# taz.de -- Versuch zur Verkehrswende in Bremen: Noch keine Fahrt in lichte Zukunft
       
       > Eine Nahverkehrsabgabe von 19 Euro im Monat haben auf ihrem Parteitag die
       > Grünen in Bremen vorgeschlagen. CDU und FDP finden das total daneben.
       
 (IMG) Bild: Bremer Straßenbahn unterwegs an einem trüben Tag
       
       In unruhigen Zeiten gibt es kaum Schöneres als verlässliche Reaktionen von
       Politiker:innen auf Neues, Unerhörtes. So geschehen diese Woche in
       Bremen. Da schlägt der Parteitag der Grünen [1][eine Nahverkehrsabgabe] von
       monatlich 19 Euro für alle vor, die es sich leisten können. So im Sinne der
       Mobilitätswende. Von wegen Klimaschutz, Wetterextreme, Meeresspiegel,
       Lebensgrundlage. Das Ganze ist nur ein Vorschlag, der in dieser Legislatur
       garantiert nicht umgesetzt wird. Die kleine Koalitionspartnerin, die Linke,
       hat zwar applaudiert, aber die große, die SPD, ohne die in Bremen nichts
       geht, hat abgewunken. Man könnte ja Wähler:innen verärgern.
       
       Die Opposition ist dennoch auf Zinne. Geben Sie einem KI-Tool die
       Stichworte „Bürger“, „Ideologie“, „Grüne“ und „Steuerzahler“ vor und es
       wird das ausspucken, was die Bremer FDP gegiftet hat. Die CDU hat
       zurückhaltender formuliert, aber auch sie warnt vor gierigen Grünen, die
       „ins Portemonnaie der Bürger:innen greifen“, um allen einen guten
       öffentlichen Nahverkehr zu bescheren. Und das Geld auch von denen will, die
       lieber Auto fahren.
       
       Was CDU und FDP nicht sagen: wie viel umgekehrt Nichtautofahrer:innen
       für den Autoverkehr bezahlen, nicht nur mit Gesundheit und Leben.
       
       Der [2][Verkehrsclub Deutschland (VCD)] hat die externen Kosten des
       Straßenverkehrs im Vergleich zu Schiene, Luft und Binnengewässern
       ausrechnen lassen. Also nicht nur die für Bau und Unterhalt von Straßen,
       Parkplätzen, Straßenreinigung, -beleuchtung, und -entwässerung. Sondern
       auch die für Unfälle sowie Folgeschäden für Umwelt und Klima, die von der
       Allgemeinheit getragen werden. Von 149 Milliarden Euro entfielen im Jahr
       2017 dabei 94,5 Prozent auf den Straßenverkehr. 61 Milliarden Euro jährlich
       sollen alleine die mit Autos und Motorrädern verursachten Unfälle kosten.
       
       ## Gar kein Kulturkampf
       
       Aber die Bremer Grünen wollten gar keinen Kulturkampf anzetteln, sondern
       eigentlich nur daran erinnern, dass Bremen sich der [3][Klimaneutralität
       bis 2038] verpflichtet hat, ein Beschluss, den alle Parlamentsfraktionen
       mitgetragen haben, auch die CDU, die den rot-rot-grünen Bremer Senat damit
       regelmäßig in die Pflicht nimmt. „Aber irgendwie muss man da ja auch
       hinkommen“, sagt Josephine Assmus, eine der beiden
       Landesvorstandssprecher:innen der Grünen. Eine Stellschraube sei ein
       attraktiver, sozial gerechter öffentlicher Nahverkehr, wie er auch im
       Koalitionsvertrag versprochen werde – hier brauche es konkrete Vorschläge.
       „Dieses Ziel mit Haushaltsmitteln erreichen zu können, ist realitätsfern“,
       sagt sie.
       
       Nun fehlt das Geld aber auch anderswo – andernfalls käme man ja längst
       überall mit Bus und Bahn hin: verlässlich und günstig. Das gilt selbst für
       das verhältnismäßig reiche Baden-Württemberg. Dort ist dieses Jahr das
       erste Mobilitätsgesetz in Kraft getreten, das auch eine Nahverkehrsabgabe
       beinhaltet. Allerdings hat sich die CDU gegen die Pläne des grünen
       Koalitionspartners gesperrt, sodass es nun den Kommunen überlassen ist, ob
       sie eine solche einführen oder nicht. Etwas Ähnliches steht im
       schwarz-grünen [4][Koalitionsvertrag von Nordrhein-Westfalen].
       
       Im Ländle kann es noch dauern, bis die erste Kommune die Nahverkehrsabgabe
       verlangt. Freiburg werde den sogenannten Mobilitätspass trotz grüner
       Ratsmehrheit nicht einführen, teilt ein Sprecher der Stadt mit. Nur eine
       arbeitgeberfinanzierte Nahverkehrsabgabe wäre mehrheitsfähig gewesen, aber
       die sehe das Mobilitätsgesetz nicht vor – die CDU im Landtag war dagegen.
       
       In Karlsruhe hingegen hat der Rat vor vier Wochen [5][mit knapper Mehrheit
       beschlossen], einen entsprechenden Förderantrag beim Land zu stellen. Und
       jetzt raten Sie mal, was CDU und FDP dazu sagen.
       
       21 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Finanzierung-des-OePNV/!5816466
 (DIR) [2] https://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Redaktion/Themen/Verkehrswende_sozial/FactSheet_Was_kostet_uns_der_Verkehr.pdf
 (DIR) [3] /Ziel-der-Klimaneutralitaet/!6116480
 (DIR) [4] https://www.cdu-nrw.de/sites/www.neu.cdu-nrw.de/files/zukunftsvertrag_cdu-grune.pdf
 (DIR) [5] https://sitzungskalender.karlsruhe.de/db/ratsinformation/termin-10054
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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