# taz.de -- Schleswig-Holstein baut Überwachung aus: Innere Sicherheit Marke Eigenbau
       
       > Die Polizei soll neue Instrumente wie KI-gestützte Kameraerkennung und
       > Präventivhaft bekommen. Auf Software aus den USA will das Land
       > verzichten.
       
 (IMG) Bild: Könnten bald am Gang erkennbar sein: Besucher:innen der Kieler Woche
       
       Kiel taz | Software-gestützte Überwachung im öffentlichen Raum, neue Regeln
       für Präventiv-Gewahrsam: Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung aus
       CDU und Grünen will der Polizei weiter reichende Instrumente an die Hand
       geben. Einen ersten Gesetzesentwurf stellte Innenministerin Sabine
       Sütterlin-Waack (CDU) am Freitag in Kiel vor.
       
       Es geht um moderne Technik und Datenverarbeitung im großen Stil. Den
       Einsatz der US-Software „Palantir“ schließt die Ministerin aber aus –
       anders als ihr Parteifreund und Amtskollege auf Bundesebene, [1][Alexander
       Dobrindt (CSU), der diese Option zurzeit prüfen lässt].
       
       [2][Aggressives Verhalten erkennen], bevor etwas passiert, oder durch den
       Abgleich von Fotos mutmaßlich gefährliche Personen schneller identifizieren
       – mit KI-Verfahren können Kameras aufgerüstet werden, um diese Aufgaben zu
       erledigen. Solche Verfahren könnten an Bahnhöfen oder bei
       Großveranstaltungen eingesetzt werden, also an Orten, an denen bereits
       heute eine Überwachung stattfindet. Die neue Technik soll „Muster erkennen
       und Alarm schlagen“, etwa wenn eine Person sich ungewöhnlich verhält, so
       schilderten es Sütterlin-Waack und die Fachleute ihres Ministeriums.
       
       Welche Software genau eingesetzt wird, steht noch nicht fest. Aber es werde
       ein deutsches oder europäisches System sein, auf keinen Fall Palantir. „Wir
       halten es für richtig, uns unabhängig von US-Systemen zu machen“, sagte
       Sütterlin-Waack. Zur Haltung des Bundesministers Dobrindt sagte sie:
       „Selbstverständlich entscheidet er das, aber wir haben unsere Bedenken
       geäußert.“
       
       ## Land stellt auf Open-Source-Software um
       
       Schleswig-Holstein sieht sich als Vorreiter bei der Digitalisierung. Teil
       der [3][Digitalstrategie] ist das Ziel, die Software von Großkonzernen von
       den Landesrechnern zu verbannen. Damit geht das Land einen Sonderweg.
       
       In den vergangenen Wochen hatte die Umstellung von Microsoft auf
       Open-Source-Software allerdings zu Problemen und Kritik bei der Polizei und
       im Justizwesen geführt: Die Übertragung von Mail-Postfächern hatte nicht
       überall reibungslos geklappt, unter anderem Richter:innen schlugen
       Alarm, weil sie an Fallakten nicht mehr herankamen.
       
       Bei der Pressekonferenz am Freitag gab sich Sütterlin-Waack gelassen: „Das
       operative Geschäft ruckelt eben ein bisschen“, dennoch sei die Umstellung
       auf Open-Source-Software der richtige Weg.
       
       Der Gesetzesentwurf zu den neuen polizeilichen Instrumenten enthält noch
       keine technischen Details zur künftigen Überwachungssoftware. Geregelt wird
       dafür der Präventiv-Gewahrsam für als potenziell gefährlich eingestufte
       Personen.
       
       ## FDP kritisiert Eingriff in Grundrechte
       
       In einigen Bundesländern, etwa Berlin und Bayern, wurde die
       [4][Präventivhaft teilweise gegen Klimaaktivist:innen], etwa der
       Letzten Generation, verhängt. In Schleswig-Holstein sei das nicht der Fall,
       betonte Sütterlin-Waack: „Es geht um potenzielle Straftaten gegen Leib und
       Leben, nicht um mögliche Sachbeschädigung, so sehr ich auch diese ablehne.“
       
       Das Gesetz hat die erste Lesung im Kabinett hinter sich und wird im Herbst
       vom Landtag beraten. Jan Kürschner, innenpolitischer Sprecher der Grünen im
       Landtag, nannte die automatisierte Datenanalyse sinnvoll und lobte das
       klare Nein zur Palantir-Software. Wichtig sei aber vor allem, dass es mehr
       präventive Hilfen und Angebote gebe, um Straftaten im Vorfeld zu
       verhindern. Um deren Wirkung zu prüfen, plane die Koalition eine
       Sonderauswertung der Kriminalstatistik, so Kürschner weiter.
       
       Die oppositionelle FDP dagegen sieht den Gesetzesentwurf kritisch:
       „Zahlreiche der Maßnahmen greifen massiv in Grundrechte ein“, sagte der
       innenpolitische Sprecher Bernd Buchholz. „Ich erwarte, dass die
       Landesregierung hier mit der nötigen Grundrechtssensibilität vorgeht.“
       
       In Kraft treten soll das Gesetz im kommenden Jahr, vermutlich im
       Frühsommer.
       
       Anm. d. Red.: Der Grüne Jan Kürschner wollte kein generelles Lob für das
       Gesetz aussprechen, sondern nur einzelne Maßnahmen hervorheben, die aus
       seiner Sicht sinnvoll seien. Wir haben eine entsprechende Formulierung aus
       einer früheren Version des Textes entfernt, um kein Missverständnis
       entstehen zu lassen.
       
       19 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Dobrindts-Flirt-mit-Palantir/!6104150
 (DIR) [2] /Kuenstliche-Intelligenz-im-Einsatz/!6099559
 (DIR) [3] https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/themen/digitalisierung/digitalisierung-zukunftsthema/Digitale-Verwaltung/digitalstrategie
 (DIR) [4] /Praeventivgewahrsam-fuer-Klimaaktivisten/!5892173
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Polizei Schleswig-Holstein
 (DIR) Grüne Schleswig-Holstein
 (DIR) CDU Schleswig-Holstein
 (DIR) Schleswig-Holstein
 (DIR) Innere Sicherheit
 (DIR) Präventivhaft
 (DIR) Palantir
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) CDU Schleswig-Holstein
 (DIR) Kriminalstatistik
 (DIR) Cybersicherheit
 (DIR) Palantir
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Trump
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kabinettsumbildung in Kiel: Agrar bleibt schwarz, aber in moderner
       
       Nachwuchspolitikerin Cornelia Schmachtenberg löst Schleswig-Holsteins
       Landwirtschaftsminister Schwarz ab.
       
 (DIR) Nationalitäten-Nennung bei Straftaten: Statistische Hetze
       
       Hamburgs CDU fordert, bei Straftaten alle Nationalitäten aller Beteiligten
       zu nennen. Das normalisiert Rassismus unterm Deckmantel der Objektivität.
       
 (DIR) Auslaufende Updates für Windows 10: Wenn der Computer angreifbar wird
       
       Der Countdown läuft: Im Oktober stoppt Microsoft die Updates für das weit
       verbreitete Windows 10. Welche Möglichkeiten Nutzer:innen nun haben.
       
 (DIR) Polizei in Hamburg: Wenn die KI eine Umarmung als Schlägerei deutet
       
       Die Polizei Hamburg will Videoüberwachung mit Künstlicher Intelligenz
       aufrüsten. Die Technik ist umstritten – nicht nur aus Datenschutzgründen.
       
 (DIR) Dobrindts Flirt mit Palantir: Eine Software für den autoritären Umbau
       
       Innenminister Alexander Dobrindt überlegt, die US-Software Palantir in
       Deutschland einzusetzen. Das ist ein Überwachungstool rechter
       Tech-Oligarchen.
       
 (DIR) Verfassungsbeschwerde gegen Palantir: Klage gegen umstrittene US-Überwachungssoftware in Bayern
       
       Die Gesellschaft für Freiheitsrechte klagt gegen die KI-gestützte Software
       des Antidemokraten Peter Thiel. Sie spioniere auch Unverdächtige aus.