# taz.de -- Schwacher Auftritt der EU in Belém: Mit schlechtem Beispiel voran
       
       > Die EU beschwert sich, zu wenig Unterstützung beim Klimaschutz zu haben.
       > Das ist fadenscheinig, wenn sie selbst keinen Ehrgeiz zeigt und knausert.
       
 (IMG) Bild: Indigene AktivistInnen protestieren auf dem UN-Klimagipfel
       
       Die UN-Klimakonferenz hätte nicht enttäuschend enden müssen. Es war zum
       Greifen nah, genug Schwung hinter Pläne für den fossilen Ausstieg und einen
       Entwaldungsstopp zu bringen: Dem gut informierten Christoph Bals von der
       Umweltorganisation Germanwatch zufolge waren es Singapur und Senegal, die
       sich in ihren wichtigen Länderallianzen querstellten und der Initiative den
       Wind aus den Segeln nahmen.
       
       Belém hätte ein historischer Gipfel werden können – wenn die EU nicht
       unglaubwürdig und ohne Geld im Gepäck angereist wäre.
       
       Zum Abschluss beschwerte sich Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD)
       über die mangelnde Unterstützung. „Ich hätte erwartet, dass von den am
       meisten vom Klimawandel betroffenen Staaten eine lautere Stimme zu hören
       ist“, sagte er.
       
       ## EU war schon vor der Konferenz unglaubwürdig
       
       Aber dass der EU die Sympathien nicht zufliegen, sollte niemanden
       überraschen. Sie hatte sich schon im Vorfeld des Gipfels als
       Klima-Vorreiter unglaubwürdig gemacht, weil das Klimaziel des Blocks viel
       zu spät verabschiedet und darüber hinaus [1][mit geschwächten
       Klimaschutz-Maßnahmen erkauft wurde].
       
       Schlimmer aber war etwas Anderes: Die EU konnte in Belém die Erzählung
       nicht entkräften, nur Ehrgeiz zu fordern, um die eigenen Geldversprechen
       herunterverhandeln zu können.
       
       Die verwundbarsten Länder sind mit dem Ziel auf den Gipfel gekommen, von
       den Industriestaaten bis 2030 jährlich 120 Milliarden US-Dollar für
       Anpassung zu bekommen. Die meisten Entwicklungsländer haben kaum zum
       Klimawandel beigetragen, aber werden immer härter getroffen. Jamaika hat
       seit Beginn der Industrialisierung 0,03 Prozent der weltweiten
       CO2-Emissionen ausgestoßen. Hurrikan Melissa, [2][der von der Erderhitzung
       angefeuert wurde], richtete allein dort Schäden an, die etwa der Hälfte des
       jährlichen Bruttoinlandsproduktes des Landes entsprechen.
       
       Von den geforderten 120 Milliarden US-Dollar wollten die EU-Staaten aber
       nichts wissen – sie kürzen gerade fröhlich auf Druck von rechts ihre
       Entwicklungsetats, um stattdessen in Waffen und Konzernprofite zu
       investieren. Die zynische Erzählung, Klimaschutz-Ambition als Faustpfand zu
       verwenden, muss dann gar nicht stimmen, um zu verfangen.
       
       Die EU und Schneider sollten sich nicht über mangelnde Unterstützung
       wundern, wenn sie mit leeren Taschen und geschwächten Klimaschutz-Maßnahmen
       in die Verhandlungen gehen.
       
       ## Schneider kann Erfolge vorweisen
       
       Schneider selbst hat sich in Belém aber gut geschlagen. Friedrich Merz'
       diplomatisches Herumgestümpere hat er bei jeder Gelegenheit mit
       Komplimenten und Bewunderung für die Stadt und ihre Bewohner*innen
       wettzumachen versucht. Er hat sich mit starken Worten – „wir müssen uns von
       den Fossilen befreien“ – hinter die Ausstiegsbewegung gestellt, ohne sich
       statt den Ländern des Globalen Südens in den Vordergrund zu stellen. Den
       Beschluss, einen Mechanismus für eine gerechte Energiewende zu schaffen,
       hat er mitverhandelt – Umweltschützer*innen gilt er als der vielleicht
       größte Erfolg der Konferenz.
       
       Nur ist diese positive Bilanz wenig wert, wenn Schneider zu Hause weiter
       ohnmächtig gegenüber der ideologisch-fossilen Agenda von Energieministerin
       Katherina Reiche auftritt. Klimaschutz wird längst nicht mehr auf Gipfeln,
       sondern zu Hause gemacht.
       
       Schneider und die EU können von der Konferenz lernen, dass es zahlreiche
       Verbündete auf dem Weg in Richtung einer klimaneutralen Wirtschaft gibt:
       die lateinamerikanischen Staaten, die [3][angeführt von Kolumbien] in Belém
       unheimliches Rückgrat gezeigt haben, aber auch kleine Inselstaaten und
       viele afrikanische Länder. Ihre Regierungen haben längst erkannt, dass im
       21. Jahrhundert Erneuerbare Energien Wohlstand, Sicherheit und Freiheit
       bringen.
       
       23 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Waack
       
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