# taz.de -- Zum Abschied des Moderators Jörg Wagner: Der lebende Rundfunkauftrag
       
       > Am Samstag moderiert Jörg Wagner zum letzten Mal das „Medienmagazin“ bei
       > radioeins. Kaum jemand berichtet noch so akribisch über Medien wie er.
       
 (IMG) Bild: Jörg Wagner: Wer seine Sendung hörte, der verstand danach besser, wie Journalismus funktioniert
       
       Bei Radiomenschen kommt es besonders auf die Stimme an. Und die von Jörg
       Wagner, das ergibt eine nicht repräsentative Studie unter Zuhörern, klingt
       nach Abendessen. Nicht etwa, weil Wagner so häufig übers Essen sprechen
       würde. Sondern weil seine Sendung dann läuft, wenn viele Menschen in der
       Küche stehen: samstags, 18 bis 19 Uhr.
       
       Dabei wird es [1][Wagner und seinem Medienmagazin] nicht gerecht, ihn auf
       ein Nebenbeigeplänkel zu reduzieren. Jörg Wagner ist eine Institution. Eine
       „funkische Spitzenleistung des deutschen Medienjournalismus“, wie es einst
       in einer Laudatio auf ihn hieß.
       
       Seit knapp 30 Jahren macht er eines der wenigen Medienmagazine im deutschen
       Radio, erst als Redakteur, dann als Moderator, zuletzt als One-Man-Show.
       Und nun ist Schluss: Am 27. 12. moderiert er seine letzte Sendung. Das
       Medienmagazin läuft weiter, ab 10. Januar übernimmt die Journalistin Teresa
       Sickert.
       
       Wagner ist nicht nur ein Mediennerd, er ist auch, und vielleicht in erster
       Linie, ein Radionerd. Mit Hingabe kann er über die richtigen Mikrophone und
       Studiotechnik sprechen. Trifft man ihn auf Veranstaltungen, hat er ein
       mobiles Aufnahmegerät dabei. Mit den O-Tönen, die er damit einfängt,
       produziert er seine Samstagssendung und daraus einen Podcast, der gern
       dreimal so lang ist wie die eigentliche Sendung. Sein Podcast war einer der
       ersten überhaupt im RBB, 2006 war das, da war noch nicht mal das iPhone
       erfunden.
       
       Die Kürze, der vor allem beim Privatradio so beliebte Einsdreißiger, war
       noch nie seins. Wenn Wagner einmal anfängt nachzufragen, dann wird daraus
       ein langes Gespräch.
       
       ## Recherchen zum eigenen Haus
       
       Am besten hören konnte man das, wenn er die Skandale seines eigenen Hauses
       aufgearbeitet hat: die misslungene Recherche zu den MeToo-Vorwürfen gegen
       den [2][Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar] oder das Ausgabenfiasko unter der
       [3][Intendantin Schlesinger.]
       
       In keinem anderen Medium wurde diese Affäre so kleinteilig aufgearbeitet
       wie im Medienmagazin. Wagner berichtete auch dann noch, als es schon lange
       nicht mehr um das italienische Edelparkett in der Chefinnenetage ging. Er
       legte sich dabei auch mit den eigenen Leuten an, was einigen im Sender
       nicht gefiel. Der Finanzchef des RBB zog gegen einen Beitrag in Wagners
       Medienmagazin sogar vor Gericht.
       
       Jörg Wagner ist ein Mediennerd und so war auch seine Sendung gestrickt; mit
       der Tendenz, ins Feinschmeckerische abzudriften. Die Inhaltsangaben seiner
       wöchentlichen Podcastfolgen könnten locker eine eigene Strophe im
       Fanta-Vier-Song „MFG“ füllen: OAM, MTM, KEF, MVFP, MABB – oje, oje.
       Medienpolitik kann ähnlich schwarzbrotig sein wie die Details der
       Rentenreform.
       
       Aber Wagner hat sie durchdrungen und verständlich gemacht. Er ist der
       lebende Rundfunkauftrag und leistete damit der gesamten Branche einen
       großen Dienst. Denn wer Wagners Sendung hörte, der verstand danach besser,
       wie Journalismus funktioniert.
       
       Und das ist heute vielleicht wichtiger denn je. Die traditionellen Medien
       stecken in der Krise, das Internet, Google, die KI graben in immer
       schnellerer Geschwindigkeit am klassischen Geschäftsmodell der Presse.
       Medien ohne journalistischen Anspruch gewinnen an Einfluss und werden zu
       politischen Kampagnenschleudern. Der mächtigste Verleger Europas,
       Springer-Chef Mathias Döpfner, liebäugelt mit Donald Trump, während der
       gleichzeitig versucht, missliebige Medien [4][bis hin zur BBC zu
       vernichten].
       
       ## Für kritische Medienberichterstattung immer weniger Platz
       
       Da braucht es kritischen Medienjournalismus, der all das erklärt und
       auseinander nimmt. Doch für den ist immer weniger Platz: Zeitungen fahren
       ihre Medienberichterstattung runter und kritische Selbstreflexion ist in
       vielen Verlagshäusern und Rundfunkanstalten zunehmend unerwünscht.
       
       Dass der RBB auch mit Wagners Abgang an dem Medienmagazin festhält, ist
       eine gute Nachricht. Dass mit der neuen Moderatorin Teresa Sickert das
       Magazin erneuert wird, auch. Die schlechte ist: Der öffentlich-rechtliche
       Sender spart, auch am Medienmagazin. Aus Kostengründen soll es nicht mehr
       das ganze Jahr durchlaufen, sondern in den Ferien pausieren.
       
       Die letzte Ausgabe des radioeins-Medienmagazins mit Jörg Wagner kommt am
       27. Dezember um 18 Uhr live und mit Publikum aus dem Studio 14 in der
       RBB-Dachlounge.
       
       22 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.radioeins.de/archiv/podcast/medienmagazin.html
 (DIR) [2] /Fingierte-Metoo-Vorwuerfe-gegen-Gruenen/!6093799
 (DIR) [3] /Urteil-gegen-RBB-Intendantin-/!6099929
 (DIR) [4] /10-Milliarden-Dollar-Klage/!6138744
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Fromm
       
       ## TAGS
       
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