# taz.de -- Michel Abdollahi über den Rechtsruck: „Die demokratischen Parteien haben ihr Profil aufgegeben“
       
       > NDR-Moderator Michel Abdollahi will Deutschland den Rechten streitig
       > machen. Sein neues Buch „Es ist unser Land“ kämpft für Demokratie und
       > Vielfalt.
       
 (IMG) Bild: Rechtsextremismus im Bundestag: AfD-Chefin Alice Weidel bei der Generaldebatte zum Haushalt am 9. Juli 2025
       
       taz: Herr Abdollahi, was wollen Sie im Titel Ihres Buches mit „Unser Land“
       ausdrücken? 
       
       Abdollahi: Das ist ein ganz besonderes Framing der Rechten. Die bestimmen
       gerne, was ihnen gehört und anderen nicht gehören darf. Dem wollte ich
       einen Riegel vorschieben und deutlich machen, dass Deutschland den
       Demokraten gehört.
       
       taz: Also sind die das „Wir“? 
       
       Abdollahi: Mit „Wir“ sind die Menschen gemeint, die an ein Gelingen dieses
       Landes glauben. An die demokratische Grundordnung, Diversität, Vielfalt und
       ein friedliches Deutschland, in dem alle zusammen leben möchten.
       
       taz: Was hat sich seit Ihrem Buch „Deutschland schafft mich“ verändert? 
       
       Abdollahi: Alles. Was wir früher schrittweise Untergrabung der Demokratie
       genannt haben, ist mittlerweile eine deutlich nach rechts gezogene
       Grundordnung. Die demokratischen Parteien haben komplett [1][ihr Profil
       aufgegeben] und sind auf Stimmenjagd, indem sie versuchen, es der [2][AfD
       nachzumachen] und auch immer radikalere Position einzunehmen.
       Demokratieförderprogramme werden abgesagt und wir reden plötzlich über
       Wehrpflicht und Milliardenpakete zur Rettung der Bundeswehr.
       
       taz: Sind Sie von den Deutschen enttäuscht? 
       
       Abdollahi: Nein, dafür hätte ich ja Erwartungen haben müssen. Aber es ist
       frustrierend, dass die Leute so müde sind, für ihre Werte und ihre Zukunft
       zu kämpfen. Wir sehen immer weniger [3][Demonstrationen], weniger
       gesellschaftliche Bewegungen, weniger [4][vernünftige Stimmen im
       öffentlichen Diskurs].
       
       taz: Warum schafft die AfD es besser als andere, Anhänger:innen zu
       bekommen? 
       
       Abdollahi: Weil sie Dinge vereinfachen. Den Menschen geht es immer um ihr
       Gefühl, weniger um Inhalte. Die rechten Parteien spielen mit Gefühlen. Ich
       frage mich, warum sich die demokratischen Parteien nicht ernsthaft mit den
       Menschen auseinandersetzen. Die rechten Parteien haben es dadurch sehr
       einfach. Sie gucken sich an, was die anderen falsch machen, und dann sagen
       sie, sie machen es besser.
       
       taz: Welche Rolle spielen die Medien dabei? 
       
       Abdollahi: Die Medien haben es im Laufe der letzten Jahre vergeigt. Es
       wurden bescheuerte Überschriften gewählt und furchtbare Cover benutzt. Das
       wichtigste war Geld und Aufmerksamkeit. Die Rechten wurden eingeladen, als
       wären das ganz normale Menschen, die am gesellschaftlichen Diskurs
       teilnehmen möchten. Ihnen überall Plattformen zu geben, war nicht das
       Richtige. Die taz hat da nicht mitgemacht, dass möchte ich herausheben.
       
       taz: Was hätte es gebraucht? 
       
       Abdollahi: Ich hätte mir gewünscht, dass sich Medienhäuser zusammentun und
       einen gemeinsamen Plan entwickeln, um gegen die Gefahr anzukommen.
       
       taz: Ist das Grundproblem Rassismus? 
       
       Abdollahi: Ja, da hat sich leider überhaupt gar nichts verändert und wir
       können auch nichts dagegen tun. Man muss akzeptieren, dass es in jeder
       Gesellschaft Ablehnung gegen Menschen gibt, die anders aussehen oder
       anderer Herkunft sind. Aber es muss Stellen geben, an die man sich wenden
       kann, bei denen man wirklich Gehör findet, wenn einem so was passiert. Und
       es muss am Ende auch Konsequenzen geben.
       
       taz: Was sagt die spaltende Debatte in Deutschland über unsere Gesellschaft
       aus? 
       
       Abdollahi: Dass wir ganz normale Menschen sind. Wir sind gar nicht die ganz
       große, grandiose Gesellschaft. Uns fehlt es nach wie vor an Bildung. Wir
       sind nach wie vor sehr bequem. Wir glauben gern das Einfachste.
       
       taz: Wie kann denn nun verhindert werden, dass die Rechten das Land
       übernehmen? 
       
       Abdollahi: Wir müssen für die Demokratie kämpfen, jeden Tag. Sie ist nicht
       selbstverständlich. Wenn ich demonstrieren kann, muss ich es machen. Wenn
       ich mich beschweren kann, muss ich mich beschweren. Wenn ich Nein sagen
       kann, muss ich Nein sagen. Ich muss wählen gehen. Ich muss. Ich darf mich
       keine Sekunde ausruhen. Müßiggang und Demokratie gehen nicht zusammen. Wenn
       wir in Ruhe gelassen werden wollen, dann haben wir Deutschland den Rechten
       überlassen.
       
       3 Sep 2025
       
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