# taz.de -- Afghanistan-Aufnahmeprogramm: Bemänteltes Staatsversagen
> Deutschland nimmt 535 Afghan*innen mit einer Aufnahmezusage nun doch
> auf, andere aber nicht. Ihr Schicksal wird ungewiss sein.
(IMG) Bild: Vergebens protestiert: Portestaktion in Berlin für die zurück gelassenen Ortskräfte
Die Bundesregierung bereinigt Deutschlands Afghanistan-Konto – 24 Jahre
nachdem sie Soldat*innen und zivile Helfer*innen mit Versprechen von
Demokratie und Menschenrechten im Marschgepäck an den Hindukusch beorderte
und viereinhalb Jahre nachdem sie gescheitert wieder abzog. Nach schlechter
alter bürokratischer Sitte unterteilt sie die verbliebenen lokalen
Verbündeten in bundesverfassungsgerichtsfeste Kategorien: Die einen werden
doch noch vor den Taliban gerettet, die anderen müssen sehen, wo sie
bleiben.
[1][535 Menschen aus zwei Aufnahmeprogrammen sollen wie versprochen bis
Jahresende doch noch ausgeflogen] werden. 640 anderen aus zwei anderen
Programmen wurde mitgeteilt, an ihnen bestehe „kein politisches Interesse
mehr“. „Mehr“ – [2][denn auch ihnen war die Aufnahme zugesagt worden].
Hunderte andere traf das schon vorher, infolge einer rechten
Verleumdungskampagne über angeblich einsickernde Islamist*innen, auf die
auch die damals noch oppositionelle CDU/CSU aufsprang.
Diese Menschen tauchen kaum noch in den Medien, geschweige denn in den
Zahlen der Bundesregierung auf. Vertrauen in den Schutz durch den deutschen
Rechtsstaat, das die Betroffenen bis zuletzt hegten: Fehlanzeige. Vor allem
NGO-Mitarbeiter*innen sind offensichtlich Verbündete zweiter Klasse.
Die Unglücklichen, für die Innenminister Dobrindt im Namen der regierenden
CDU/CSU und SPD seinen Daumen senkte, erwartet, wenn bei uns die
Silvesterkorken knallen, ihre Abschiebung zu den Taliban. Sind sie erst
über die Grenze, kann niemand mehr nachprüfen, was aus ihnen wird. Das
Taliban-Regime unterhält zwar keine Lager für missliebige Landsleute – aber
willkürliche Haft, Folter und „Verschwindenlassen“ sind an der
Tagesordnung. UN und EU können sich im Land kaum bewegen. Ausländische
Reporter*innen gibt es kaum noch, einheimischen droht bei Recherche
Verfolgung.
Die Aufnahme von noch ein paar hundert Menschen kurz vor Ultimo ist keine
nette Geste, sondern soll Staatsversagen bemänteln.
18 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://www.tagesschau.de/inland/afghanistan-aufnahmeprogramm-104.html
(DIR) [2] /Bundesverfassungsgericht-ueber-Afghanen/!6135557
## AUTOREN
(DIR) Thomas Ruttig
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