürgerkrieg und Abschottung zum größten Teil wieder aufgebaut und
       modernisiert werden. Dafür sollen die Caesar-Sanktionen wegfallen, das kann
       jedoch nur der US-Kongress bewilligen. Trump hat sie seinerseits bereits
       zweimal ausgesetzt.
       
       Die USA hoffen, dass durch diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen,
       Syrien seine Allianzen mit Russland und Iran gegen westliche Verbündete
       eintauschen wird. Ein westlich orientiertes Syrien könnte demnach zur
       Stabilität in der Region beitragen und die Friedensbemühungen des
       US-Präsidenten – der seine Ambitionen auf einen Friedensnobelpreis immer
       wieder öffentlich preisgibt – fördern.
       
       Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, sagte am Montag,
       der Besuch sei „Teil der diplomatischen Bemühungen des Präsidenten, sich
       mit jedem auf der Welt zu treffen, um den Frieden zu fördern“.
       
       Klar ist, dass Syrien nur ein Stein ist auf dem Schachbrett von Trumps
       Ambitionen für den Nahen Osten. Das Meisterwerk dieser Partie sind die
       Abraham-Abkommen, die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und
       den arabischen Ländern. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain,
       Marokko und Sudan haben die entsprechende Erklärung bereits unterzeichnet.
       Damit sollen die Länder diplomatische Beziehungen zu Israel aufnehmen.
       
       ## Al-Scharaa verschwand erst kürzlich von US-Terrorliste
       
       Es ist kein Geheimnis, dass Trump den Beitritt von Saudi-Arabien und Syrien
       anstrebt. Nach dem Krieg in Gaza und der Drohung durch ultrarechte,
       israelische Politiker*innen, das Westjordanland zu annektieren, ist indes
       Riads Unterschrift in weite Ferne gerückt. Doch Syrien, jetzt wo
       Ex-Präsident Bashar al-Assad nicht mehr an der Macht ist, ist kein so
       unmöglicher Kandidat mehr.
       
       Gleichzeitig plagen das Land viele interne Probleme. Syrien leidet noch
       immer unter den Folgen des Bürgerkriegs. Weite Teile der Infrastruktur sind
       zerstört und ein Großteil der Bevölkerung lebt in Armut. Außerdem erkennen
       nicht alle Fraktionen im Land die Legitimität von al-Scharaas Regierung an.
       
       Dieser hofft mit Hilfe der USA sowie anderen westlichen Ländern, darunter
       auch europäische Länder wie Deutschland, seinen Machtanspruch zu
       legitimieren. Die Aussicht auf weitere Sanktionslockerungen durch die USA
       sowie die Zusage al-Scharaas, dass sich Syrien an der von den USA geführten
       Koalition [3][zur Bekämpfung des „Islamischen Staates" (IS)] anzuschließen,
       dürften dazu beitragen.
       
       Der US-Präsident bekundete auch deshalb Optimismus in al-Scharaas
       Fähigkeiten: „Ich bin zuversichtlich, dass er diese Aufgabe bewältigen
       wird.“ Und das, obwohl die US-Regierung erst am Freitag dessen Namen von
       ihrer Terrorliste gestrichen hatte.
       
       Vorwürfe, dass al-Scharaa versuche, seine Macht antidemokratisch durch
       Konsolidierung zu festigen und er in Wirklichkeit noch immer ein Islamist
       sei, wurden nicht angesprochen. Für Trump ist Syrien aktuell vor allem ein
       Mittel zum Zweck. Sollten beide Seiten ihr Vereinbarungen halten, dann
       steckt viel Potenzial in dieser Beziehung.
       
       11 Nov 2025
       
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