# taz.de -- Brand auf UN-Klimakonferenz: Feuer gelöscht, Konfliktherde brodeln
> Ein Brand hat die UN-Klimakonferenz unterbrochen. Kurz vor dem Ende der
> Konferenz zeichnet sich ab, wie ein ehrgeiziger Kompromiss gelingen kann.
(IMG) Bild: Die Erde brennt: Aber hier erstmal nur ein Pavillon auf dem Klimagipfel in Brasilien
Als am Donnerstagnachmittag in einer Ecke der gigantischen Gipfel-Zeltstadt
ein Feuer ausbrach, warteten die Delegierten auf neue Verhandlungstexte.
Das eigentlich zentrale Thema der Konferenz – wie Anpassung an die
Erderhitzung beurteilt und finanziert werden soll – war im Laufe der
zweiten Woche für viele westliche Journalist*innen zweitrangig
geworden. Spätestens seit Mittwoch waren die Augen auf 82 Staaten
gerichtet, [1][die einen Plan für den Ausstieg aus den Fossilen fordern].
Der brasilianische Präsident Lula da Silva reiste am Mittwoch eigens an, um
dem Vorschlag noch mehr Gewicht zu verleihen – er war es, der die Idee mit
einer Eröffnungsrede in die Konferenzhallen gebracht hatte. Die
UN-Klimakonferenz wird aber voraussichtlich höchstens beschließen, einen
Plan zu erarbeiten und ihn zum Beispiel in zwei Jahren auf dem Klimagipfel
vorzustellen oder zu verabschieden. Ein fertiger Plan schon in diesem Jahr
steht nicht zur Debatte.
Natürlich wäre ein solcher Beschluss nicht genug, aber er wäre „die
Grundlage für die nächsten Kämpfe“, sagte Carla Reemtsma, Sprecherin von
Fridays For Future. Dass die Bundesregierung die Forderung unterstütze, sei
„genau richtig“. Nur: Die Bundesregierung sei in einem „Gas-Wahn“, wolle
Gaskraftwerke bauen, vor Borkum und in Bayern Gasbohrungen erlauben und das
Heizungsgesetz zurückdrehen.
„Das passt nicht zum grünen Image, das sie hier präsentiert“, sagte
Reemtsma. Tatsächlich sagte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD)
sogar: „Wir müssen uns von den fossilen Brennstoffen befreien.“ Das
Befreien „fängt zu Hause an“, sagte Reemtsma.
## Indien will sich nicht reinreden lassen
Zu den Unterstützer*innen des Plans zählen neben den meisten
EU-Staaten auch viele Staaten des Globalen Südens. „Die Energiewende ist
entscheidend dafür, die Temperatur wieder auf unter 1,5 Grad zu drücken“,
sagte Tina Steege, Klimabotschafterin der Marshallinseln, [2][die vom
steigenden Meeresspiegel in ihrer Existenz bedroht sind]. Während die
kleinen Inselstaaten geschlossen hinter dem Ausstiegsplan stehen, sind
neben den Öl- und Gas-Ländern wie Saudi-Arabien, Iran und Russland auch die
wichtigen Schwellenländer Indien, China und Indonesien noch nicht dabei.
„Paris funktioniert“, sagte Arunabha Ghosh, der zwischen der
Konferenzleitung und südasiatischen Ländern, darunter Indien, vermittelt.
Gemeint ist damit, dass das Vorgehen im Pariser Abkommen funktioniert,
jedes Land seine eigenen Ziele setzen zu lassen. Implizit heißt das auch:
Ein Ausstiegsplan würde in die nationale Souveränität eingreifen, und das
ist für Indien schwer zu schlucken. „Ohne vor 10 Jahren in Paris die
Richtung eingeschlagen zu haben, wären wir nicht, wo wir sind“, stellte
Ghosh klar.
Für eine Einigung müssen zwei andere Verhandlungsstränge zu einem
Kompromiss führen: [3][wie eine gerechte Wende hin zu einer klimaneutralen
Wirtschaft aussehen kann], und wie Anpassung an den Klimawandel bewertet
und finanziert werden kann.
„Für Millionen ist Klima-Anpassung der Unterschied zwischen, nach
Katastrophen wieder aufbauen zu können und hinweggeschwemmt zu werden“,
sagte UN-Generalsekretär António Guterres bei seiner Rede am Donnerstag.
„Und Regierungen müssen die Arbeiter und Gemeinschaften unterstützen, die
noch auf Kohle, Öl und Gas angewiesen sind.“
## Schneider geht einen Schritt auf Globalen Süden zu
Dieser Dreiteiler aus Ausstiegsplan, Anpassung und gerechter Wende könnte
genug Länder zufriedenstellen, um die Verweigerer zum Einlenken zu zwingen.
Gerade beim Thema Anpassung hapert es aber beim Geld: Die Industrieländer
hatten vergangenes Jahr versprochen, bis 2035 für Klimafinanzierung 300
Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen. 120 Milliarden US-Dollar
davon sollen für Anpassung fließen, fordert die Allianz der ärmsten
Staaten.
Aber die Industriestaaten wollen sich öffentlich nicht auf eine Zahl
festlegen. „Wir werden unseren Verpflichtungen vollständig nachkommen, auch
was Anpassung angeht“, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra nur. Auch
andere Industrieländer wie Japan wollen keine neuen Finanzversprechen
machen.
Bundesumweltminister Schneider ging einen Schritt auf die Staaten des
Globalen Südens zu und erklärte sich bereit, „Zahlungen für Anpassung zu
verstärken“ – aber dafür müssten sich auch „andere starke Länder
beteiligen“. Völkerrechtlich verpflichtet zur Klimafinanzierung ist nur
eine Gruppe von Industriestaaten, die in den 1990ern als solche galten.
Länder wie Saudi-Arabien, China oder Südkorea stehen nicht auf der Liste,
könnten aber natürlich auch Geld dazugeben.
Die Konferenzleitung hatte am Mittwochmorgen Entwürfe für die verschiedenen
Verhandlungsstränge hochgeladen. Darin waren bei strittigen Absätzen
Optionen aufgelistet; die Delegierten hatten nun Zeit, diese Optionen mit
der Konferenzleitung und einander zu verhandeln und zu verfeinern. Die
neuen Texte werden deutlich machen, wo Kompromisse möglich werden und wo
noch Streit herrscht.
Welchen Einfluss der Brand und die Evakuierung auf die Verhandlungen haben
werden, ist noch nicht abzusehen. Der betroffene Bereich bleibt abgesperrt,
kündigte die Konferenzleitung an. Nach dem Feuer rechnet jedenfalls niemand
mehr mit einer Klärung am Freitag, wahrscheinlicher ist ein Abschluss am
Sonntag. Lula ist da schon weg: Er muss zum G20-Treffen in Johannesburg.
Transparenzhinweis: Wir haben einen Fehler korrigiert, der den Eindruck
erweckte, die Bundesregierung wolle ein Gaskraftwerk in der Nordsee bauen.
So weit geht sie dann doch nicht.
21 Nov 2025
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