# taz.de -- Alte Gedichte des Kulturstaatsministers: Wolfram Weimers lyrisches Frühwerk
       
       > Bevor Kulturstaatsminister Weimer konservative Manifeste veröffentlichte,
       > dichtete er. Sein Lyrikband „Kopfpilz“ lässt tief blicken in studentische
       > Gefühlswelten.
       
 (IMG) Bild: Ein verkannter Novalis? Kulturstaatsminister Wolfram Weimer
       
       Wenn ein Autor verfügt, dass seine Textentwürfe nach dem Tod vernichtet
       gehören, sollte man diesem Wunsch in der Regel ebenso nachkommen, wie wenn
       ein anderer Autor Texte nur für den eigenen Gebrauch ausweist. Wenn es
       einem Ernst ist mit dem Persönlichkeitsrecht, dann beauftragt man im ersten
       Fall mit der Vollstreckung am besten nicht Max Brod, und im zweiten Fall
       hält man seine literarischen Ergüsse wohl schlichtweg unter Verschluss.
       „Für mich“ ist das lyrische Frühwerk des Kulturstaatsministers Wolfram
       Weimer zwar überschrieben, veröffentlicht hat der damals 21-jährige Student
       seine Verse aber dennoch, im Eigenverlag.
       
       Nicht ein, sondern drei Munch’sche Schreihälse zieren das Cover von Weimers
       Lyrikband „Kopfpilz“. Erhältlich ist das Buch nicht mehr, lediglich ein
       beendetes eBay-Angebot belegt, dass es einige wenige glückliche
       Besitzer:innen des Bändchens von 1986 geben dürfte.
       
       Dass man überhaupt weiß vom ersten Buch Weimers, dem über die Jahre Werke
       wie „Warum die Rückkehr der Religion gut ist“ oder das „Konservative
       Manifest“ folgten, ist Knut Cordsen zu verdanken. Der Autor und Journalist
       stellte „Kopfpilz“ schon im Mai dieses Jahres [1][auf seinen
       Social-Media-Kanälen vor.] Daraus zu zitieren, davon sah Cordsen jedoch
       leider ab und verwies auf Weimer selbst, der ihm mitgeteilt habe, diese
       Gedichte seien „definitiv nicht zur Veröffentlichung frei“.
       
       ## Kaum zu glaubender Zufallsfund
       
       Nachgeholt haben das nun jedoch die zwei Macher des [2][Podcasts „Bohniger
       Wachmacher“], Dax Werner und Moritz Hürtgen. Letzterer hat das Buch nach
       eigener Auskunft in einem Münchener Bücherschrank gefunden. Ohne Cordsen
       würde man den beiden Journalisten aus dem Titanic-Umfeld ihren Zufallsfund
       wohl auch kaum abnehmen, denn die vorgetragenen Verse Weimers sind
       inhaltlich ebenso haarsträubend wie stilistisch uneinheitlich.
       
       Wortakrobatisches trägt Werner vor, hier ein Auszug: „und schlingen unsere
       Leiber / schlemmen unsere Fleischer / erschlagen unsere Zeiter / und
       schlagen auf uns selber ein / zum Töten sind wir uns zu fein / verdampfter
       Lieberschleim“. Weimer, Schöpfer des sprechenden Kompositums „Hirnbusen“,
       schreibt nicht nur über Sexuelles, sondern auch zum Beispiel übers
       Fahrradfahren, doch sind jene Verse, die unter die Gürtellinie zielen,
       ungleich interessanter.
       
       Heute zitiert der Kulturstaatsminister [3][gern die blauen Blumen der
       Romantik,] doch sein Frühwerk erinnert eher noch an [4][Till Lindemann]
       denn an Novalis. „Unglück“ heißt ein weiteres Poem, und Hürtgen liest es im
       Podcast vor: „überwuchert mit Eiterbeueln / nötigt er die Schwangere / zum
       Fleischreiben / sein Pech / dass sein Schwanz platzt / ihr Pech / dass
       warmer Eiter ihren Unterleib / überflutet / und das Kind ersäuft“.
       
       Leicht macht es sich lustig über Pubertätspoesie eines Anfang-20-Jährigen,
       [5][der dieser Tage einen Medienskandal abzuwehren hat,] das ist gewiss.
       Wer im jugendlichen Alter über seinem Tagebuch nicht den Atem Goethes im
       Nacken verspürte, werfe den ersten Stein. Nur drucken und binden lassen
       muss die eigenen Ergüsse nun eben niemand.
       
       24 Nov 2025
       
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