# taz.de -- Protest gegen Gewalt im Westjordanland: „Wir lassen uns nicht abschrecken“
> Aktivisten aus Israel wollten palästinensische Bauern vor Angriffen
> schützen. Am Checkpoint werden sie aufgehalten – und protestieren einfach
> dort.
(IMG) Bild: Israelische Aktivistinnen protestieren am Checkpoint nahe der Siedlung Ariel gegen die eskalierende Gewalt radikaler Siedler
taz | „Ja zum Frieden, nein zur Besatzung“, ruft eine junge Frau in ihr
Megafon. „Wir stehen zusammen“, steht in Arabisch und Hebräisch auf ihrem
lila T-Shirt. „Wir lassen die Extremisten nicht die Ernte stoppen“,
skandiert sie. Die Menschenmenge um sie stimmt in die Rufe ein. Rund 300
Menschen stehen an diesem Freitagmorgen an einem der Checkpoints, die von
Israel ins besetzte Westjordanland führen. Sie demonstrieren gegen die
eskalierende Gewalt radikaler Siedler.
Es sind junge Menschen und alte, Männer und Frauen, säkulare und religiöse.
Viele tragen T-Shirts zivilgesellschaftlicher Friedensorganisationen, von
Peace Now, Rabbis for Human Rights oder Standing Together.
Der Protest ist eine Alternative, die Grenzpolizei kam ihrem ursprünglichen
Plan in die Quere: Eigentlich wollten die Aktivisten ein Zeichen der
Solidarität setzen [1][und palästinensische Olivenbauern bei der Ernte
unterstützen]. Dort war es in den vergangenen Wochen immer wieder zu
gewalttätigen Übergriffen israelischer Siedler gekommen.
Doch die sieben Busse aus allen Teilen des Landes durften den Checkpoint
nahe der [2][Siedlung Ariel] in die besetzten Gebiete nicht passieren. Das
israelische Militär hatte kurz zuvor die Gegend um Burin, wohin die
Aktivisten fahren wollten, einfach zur geschlossenen Militärzone erklärt:
Als Folge der jüngsten Vorfälle von Gewalt durch Siedler sei der Zugang zur
Olivenernte auf Landbesitzer und Einwohner begrenzt.
## „Nichts hält uns davon ab, unsere Solidarität zu zeigen“
Seit Jahren attackieren radikale Siedler die Erntenden und ihre
Olivenhaine, in den vergangenen Wochen aber hat die Gewalt einen neuen
Höhepunkt erreicht. Der Vereinten Nationen zufolge gab es allein im Oktober
264 gewaltsame Vorfälle – durchschnittlich acht am Tag. In dieser Woche
hatten Angreifer in einem Industriegebiet Gebäude in Brand gesetzt und
dabei auch das israelische Militär attackiert. Am Donnerstag zündeten sie
eine zwischen den Dörfern Deir Istiya und Qal Hars gelegene [3][Moschee]
an. Zuletzt waren auch immer wieder aus Israel angereiste Aktivisten
verletzt worden, teils schwer.
Die Hoffnung der Aktivisten am Freitag: In einer so großen Gruppe würden
die Siedler vor Gewalt zurückschrecken. Etwa 300 bis 400 Menschen wollten
ihre Solidarität zeigen, aus Tel Aviv, Jerusalem, Haifa, Beer Scheva und
anderen Orten. Doch dazu kam es nicht. Stattdessen musste die Gruppe sich
mit einer Demo vor dem Checkpoint zufriedengeben.
„Erst vor ein paar Wochen haben Siedler unseren Freund [4][Odeh Hatalin]
erschossen“, sagt Yael Agmon, die Frau mit dem Megafon, der taz. Hatalin
hatte an dem mit einem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilms „No Other
Land“ mitgewirkt, der Fall hatte international für Entsetzen gesorgt. „Wir
lassen uns nicht abschrecken, nichts hält uns davon ab, unsere Solidarität
zu zeigen“, sagt Agmon. Die 27-Jährige gehört zu [5][Standing Together,
einer Graswurzelbewegung von Juden und Palästinensern in Israel].
Auch das israelische Militär hatte am Donnerstag die Attacken der
vergangenen Wochen kritisiert. Es habe zuletzt einen „starken und
signifikanten Anstieg der Anzahl und Schwere nationalistischer Gewalttaten“
im Westjordanland gegeben, sagte Oberst Ariel Gonen, Kommandeur der
Regionalbrigade Samaria. Die Gewalt gehe von „einer Randgruppe von
Kriminellen und Anarchisten“ aus, die das „Gesetz in die eigene Hand
nehme“.
## Die Polizei und die Siedlergewalt
Eine Darstellung, der die Aktivisten widersprechen. [6][„Die Gewalttäter im
Westjordanland sind keine kleine Gruppe, sie verwirklichen die Pläne der
Regierung“], ruft Gilad Kariv ins Megafon. Der 51-Jährige sitzt für die
Demokraten-Partei in der Knesset, dem israelischen Parlament. Die Polizei
habe die Aktivisten gestoppt, ohne die dafür notwendigen Dokumente
vorzulegen. Auch würden keineswegs alle Fahrzeuge kontrolliert, sondern
lediglich die Busse der Gruppe.
„Wir erleben wieder einmal die politische Übernahme der israelischen
Polizei [7][durch Ben-Gvir] und seine Leute“, so Kariv mit Blick auf den
israelischen Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir. „Die Busse
auf dem Weg zur Ernte anzuhalten erfolgte willkürlich und mit dem klaren
Ziel, legitime politische Aktionen zu verhindern.“ Gleichzeitig missachte
die Polizei die Gewalt der „extremistischen Siedler, die jeden Tag
nationalistische Straftaten überall in den Gebieten verüben“.
14 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Dinah Riese
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