# taz.de -- Verfassungsblog gegen AfD: Die Justiz soll resilienter werden
> Was tun, bevor es brennt: Ein Projekt des Verfassungsblogs benennt
> Schlüsselpositionen in der Justiz, die auf keinen Fall in die Hände der
> AfD geraten sollten.
(IMG) Bild: Verwundbar: Göttin Justitia im Gegenlicht
Die Justiz ist verwundbar. Sollte eine autoritär-populistische Partei die
Macht übernehmen, wird sie versuchen, die Rechte von Migrant:innen,
Andersdenkenden und sexuellen Minderheiten zu beschneiden. Gerichte könnten
sich dem unter Verweis auf die Grundrechte entgegenstellen. Deshalb haben
autoritäre Populist:innen ein Interesse, Gerichte – insbesondere
Verfassungsgerichte – auszuschalten, zu blockieren oder mit Gefolgsleuten
zu besetzen.
Genau von diesem Szenario geht das [1][am Dienstag vorgestellte
„Justiz-Projekt“ des Verfassungsblogs] aus und verweist auf die
[2][Erfahrungen aus Ungarn] und Polen. Der Verfassungsblog ist eine
gemeinnützige Onlinepublikation, gegründet und geführt vom renommierten
Juristen und Journalisten Max Steinbeis. Im Rahmen des „Justiz-Projekts“
widmeten sich dabei 14 Jurist:innen spendenfinanziert ein Jahr lang den
Gefahren für die Justiz.
Für das Bundesverfassungsgericht wurde – auch auf Betreiben des
Verfassungsblogs – Ende 2024 bereits ein Resilienz-Mechanismus geschaffen.
Wenn im Bundestag keine Verfassungsrichter:innen mehr gewählt werden
können, weil zum Beispiel die AfD mehr als ein Drittel der Sitze innehat
und eine Wahl blockiert, kann seither stattdessen der Bundesrat die Wahl
vornehmen.
Anders sieht es bei den Landesverfassungsgerichten aus. Hier gibt es bisher
keine derartigen Ersatzwahlmechanismen, obwohl auch diese einflussreich
sind. So hat der Berliner Verfassungsgerichtshof nach der chaotischen Wahl
des Abgeordnetenhauses 2021 eine Wiederholung der ganzen Wahl angeordnet
und so einen Regierungswechsel von Rot-Rot-Grün zu Schwarz-Rot ausgelöst.
## Zweischneidige Lösungen
In 12 von 16 Bundesländern werden die Landes-Verfassungsrichter:innen mit
Zweidrittelmehrheit gewählt. Auch hier könnte eine starke AfD die Wahlen
blockieren. Doch wie könnte in den Ländern ein Ersatzwahlmechanismus
aussehen? Das „Justiz-Projekt“ plädiert dafür, dass bei einer blockierten
Wahl das Landesverfassungsgericht Kandidat:innen vorschlägt, die dann
im Landtag mit einfacher Mehrheit gewählt werden können.
Doch solche institutionellen Lösungen sind immer zweischneidig. Denn sobald
die AfD eine Mehrheit im Landtag hat, kann sie Mechanismen, mit denen man
Sperrminoritäten aushebelt, für ihre eigenen Zwecke nutzen.
Deshalb hat das „Justiz-Projekt“ zwei Schlüssel-Personalien identifiziert,
die auf keinen Fall von einer autoritär-populistischen Partei kontrolliert
werden sollten. Zum einen wird die Präsident:in des
Landesverfassungsgerichts genannt, weil sie das Gericht mit ihrer zentralen
organisatorischen Rolle leicht lahmlegen kann.
Unter keinen Umständen sollte der AfD in einer künftigen
Koalitionsregierung zudem das Amt der Justizminister:in überlassen
werden. Denn obwohl die Justiz unabhängig ist, kann das Ministerium
organisatorisch, finanziell und über die IT-Strukturen in vielfacher Weise
Einfluss auf die Gerichte nehmen oder ihnen die Arbeit schwer machen.
## Sensibilisierung für Gefahren
Das von Anna-Mira Brandau und Friedrich Zillessen geführte „Justiz-Projekt“
arbeitet hier detailreich administrative Einflussmöglichkeiten heraus. Es
ist dabei eine Gratwanderung: Einerseits sollen die Szenarien so konkret
sein, dass sie Justiz-Insider für die Gefahren sensibilisieren können.
Andererseits will man der AfD aber auch keine Gebrauchsanleitung an die
Hand geben.
Die nun vorgestellte 339-seitige Publikation „Das Justiz-Projekt –
Verwundbarkeit und Resilienz der Dritten Gewalt“ ist kostenlos online
verfügbar. Das Anna-Mira Brandau und Friedrich Zillessen geführte
„Justiz-Projekt“ selbst ist [3][Nachfolger des „Thüringen-Projekts“, das
nur ein Bundesland betraf], dort aber neben der Justiz auch den Schutz
anderer Institutionen wie Landtag, Rundfunk und Sicherheitsbehörden in den
Blick nahm.
2 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://verfassungsblog.de/book/das-justiz-projekt-verwundbarkeit-und-resilienz-der-dritten-gewalt/
(DIR) [2] /Populismus-in-Ungarn/!5661325
(DIR) [3] /Verfassungsblog-gegen-die-AfD/!6002044
## AUTOREN
(DIR) Christian Rath
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