# taz.de -- Kritik an Polizei Berlin: 110 Prozent beleidigt
> Die Polizei gibt sich gerne selbstironisch. Wenn aber Kritik geübt wird,
> hält sich die Geduld in Grenzen, zeigt ein kürzlich eingestelltes
> Verfahren.
(IMG) Bild: Das besagte Banner, hier vor dem Kriminalgericht Moabit
Vor einer Polizeiwache in Weißensee wird ein gelbes Banner hochgehalten –
„110 Prozent Rassismus“ und „0 % Kritikfähigkeit“ steht darauf. Auch der
korrupte, inkompetente Donut-Cop Clancy Wiggum aus der Cartoon-Serie „Die
Simpsons“ ist darauf abgebildet. Die drei mit dem Banner posierenden
Aktivist*innen protestierten damit im August gegen den [1][Strafprozess
gegen einen Studenten, der Werbeplakate der Polizei Berlin gegen eigene,
polizeikritische Poster ausgetauscht hatte.]
Die mangelnde Kritikfähigkeit, die der Polizei auf dem Banner attestiert
wurde, schienen Vor-Ort-Beamt*innen in Weißensee gleich bestätigen zu
wollen: Die Aktivist*innen teilen mit, sie seien noch vor Ort
festgenommen und im Revier durchsucht worden. Der Grund, habe man ihnen
gesagt, sei die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole gewesen. Welche
das gewesen sein sollen, ist unklar. Auf dem Banner sind keine zu finden.
Kurz darauf seien bei den Aktivist*innen Briefe vom Landeskriminalamt
eingegangen, die plötzlich doch von „Leitung einer unangemeldeten
Versammlung“ als Strafbestand sprachen. Vergangene Woche sei ihnen dann die
Einstellung der Verfahren mitgeteilt worden, berichten die
Aktivist*innen der taz.
„0 % Kritikfähigkeit“ haben die Beamt*innen also bereits bewiesen. Aber
wie steht es um den Vorwurf „110 Prozent Rassismus“? Auch hier bietet die
Polizei mit [2][rechtsextremen Netzwerken], [3][übermäßiger Polizeigewalt
gegen Schwarze und People of Colour] und [4][Racial Profiling] zumindest
genügend Angriffsfläche.
## Unglaubwürdiger Imagefilm
Der Spruch bezieht sich zudem auf die Werbekampagne „110 Prozent Berlin“,
mit der die Polizei Berlin seit einigen Jahren um Nachwuchs wirbt. [5][Im
gleichnamigen Imagefilm gibt man sich abgeklärt und selbstironisch] – kann
es aber selbst dort nicht lassen, zumindest implizit mit Repressionen zu
drohen, sollte man es wagen, Kritik an der Institution zu üben.
Der anbiedernde Hinweis, dass man mit ihnen in der „coolsten Stadt der
Welt“ arbeiten könne oder „wie lässig sie posen“, sei für sie nur
Nebensache, sagt die Erzählerstimme im Film. Eigentlich gehe es ihnen
darum, „Haltung zu zeigen“. „Wir schützen deine Rechte – auch das, gegen
uns zu sein“, wird großmütig erklärt. Gegen diese Darstellung spricht nicht
nur der beschriebene Simpsons-Banner-Vorfall, sondern auch etliche andere
Beispiele von polizeilichen Repressionen in den vergangenen Jahren,
[6][nicht zuletzt gegenüber Demonstrant*innen auf Gaza-Demos.]
Doch so weit muss man gar nicht suchen, liefert die Polizei doch im
Imagefilm selbst ein Gegenindiz: Ein migrantischer Mann sprüht darin ein
„ACAB“-Graffito an eine Wand – und wird sogleich von zwei
Polizist*innen festgenommen.
9 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Verfahren-wegen-Adbusting-eingestellt/!6109522
(DIR) [2] /Rechte-Chatgruppe-bei-der-Polizei-Berlin/!5717565
(DIR) [3] /Kriminologe-zum-Fall-Lorenz-A/!6080732
(DIR) [4] /Racial-Profiling-bei-der-Polizei/!6096129
(DIR) [5] https://www.youtube.com/watch?v=xmzHaTsi56c
(DIR) [6] /Polizeigewalt-auf-Gaza-Demos/!6122379
## AUTOREN
(DIR) Anselm Mathieu
## TAGS
(DIR) Polizei Berlin
(DIR) Schwerpunkt Antifa
(DIR) Racial Profiling
(DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
(DIR) Social-Auswahl
(DIR) Polizei Berlin
(DIR) Antiziganismus
(DIR) Nahost-Debatten
(DIR) wochentaz
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Polizeigewalt an Halloween: Zeugen widersprechen Polizeibericht
Beamte lösen eine Party auf, die Sache eskaliert. Die Polizei spricht von
gewalttätigen Gästen, Zeugen widersprechen. Ein Rekonstruktionsversuch.
(DIR) Antiziganismus in der Polizei: Eine historische Kontinuität
Sinti und Roma sind weiterhin antiziganistischer Diskriminierung durch die
Polizei ausgesetzt, so ein neuer Bericht. Gefordert werden mehr
Aufarbeitung und Beschwerdestellen.
(DIR) Gerichtsurteil zum Palästina-Kongress: Polizeistaatsräson
Nun steht fest: Die Auflösung des Palästina-Kongresses in Berlin war
rechtswidrig. Aber wer trägt die Verantwortung dafür und entschuldigt sich?
(DIR) Rechtsextremismus bei der Polizei: „Man schwimmt halt so mit“
M. war Mitglied eines rechtsextremen Polizeichats. Vom Dienst ist er bis
heute suspendiert. Jetzt packt er aus.