# taz.de -- Hamburgs CDU will Klima-Entscheid kippen: In AfD-Manier zurück in die Zukunft
       
       > Beim Volksentscheid hatte die Mehrheit in Hamburg für ein strengeres
       > Klimaschutzgesetz gestimmt. Schäbig ist, wie die CDU nun daran rütteln
       > will.
       
 (IMG) Bild: Will den Zukunftsentscheid wieder kassieren: Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering
       
       Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering war mal ambitionierter Fußballtorwart. Mit
       14 Jahren wechselte er sogar in die Jugendabteilung des Hamburger SV,
       [1][nur eine Knieverletzung durchkreuzte die Hoffnung auf eine
       Profikarriere.] Wie man mit Niederlagen sportlich umgeht, müsste er da
       eigentlich gelernt haben.
       
       Allein: Seine am Dienstag erhobene Forderung, die Bürgerschaft solle das
       durch einen Volksentscheid beschlossene strengere Hamburger
       Klimaschutzgesetz wieder kippen, zeugt ganz vom Gegenteil. Viel eher wirft
       Thering, mit teils faktenfreien Argumenten und in der Möchtegern-Pose eines
       heldenhaften Widerständlers, demokratischen Anstand über Bord.
       
       Eine klare Mehrheit hatte der „Hamburger Zukunftsentscheid“ am 12. Oktober
       hinter sich versammelt: 304.063 wahlberechtigte Hamburger:innen
       stimmten für das vorgelegte „Klimaschutzverbesserungsgesetz“, [2][mit dem
       Hamburg bereits 2040 die Klimaneutralität erreicht haben soll.] Zentraler
       Bestandteil der Vorlage war auch, dass alle Maßnahmen, die der Hamburger
       Senat dafür erlässt, so ausgestaltet sein sollen, dass sie keine
       übermäßigen Härten für Arme und Geringverdienende bedeuten.
       
       Für Kritik an dem Vorhaben gab es gute Gründe – und sie wurde auch von der
       CDU, von der Immobilienlobby, von Teilen der SPD, sogar von manchen Grünen
       geäußert. Ob das nicht zu teuer wird, ob das wirklich zu halten ist mit der
       Sozialverträglichkeit, dass die Wirtschaft leiden wird, und, und, und. Das
       alles wurde im Vorfeld umfassend diskutiert, beide Seiten hatten letztlich
       mehr als eineinhalb Jahre lang – also seit sich die Volksinitiative
       gegründet hatte – ausreichend Gelegenheiten, für ihre Argumente zu werben.
       Fakt ist: Lediglich 276.999 Hamburger:innen standen am 12. Oktober
       hinter Therings Kritik.
       
       ## Attacke in AfD-Manier
       
       Statt die Niederlage anzuerkennen – Mund abputzen und weiter geht’s –
       bringt Thering nun aber ins Spiel, dass es ja völlig legal sei, ein vom
       Volk erlassenes Gesetz ein paar Tage später wieder zu kassieren. Das ganze
       betitelt die CDU [3][auch noch als „Hamburger Zukunftsgesetz“:] Das beim
       Volksentscheid beschlossene Klimaschutzverbesserungsgesetz soll aufgehoben
       und das olle Klimaschutzgesetz von 2020 wieder in Kraft gesetzt werden.
       
       Faktenfrei begründet Thering, dass das 2040-Ziel ja unmöglich zu erreichen
       wäre und selbst die Klimaneutralität bis 2045 von Faktoren abhinge, „die
       Hamburg gar nicht selbst steuern kann, etwa der bundesweiten
       Dekarbonisierung des Strommixes“. Fakt ist: Genau diese Faktoren, die
       Hamburg nicht allein beeinflussen kann, sind nicht Teil der Verpflichtung,
       bis 2040 klimaneutral zu sein.
       
       Geschenkt! Er könne es mit seinem Gewissen halt nicht vereinbaren, „in dem
       Wissen um den schweren Schaden für unsere Stadt jetzt tatenlos zuzusehen“.
       Drum mögen doch bitte, frei vom Fraktionszwang, auch die restlichen
       Abgeordneten mit seinem Vorschlag stimmen. An wen das gerichtet ist, ist
       durchschaubar: Vor allem Sozialdemokrat:innen sind nicht glücklich,
       dass die Klimaaktivist:innen gewonnen haben.
       
       [4][Hamburgs dauerregierende SPD] mit allerlei parlamentarischen Tricks zu
       ärgern, ist natürlich völlig legitim, wenn nicht sogar ständige Pflicht. In
       AfD-Manier aber den demokratischen Prozess zu attackieren, ist schäbig –
       insbesondere im Hinblick darauf, dass auch die AfD-Fraktion kommende Woche
       einen im Ergebnis identischen Antrag ins Parlament einbringen will.
       
       Dabei wäre das ja gar nicht nötig: Gerade die CDU konnte im Wahlkampf als
       einzige Partei glaubhaft vertreten, warum sie den Zukunftsentscheid ablehnt
       – und sich damit im eigenen Wähler:innenmilieu bestens präsentieren.
       Das macht der überambitionierte Ex-Kicker Thering nun ohne jede Not wieder
       kaputt. Mit anständigem Konservatismus hat das jedenfalls nichts zu tun.
       
       18 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bild.de/regional/hamburg/cdu/verkehrsexperte-dennis-thering-52905936.bild.html
 (DIR) [2] /Volksentscheid-in-Hamburg/!6116890
 (DIR) [3] /Schaerferes-Klimaschutzgesetz-kommt/!6116479
 (DIR) [4] /Doku-ueber-Hamburgs-SPD-Basis/!6121445
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hamburg
 (DIR) CDU Hamburg
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Direkte Demokratie
 (DIR) Demokratie
 (DIR) SPD Hamburg
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Klima
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Volksentscheid in Hamburg: Klimaneutralität schon ab 2040
       
       Die Initiative Zukunftsentscheid hat sich gegen den Widerstand fast aller
       Parteien und vieler Verbände durchgesetzt. Kritiker fürchten die Kosten.
       
 (DIR) Erfolgreicher Klima-Volksentscheid: Votum als Chance
       
       Ja, der erfolgreiche Hamburger Volksentscheid wird zu Verteilungskonflikten
       führen. Aber er ist zugleich ein wichtiges Aufbruchssignal.
       
 (DIR) Schärferes Klimaschutzgesetz kommt: Hamburg wählt die Zukunft
       
       Die mit dem Volksentscheid für ein schärferes Klimaschutzgesetz
       beschlossenen Änderungen müssen binnen eines Monats in Kraft treten. Eine
       große Aufgabe.