# taz.de -- Waldbesetzung bei Lüneburg: „Flederhörnchen“ wollen Ausbau der A39 verhindern
> Klimaaktivist:innen haben im Lüner Wald ein Camp errichtet und den
> Forst besetzt, um Rodungen zu verhindern. Die Polizei war auch schon vor
> Ort.
(IMG) Bild: Gemeinsam auf den Plattformen im Wald: Dort werden die Besetzer*innen auch Weihnachten verbringen – zur Sicherheit
Das Lüner Holz bleibt besetzt. Das teilten Aktivist*innen einer
autonomen Klimagruppe, die sich „Aktionsgruppe Flederhörnchen“ nennt, am
Montag mit. Am Wochenende hatte ein Einsatz der Polizei die
Besetzer*innen aufgeschreckt, Polizeikräfte räumten die Bodenfläche,
konfiszierten und zerstörten Baumaterial. Es kam zu Gerangeln. Die
[1][Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg/Uelzen] erklärte danach,
man habe Personalien festgestellt und ermittle wegen Landfriedensbruch und
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
Seit dem 13.12. ist der Zipfel Wald zwischen der A39 und der Bundesstraße
209 dauerhaft besetzt. In sechs bis acht Metern Höhe haben die
Aktivist*innen mehrere Plattformen zwischen den Bäumen errichtet. Hier
wollen sie sich den Harvestern und Kettensägen entgegenstellen, die
anrollen sollen, um Bäume für den Ausbau der A39 zu fällen: Wenn die Rodung
des Waldes bis zu Beginn der Schonzeit verhindert werden kann, wäre Zeit
für eine Klage des Umweltverbands BUND gewonnen.
Bundesweit gibt es nach Angaben der Plattform wald-statt-asphalt derzeit
mindestens 46 aktive Waldbesetzungen gegen Straßenbauprojekte. Die A39 ist
nach Angaben der bundeseigenen Autobahn GmbH eines der größten noch
umzusetzenden Neubauprojekte und soll Wolfsburg und Lüneburg verbinden. In
Lüneburg soll 2026 mit dem Bau des ersten Abschnitts begonnen werden.
Vor Ort setzt sich auch das zivilgesellschaftliche Bündnis „A39 stoppen“
seit Jahren gegen den Ausbau ein. In der Stadtpolitik gilt die A39 als das
Zukunftsprojekt. Wolfgang Goralczyk aus dem Kreisverband der CDU hat kein
Verständnis für die Besetzer*innen. „Im Gegenteil, ich freue mich, dass die
A39 endlich kommt. Sie entlastet die Anwohner*innen, stärkt Anbindung und
Wirtschaft.“ Laut einer von der Industrie und Handelskammer in Auftrag
gegebenen Studie von 2021 sehen 71 Prozent der Befragten mehr Vor- als
Nachteile in dem Autobahnausbau.
## In der Kommunalpolitik umstritten
Die Aktiven des Bündnisses stellen die Neutralität der Studie in Frage und
haben eine Petition „Keine Stadtautobahn durch Lüneburg“ initiiert. Darin
heißt es: „Die A39 ist ein Musterbeispiel dafür, wie Politik an
Klimarealitäten und regionalen Bedürfnissen vorbeigeplant wird.“
Denn es gibt auch Anwohner wie Hans-Henning-Pabst, der als Teil der
Fahrradinitiative ADFC selbst schon an Aktionen gegen die
Autobahnerweiterung beteiligt war. „Ich würde mich selbst zwar nicht
trauen, hier Bäume zu besetzen“, sagt Pabst. „Aber ich bin dankbar für die
Menschen, die sich hier mit ihren Körpern gegen die Zerstörung des Waldes
und die neue Autobahn stellen“, sagt er.
Durch den Ausbau der Ostumgehung zur Autobahn würde zusätzlicher
überregionaler Verkehr durch das Stadtgebiet geleitet werden, was zu einer
höheren Belastung durch Lärm, Abgase und Feinstaub führen würde, heißt es
in der Petition. Eine ausgebaute B4 mit Ortsumgehungen würde ausreichen und
sei deutlich günstiger sowie umweltverträglicher. Außerdem sei eine
reaktivierte Bahnstrecke Lüneburg-Wolfsburg eine sinnvolle und
klimafreundliche Alternative zur A39. Seit Anfang Dezember haben sich 766
Menschen der symbolischen Petition angeschlossen.
## „Machtdemonstration der Polizei“
Der Polizeieinsatz vom Wochenende beschäftigt die Besetzer*innen jetzt.
Die Beamt*innen hatten Mitglieder von „A39 stoppen“ zu einer Kundgebung
in den Wald begleitet – und dann vor Ort den geplanten Weiterbau der
Plattformen für die Besetzung verhindert. Begründung: Diese seien rechtlich
nicht zulässig.
„Die Polizei hat einen Vorwand gesucht, um im Wald aktiv zu werden“, sagt
Theresa Korn, die sich im Bündnis engagiert.„Das war aus unserer Sicht eine
reine Machtdemonstration.“ Dass am Sonntag viele Menschen in den Wald
gekommen sind, um die Aktivist*innen in den Bäumen zu unterstützen,
gebe ihr aber Hoffnung, dass der Protest vor Ort weiterwächst.
Eine taz-Anfrage, wann die Rodungsarbeiten im Lüner Holz beginnen werden,
hat die Autobahn GmbH zunächst nicht beantwortet. Die Aktionsgruppe
Flederhörnchen kündigte an, dass sie das Waldstück auch über die Festtage
und den Jahreswechsel dauerhaft besetzt halten wird.
Hoffnung setzen die Besetzer*innen auf die [2][Klage des BUND
Niedersachsen gegen den Bauabschnitt], die vor dem Bundesverwaltungsgericht
verhandelt wird. Der Umweltverband kritisiert darin vor allem den
„überholten“ [3][Bedarfsplan, Fehler in der Artenschutzprüfung und die
unzureichende Berücksichtigung der Klimaauswirkungen des Gesamtvorhabens].
Weil die Klage aber keine aufschiebende Wirkung hat, befürchten die
Verteidiger*innen des Walds, dass die Autobahn AG Fakten schaffen will
und für vorbereitende Baumaßnahmen mit der Abholzung der Waldfläche
zwischen Adendorf und Lüneburg beginnt.
Für vier der sieben Abschnitte zwischen Lüneburg und Wolfsburg, die teils
durch besonders schützenswerte Moorgebiete führen, gibt es bisher keine
Baugenehmigungen. „In Lüneburg sollen Fakten geschaffen werden, um den Bau
der restlichen Abschnitte zu legitimieren“, vermuten die Besetzer*innen.
22 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59488/6183988
(DIR) [2] https://www.bund-niedersachsen.de/service/presse/detail/news/bund-niedersachsen-klagt-gegen-ersten-abschnitt-der-a-39-bei-lueneburg/
(DIR) [3] /Neue-Kosten-Nutzen-Rechnung-fuer-A39-Wolfsburg-Lueneburg/!6122274
## AUTOREN
(DIR) Charlotte Kranenberg
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