# taz.de -- Offener Brief von Geflüchteten: „Wir werden behandelt, als wären wir im Gefängnis“
       
       > Bewohner:innen einer Flüchtlingsunterkunft im Harz klagen über
       > Kontrollen und Rassismus. Die Landesaufnahmebehörde weist Vorwürfe
       > zurück.
       
 (IMG) Bild: Kinder dürften nicht spielen, klagen Bewohner:innen: Fußball vor der Unterkunft für Geflüchtete in einer Ex-Klinik in Bad Sachsa
       
       Heftige Vorwürfe erheben die Bewohner:innen einer Flüchtlingsunterkunft
       [1][im südniedersächsischen Bad Sachsa] gegen Behörden und Polizei. „Wir
       werden behandelt, als wären wir im Gefängnis“, heißt es in einem Offenen
       Brief über die ehemalige Kurklinik des Harzstädtchens.
       
       Diese wird seit zwei Jahren als Notunterkunft der Landesaufnahmebehörde
       (LAB) Niedersachsen genutzt. Aktuell sind dort 198 Geflüchtete aus sechs
       Ländern untergebracht, darunter 76 Kinder.
       
       Die namentlich nicht genannten Verfasser:innen des Offenen Briefs
       bemängeln unter anderem massive Eingriffe in ihre Privatsphäre. Es sei
       „alarmierend, wenn die Polizei mitten in der Nacht ohne zu klopfen oder uns
       Zeit zum Öffnen der Tür zu lassen, in unsere Zimmer kommt. Die Polizisten
       gehen manchmal einfach in unsere Zimmer, während wir unsere Kleidung
       wechseln“.
       
       Wenn die Polizei eine Person, die abgeschoben werden soll, nicht finden
       könne, durchsuche sie alle Wohnräume in der Unterkunft. Auf der dritten
       Etage der Unterkunft, wo ausschließlich Frauen wohnen, sei die Situation
       noch beunruhigender: „Jeden Tag weckt uns das Sicherheitspersonal um 22
       Uhr, manchmal auch später, was unsere Schlafgewohnheiten erheblich stört.“
       
       ## Securities ganz rücksichtslos
       
       [2][Die männlichen Sicherheitsleute] klopften sehr laut an den Türen, „und
       wenn man nicht rechtzeitig öffnet, betreten sie unsere Zimmer, auch wenn
       wir nackt sind“. Nach 22 Uhr dürften die Bewohner:innen ihre Zimmer
       nicht verlassen und nicht einmal Freund:innen in den Nachbarräumen
       besuchen – anderenfalls würden sie als abwesend vermerkt.
       
       Weitere Beschwerden betreffen die Verpflegung. „Das Essen ist wirklich
       schlecht und abgestanden und oft vom Vortag“, heißt es in dem Offenen
       Brief. „Wenn wir nicht pünktlich kommen, finden wir kein Essen mehr.“ Die
       Reste von Mahlzeiten dürften nicht mitgenommen werden.
       
       „Wir müssen sie in den Mülleimern entsorgen und die Sicherheitsleute sorgen
       dafür, dass wir das tun.“ Die allgemeine Atmosphäre im Lager wird als „sehr
       schlecht“ geschildert.
       
       Die Sicherheitskräfte seien unfreundlich, Kinder dürften nicht spielen,
       stattdessen würden sie vom Sicherheitspersonal angeschrien. „Wir
       beobachteten auch viele Vorfälle, bei denen Sicherheitsleute sich
       rassistisch gegenüber schwarzen Flüchtlingen verhielten“, schreiben die
       Frauen weiter.
       
       Die LAB nahm auf Anfrage zu den Vorwürfen Stellung. Bei [3][Rückführungen
       seien die Maßnahmen Sache der Polizei und der Verwaltungsvollzugskräfte],
       sagte eine Sprecherin: „Im Rahmen dessen ist das Betreten von Zimmern oft
       notwendig und erfolgt innerhalb des gesetzlichen Handlungsspielraumes.“
       
       Zudem sei die Unterkunft an besondere Brandschutzvorgaben gebunden. Der
       Sicherheitsdienst sei deshalb angewiesen, jeden Abend um 22 Uhr die
       Anwesenheit abzufragen. Die Kontrollen dienten zum Schutz der Bewohnenden.
       
       Dabei sei die Security angehalten, an der Zimmertür zu klopfen und einen
       angemessenen Zeitraum abzuwarten, bis die Tür geöffnet werde: „Erfolgt auf
       das Klopfen des Personals keine Reaktion, wird das Zimmer nicht geöffnet
       und betreten, es erfolgt stattdessen eine Abwesenheits-Notiz.“
       
       ## Behörde weist Kritik zurück
       
       Im Frauentrakt würden die Kontrollen zudem nur in Begleitung von weiblichen
       Mitarbeiterinnen vorgenommen, betonte die Sprecherin. Im Übrigen gebe es
       keine Verpflichtung, sich im Haus aufzuhalten, alle könnten sich frei
       bewegen.
       
       Zur Kritik am Essen erklärt die LAB, dass in allen Unterkünften des Landes
       „die religiösen oder gesundheitlichen Bedürfnisse bei der
       Nahrungsmittelversorgung unserer Bewohnenden berücksichtigt werden“. Es
       gebe spezielle Nahrung für Babys und für Diabetes-Patient:innen – „insofern
       wir darüber Kenntnis haben“.
       
       Die unterstellten Spielverbote für Kinder bestünden nicht, so die LAB. Es
       gebe eine tägliche Kinderbetreuung, einen Spielplatz und eine große
       Rasenfläche. Innerhalb des Gebäudes lauerten aber Gefahrenquellen, weshalb
       das Sicherheitspersonal darauf achte, dass Kinder nicht unbeaufsichtigt
       durch die Flure tobten. Die Hinweise erfolgten „freundlich, aber bestimmt“.
       
       ## Unterstützer:innen demonstrieren
       
       Ausdrücklich betont die Behörde die Gleichbehandlung aller Bewohner:innen.
       Das von einem externen Dienstleister gestellte Sicherheitspersonal werde
       regelmäßig zu den Themen Deeskalation und interkultureller Kompetenz
       geschult. „Sollte es dennoch Vorfälle gegeben haben, bei denen Bewohnende
       aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt oder übervorteilt wurden, sind uns
       diese leider nicht bekannt.“
       
       Unterdessen hat der Offene Brief Unterstützer der Flüchtlinge auf den Plan
       gerufen. Initiativen aus Göttingen haben für den heutigen Dienstag zu einer
       Demonstration in Bad Sachsa gegen die „gefängnisähnliche Situation“ in der
       Unterkunft aufgerufen.
       
       24 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kommune-im-Harz-sieht-sich-ueberfordert/!5912615
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 (DIR) [3] /Bundesverfassungsgericht/!6131366
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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