# taz.de -- Finanzierung der Pflegeversicherung: Bund und Länder wollen Vorschläge für Pflegereform vorlegen
> Wie geht es weiter mit der sozialen Pflegeversicherung? Eine
> Bund-Länder-AG will dazu im Dezember Vorschläge machen. Was man dazu
> wissen sollte.
(IMG) Bild: Hohe Eigenanteile, steigende Beitragssätze, Finanzlöcher in den Kassen: Wie gehts es mit der Sozialen Pflegeversicherung weiter?
Die soziale Pflegeversicherung (SPV) steht finanziell auf unsicheren
Beinen. In dieser Woche will die Bund-Länder-AG „Zukunftspakt Pflege“
voraussichtlich ihren Abschlussbericht mit Eckpunkten für eine Pflegereform
vorlegen. Welche Vorschläge werden diskutiert? Die wichtigsten Fragen und
Antworten.
Warum gibt es Druck auf die soziale Pflegeversicherung?
In Deutschland gibt es immer mehr Pflegebedürftige. Das liegt zum einen an
der alternden Bevölkerung, aber auch an der Pflegereform aus dem Jahr 2017.
Mit der damaligen Einführung der Pflegegrade ist die Zahl der
leistungsberechtigten Antragssteller:innen gestiegen. Diesem erhöhten
Pflegebedarf und den Pflegekosten stehen weniger Pflegekräfte und weniger
junge Menschen, die in die Pflegekasse einzahlen, gegenüber. Auch die
schwächelnde Wirtschaft trägt zu sinkenden Sozialversicherungsbeiträgen
bei. Als Konsequenz wird der SPV ein Finanzloch von über 12 Milliarden Euro
bis 2029 prognostiziert, während für Versicherte die
Sozialversicherungsbeiträge steigen.
Wie ist die Pflegeversicherung aufgebaut?
Pflegebedürftigkeit wurde 1994 als „allgemeines Lebensrisiko“ anerkannt,
das solidarisch abgesichert werden muss. 1995 wurde die SPV eingeführt –
als umlagefinanzierte, verpflichtende Teilleistungsversicherung. Das heißt:
Einen Teil der Pflegekosten übernehmen die Pflegekassen, die dafür
Sozialbeiträge einziehen. Der restliche Teil wird durch (betriebliche)
Zusatzversicherungen oder private Einkommen gedeckt. Mit der Reform 2017
wurden die bisherigen drei Pflegestufen in fünf Pflegegrade umgewandelt,
seitdem wird beispielsweise Demenz als gleichwertige Beeinträchtigung
anerkannt.
Gibt es jetzt eine weitere Pflegereform?
Angesichts von Finanzloch und steigenden Eigenanteilen ist es seit Langem
unstrittig, dass die Finanzierung der SPV verändert werden muss.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat [1][im Juli die
Bund-Länder-Arbeitsgruppe Zukunftspakt Pflege eingesetzt], um Vorschläge
für eine Pflegereform auszuarbeiten. Mitte Dezember sollen diese
vorgestellt werden. Auf eine strukturelle Reformierung der
Pflegeversicherung lassen erste Entwürfe, die der taz vorliegen, jedoch
nicht schließen.
Wie wollen Bund und Länder die Einnahmen der Pflegekassen stabilisieren?
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Geld sparen oder die
Finanzierungsbasis der Pflegeversicherung verbreitern. Geld sparen will die
Arbeitsgruppe beispielsweise, in dem es bei Neuanträgen und Höherstufungen
künftig – entgegen der Pflegereform von 2017 – wieder höhere Anforderungen
geben soll, um in den nächsthöheren Pflegegrad eingestuft zu werden.
Darüber hinaus soll zwar der [2][Pflegegrad 1 entgegen vorheriger Aussagen]
beibehalten werden, den dazugehörigen Entlastungsbetrag von 131 Euro will
die AG jedoch streichen.
Um mehr Geld einzunehmen, wird diskutiert, die Beitragsbemessungsgrenze zu
erhöhen, also die Höchstgrenze des Lohneinkommens, bis zu der
Pflegebeiträge berechnet werden, nach oben zu verschieben. Statt bei
5.512,50 Euro könnte sie zukünftig beispielsweise auf Höhe der
Bemessungsgrenze der Rentenbeiträge, also bei rund 8.000 Euro, liegen. Als
weitere Stellschraube könnten die [3][Einnahmen aus Kapitalerträgen] und
Mieteinnahmen mitberücksichtigt werden. Auch für [4][geringfügig
Beschäftigte] könnte zukünftig ein Pflegeversicherungsbeitrag anfallen, der
von den Arbeitgeber:innen getragen wird.
Welche anderen Vorschläge werden diskutiert?
Neben den Vorschlägen zur Finanzierung setzt die Regierung auf ein
verstreutes Maßnahmenbündel. Unter anderem sollen die Eigenanteile bei
stationärer Pflege gesenkt werden. Bei der Versorgung soll es [5][mehr
Beratungs- und Präventionsmaßnahmen] geben, ambulante und häusliche Pflege
sollen ausgebaut werden. Die Pläne der Arbeitsgruppe sehen insbesondere
auch eine stärkere Einbindung pflegender Angehöriger vor.
Wie will man die hohen Eigenanteile senken?
Die Eigenanteile für die stationäre Pflege sind stark gestiegen, im
deutschlandweiten Mittel liegen sie derzeit bei rund 3.000 Euro monatlich.
Um sie zu reduzieren, liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch: Zum
einen könnten die ausgezahlten Leistungsbeträge dynamisiert werden, das
heißt deren Höhe an die Inflation oder die Lohnentwicklung angepasst
werden. Eine weitere Option wäre die Deckelung der Eigenanteile. Umgekehrt
zu heute würden Pflegebedürftige künftig einen festgesetzten Betrag zahlen
und die Pflegekassen den Rest. Das wird auch als Sockel-Spitzen-Tausch
bezeichnet.
Was, wenn man sich die Pflegekosten nicht leisten kann?
Wer für die Kosten nicht aufkommen kann, kann weiterhin die finanzielle
Unterstützung „Hilfe zur Pflege“ bei den kommunalen Sozialämtern
beantragen. Diese übernehmen die Anteile nach einer Einkommens- und
Vermögensprüfung. Auch eine obligatorische oder freiwillige
Zusatzversicherung wird diskutiert, die Pflegebedürftige vor dem Risiko der
unleistbaren Eigenanteile schützen soll.
Was sind die Positionen der Verbände?
Zu dem im Oktober vorgestellten Zwischenbericht der Arbeitsgruppe äußerten
sich Verbände bereits recht kritisch. So hatten sowohl der Paritätische
Gesamtverband als auch der Arbeitgeberverband Pflege die Vorschläge als
„Stückwerk“ bezeichnet. Viele fordern, versicherungsfremde Leistungen aus
der Pflegeversicherung zu nehmen. Dazu gehören beispielsweise
Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige oder Kostenübernahmen
der medizinischen Behandlungspflege. Auch Kosten für Investitionen und
Ausbildung werden großteils von den Pflegebedürftigen getragen, obwohl dies
eigentlich Aufgabe der Länder wäre. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi
fordert beispielsweise eine Umwandlung der Pflegeversicherung in eine
Vollleistungsversicherung.
Und wie geht es jetzt weiter?
Bisher kursieren nur Vorschläge, eine genaue Schlagrichtung, wie sich die
Finanzierung der SPV weiterentwickeln soll, gibt es hingegen nicht. Die
Interessen in Bund, Ländern und Kommunen sind dabei sehr unterschiedlich
gelagert, wobei alle Beteiligten versuchen werden, etwaige Mehrkosten von
sich abzuwenden. Von einem grundlegenden Umbau der SPV ist derzeit nicht
auszugehen.
8 Dec 2025
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## AUTOREN
(DIR) Amelie Sittenauer
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