# taz.de -- Kolumnist aus Myanmar: Verurteilter Journalist aus Haft entlassen
       
       > Der zu 12 Jahren Haft verurteilte Sithu Aung Myint kam nach gut vier
       > Jahren frei. Er hatte an einem Workshop der taz Panter Stiftung
       > teilgenommen.
       
 (IMG) Bild: Sithu Aung Myint wurde überraschend aus der Haft entlassen. Ein Bild aus der alten taz-Redaktion 2015
       
       Derzeit macht kaum ein Land Hoffnung. Vielerorts sind Rechtspopulisten,
       Autokraten und Diktatoren auf dem Vormarsch. Doch gibt es gelegentlich
       Überraschungen, die für Betroffene wie etwa Sithu Aung Myint einen
       Unterschied machen. Der Kolumnist aus Myanmar kam vergangene Woche völlig
       unerwartet durch eine Amnestie der Militärjunta frei.
       
       Im Juli 2015 hatte er an einem vom Auswärtigen Amt unterstützten Workshop
       der taz Panter Stiftung in Berlin teilgenommen. Als ältester Teilnehmer
       bereicherte er die Gruppe der Nachwuchsjournalisten aus dem lange
       isolierten Land und fiel durch fundierte Analysen auf.
       
       [1][Gern schrieb er später auch für die taz], als die Panter Stiftung zum
       Militärputsch vom 1. Februar 2021 eine Beilage von früheren
       Workshopteilnehmern veröffentlichte. Sithu Aung Myint ging für die taz der
       Frage nach, warum die gestürzte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi
       bei den Anti-Junta-Protesten noch als Freiheitsikone galt, obwohl sie so
       wenig erreicht hatte.
       
       Als das Putschregime die Massenproteste zusammenzuschießen begann und erste
       Journalisten festnahm, tauchte Sithu Aung Myint unter. „Nach mir wird
       gefahndet wegen angeblicher Aufwiegelung. Zweimal hat ein vom Militär
       kontrollierter Sender das schon verbreitet“, [2][schrieb er der taz im Juni
       2021 aus seinem Versteck].
       
       ## Das Gesamtstrafmaß wurde immer länger
       
       Das verließ er nach eigenen Worten kaum und wenn, veränderte er zuvor sein
       Aussehen. „Ich könnte schon die Folter beim Verhör nicht überleben“,
       fürchtete er. Bis zum Putsch hatte er für ein großes Multimediahaus
       gearbeitet, dessen Besitzer dem Militär nahestand. „Schnell wurde klar,
       dass ich kein kritisches Wort über die Generäle und ihr brutales Vorgehen
       schreiben kann“, schrieb er. „Da habe ich gekündigt.“
       
       Sithu Aung Myint verlor darauf vier Fünftel seines Einkommens und stellte
       fest: „Pressekonferenzen und Vor-Ort-Recherchen sind für mich jetzt tabu.“
       Er kommentierte nur noch in sozialen Medien, für ein Onlineportal sowie den
       birmesischen Dienst von Voice of America.
       
       Am 15. August 2021 wurde Sithu Aung Myint mit einer ebenfalls versteckten
       Kollegin festgenommen. Im Jahr darauf wurde er wegen „Aufwiegelung“ zu drei
       Jahren Haft verurteilt. Diese wurde später um weitere zwei Jahre erhöht.
       Bald kam noch eine Verurteilung zu sieben Jahren Arbeitslager wegen
       „Verleumdung des Staates“ hinzu.
       
       Seine Tochter bestätigte der taz seine Freilassung am 1. Dezember aus
       Yangons berüchtigtem Insein-Gefängnis. Mit der Amnestie will das Militär
       offenbar vor den zum Jahresende angesetzten Scheinwahlen sein Image
       aufpolieren. Denn es kamen noch fünf weitere Journalisten frei. Dabei waren
       [3][einer Studie zufolge] bei den bisher 18 Amnestien der Militärjunta nur
       13 Prozent aller Freigelassenen politische Gefangene gewesen.
       
       ## Große Sorge um die Sicherheit
       
       Die Panter Stiftung hatte Sithu Aung Myints Tochter, die auch Journalistin
       ist, im Februar 2022 bei einem Treffen in ihrem thailändischen Exil Hilfe
       für ihren Vater angeboten. Doch die ohnehin nur wenigen Hilfsmöglichkeiten
       waren schon von Voice of America abgedeckt.
       
       Die heute in den USA lebende Tochter antwortete jetzt auf ein erneutes
       Unterstützungsangebot der taz-Stiftung: „Mein Vater ist bei guter
       Gesundheit und an einem sicheren Ort. Im Moment ist er sich noch unsicher,
       was er tun soll. Er sorgt sich sehr um seine Sicherheit. Vor kurzem kamen
       einige Männer zum Haus meiner Mutter in der südlichen Stadt Mawlamyaing und
       suchten nach ihm. Wir vermuten, dass sie auch zu unserem Haus in Yangon
       gegangen sind, um nach ihm zu suchen. Wir wissen nicht, was sie vorhaben,
       und wir sind sehr besorgt, dass er wieder verhaftet werden oder sich neuen
       Anklagen stellen könnte.“
       
       Die meisten der 45 Journalistinnen und Journalisten aus Myanmar, die 2013
       bis 2019 an Workshops der Panter Stiftung teilnahmen, flohen nach dem
       Putsch ins Exil. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne
       Grenzen rutschte Myanmar nach dem Putsch von Rang 139 (2020) auf heute
       Platz 169 von 180 Staaten ab. Laut dem [4][Komitee zum Schutz von
       Journalisten (CPJ)] sitzen in Myanmar derzeit 27 Journalisten im Gefängnis,
       7 wurden seit dem Putsch getötet.
       
       9 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Aung-San-Suu-Kyis-Rolle-in-Myanmar/!5751994
 (DIR) [2] /Pressefreiheit-in-Myanmar/!5777296
 (DIR) [3] https://ispmyanmar.com/wp-content/uploads/2025/12/FU2025_03_ENG.pdf
 (DIR) [4] https://cpj.org/2025/12/myanmar-releases-6-journalists-in-pre-election-amnesty/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
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