# taz.de -- EU-Innenminister setzen auf Abschottung: Repressivere Flüchtlingspolitik Konsens in der EU
       
       > Striktere Regeln, mögliche Rückführungszentren und eine geklärte
       > Verteilungsfrage: EU-Innenminister:innen wollen Grenzen undurchlässiger
       > machen.
       
 (IMG) Bild: Asylsuchende in Kreta in einer provisorischen Unterkunft. Die Flüchtlingspolitik der EU soll noch repressiver werden
       
       dpa/rtr | Auch auf Druck Deutschlands haben sich die EU-Staaten auf eine
       [1][weitere Verschärfung der Migrations- und Asylgesetze] geeinigt. Die
       Verständigung betrifft neue Asylregeln, eine gemeinsame EU-Liste
       sogenannter sicherer Herkunftsstaaten und eine EU-weite Regelung für die
       Rückführung von Migranten ohne Aufenthaltsrecht, wie der Europäische Rat
       mitteilte.
       
       Dieser wird seine Position nun mit dem Europäischen Parlament verhandeln,
       um die endgültigen Rechtstexte zu vereinbaren. Das Parlament hat seine
       Position zwar noch nicht endgültig festgelegt, doch die jüngsten
       Stellungnahmen aus dem Parlament gingen in die gleiche Richtung. „Wir
       erleben heute ein historisches Momentum“, hatte Bundesinnenminister
       Alexander Dobrindt (CSU) bereits zum Auftakt des Treffens am Montag gesagt.
       
       Der größte Brocken: die Verteilung im Rahmen des sogenannten
       Solidaritätsmechanismus. Die EU-Länder haben sich hier darauf verständigt,
       innerhalb der Europäischen Union 21.000 Schutzsuchende umzusiedeln, um
       besonders unter Druck stehende EU-Staaten zu entlasten, wie die
       EU-Innenminister festlegten.
       
       Zudem sollen weniger belastete EU-Länder im Rahmen des
       Solidaritätsmechanismus, der mit der europäischen Asylreform 2024
       beschlossen wurde, 420 Millionen Euro bereitstellen – wobei die Beiträge
       jeweils miteinander verrechnet werden können. Auch andere
       Solidaritätsbeiträge wie Sachleistungen sind demnach möglich. Sowohl
       finanzielle Unterstützung als auch Sachleistungen können also theoretisch
       von unterstützungspflichtigen EU-Staaten geleistet werden, die keine
       Flüchtlinge aufnehmen wollen.
       
       ## Deutschland leistet 2026 keine Zusatzhilfe
       
       Deutschland nimmt unter dem europäischen Solidaritätsmechanismus nach
       Angaben der Bundesregierung keine zusätzlichen Asylbewerber auf. Auch
       finanzielle Hilfe wird die Bundesrepublik im kommenden Jahr nicht leisten,
       wie Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) nach der Einigung in
       Brüssel sagte.
       
       Deutschland kann sich nach einer Analyse von EU-Innenkommissar Magnus
       Brunner darauf berufen, dass es sich bereits um sehr viele Asylbewerber
       kümmert, für die eigentlich andere EU-Staaten zuständig wären.
       
       Mit der Einigung auf den Solidaritätsmechanismus geht Dobrindt zufolge eine
       Zusage anderer Mitgliedstaaten gegenüber Deutschland einher. „Wir haben uns
       mit Griechenland und Italien darauf verständigt, dass sie Migranten wieder
       zurücknehmen, die über ihre Länder die Europäische Union betreten haben“,
       sagte Dobrindt der Bild.
       
       Neben Entlastungen soll es für EU-Länder, in denen besonders viele
       Asylbewerber ankommen, mit der Asylreform auch mehr Pflichten geben, sich
       um die Migranten zu kümmern. Welche Beiträge andere Länder gemäß der
       Einigung nun konkret leisten müssen, blieb zunächst unklar.
       
       ## Mehr Druck auf Menschen ohne Bleiberecht bei Rückführungen
       
       Die EU-Staaten wollen zudem den Druck auf abgelehnte Asylbewerber erhöhen
       und Abschiebungen effizienter abwickeln. Dafür sollen Menschen ohne
       Bleiberecht neue Pflichten erhalten und Leistungskürzungen bei mangelnder
       Kooperation mit den Behörden hinnehmen müssen, wie die Mitgliedsländer
       mitteilten.
       
       Zu den von der EU-Kommission im März gemachten Vorschlägen muss das
       Europäische Parlament sich noch positionieren. Anschließend können
       Verhandlungen über die Verordnung beginnen. Angesichts der
       Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament werden aber keine größeren Änderungen
       erwartet.
       
       Abgelehnte Asylbewerber sollen dem Vorhaben nach etwa verpflichtet werden,
       aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken. Sollten sie etwa nicht unverzüglich
       nach einer Aufforderung Dokumente zu ihrer Identifikation vorlegen, müssen
       sie mit Strafen rechnen. Zudem sollen sie für die Behörden erreichbar
       bleiben. Bei einer Verweigerung der Zusammenarbeit drohen Konsequenzen –
       etwa die Kürzung von Leistungen oder ein längeres Einreiseverbot. Auch
       Haftstrafen sollen der Vorstellung der EU-Staaten nach in manchen Fällen
       möglich sein.
       
       Auch Rückführungszentren in Drittstaaten außerhalb der EU sollen demnach
       durch die Verordnung möglich sein. In diesen sogenannten Return Hubs sollen
       ausreisepflichtige Asylbewerber landen, die nicht in ihre Heimat- oder
       Herkunftsländer abgeschoben werden können.
       
       ## Sichere Drittstaaten
       
       Bei der Auslagerung von Asylverfahren spielt das Konzept der sicheren
       Drittstaaten eine entscheidende Rolle. Es soll das europäische Asylsystem
       entlasten, indem Menschen in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden, um dort
       Schutz beantragen zu können.
       
       Bislang war es nötig, dass Asylsuchende eine enge Verbindung zu einem
       solchen Drittstaat haben, etwa durch Familienangehörige oder einen längeren
       Aufenthalt. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte es zukünftig schon
       reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat
       besteht. Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden,
       in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle
       oder sonstige Bindung haben. Ausgenommen davon sind unbegleitete
       Minderjährige.
       
       Auch zu diesem Vorhaben muss das EU-Parlament sich noch abschließend
       positionieren, bevor Verhandlungen darüber beginnen können.
       
       ## „Sichere Herkunftsländer“
       
       Abschiebungen in die nordafrikanischen Länder Marokko, Tunesien und Ägypten
       sollen nach dem Willen der EU-Länder schneller gehen. Dafür sollen die
       Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Das Kosovo, Kolumbien
       sowie die südasiatischen Staaten Indien und Bangladesch sollen demnach
       ebenfalls zur Liste hinzugefügt werden. Auch hier steht die Positionierung
       des EU-Parlaments noch aus.
       
       Grundsätzlich sollen auch Länder, die Kandidaten für einen EU-Beitritt
       sind, als sicher gelten. Dazu würden dann etwa Albanien, Montenegro oder
       die Türkei gehören. Die EU-Liste wäre bindend für alle Mitgliedstaaten.
       Gleichzeitig muss dem Vorschlag nach auch weiterhin immer der Einzelfall
       geprüft werden. Menschen, die aus diesen Ländern kommen und in der EU
       Schutz suchen, sollen also nicht automatisch abgeschoben werden, bekommen
       aber ein beschleunigtes Asylverfahren.
       
       ## Zuletzt weniger Asylanträge
       
       Die Zahl der neuen Asylbewerber innerhalb der gesamten Europäischen Union
       sowie in den Nicht-Mitgliedsländern Norwegen und Schweiz ging im ersten
       Halbjahr dieses Jahres nach Angaben der EU-Asylagentur insgesamt zurück.
       Bis Ende Juni wurden in der Staatengruppe aus 29 Ländern (EU+) insgesamt
       399.000 neue Anträge registriert – im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024
       ein Rückgang von 114.000 beziehungsweise 23 Prozent. Im ersten Halbjahr
       gingen bei den deutschen Behörden 70.000 Anträge von Neuankömmlingen ein.
       Damit liegt die Bundesrepublik innerhalb der EU auf Platz drei hinter
       Frankreich (78.000) und Spanien (77.000).
       
       9 Dec 2025
       
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