# taz.de -- Fragwürdige politische Sprache: Simulation von Tatendrang
       
       > Herbst der Reformen? Klingt gut. Doch nachhaltige Anpassungen der
       > Sozialsysteme sind ein bisschen zeitaufwändiger als Laubfegen.
       
 (IMG) Bild: Eine Anpassung der Sozialversicherungssysteme ist keine jahreszeitlich zu bewältigende Aufgabe wie Laubfegen
       
       Es klingt nach Tatendrang, Veränderungswillen, sorgfältig geplanter
       Umformung des Bestehenden zum Besseren, und zwar in einem zeitlich klar
       umrissenen Rahmen: Die CDU [1][hat den Slogan vom „Herbst der Reformen“]
       gesetzt. Und die meisten Medien, auch die taz, haben dieses politisch
       motivierte Zitat übernommen. Das wäre ja noch verschmerzbar, wenn der
       Slogan durch Tatsachen gedeckt wäre. Aber ganz klar: Das ist er nicht –
       dieser Herbst wird kein „Herbst der Reformen“. [2][Wir könnten uns den
       Sozialstaat jetzt so nicht mehr leisten], behauptet Bundeskanzler Friedrich
       Merz und suggeriert zugleich mit seinem Erneuerungsslogan: Im Winter muss
       dann ganz viel schon viel besser sein.
       
       Wir reden von großen Baustellen in der Kranken-, Renten- und
       Pflegeversicherung, in kleinerem Umfang auch bei Bürgergeld,
       Grundsicherung, Hilfen für Familien, Wohnkosten. Wir reden über die Frage,
       wer die Kosten für die öffentliche Daseinsvorsorge tragen soll, bei wem
       gespart wird und bei wem eben nicht. Für die Reform der
       Sozialversicherungen soll es Kommissionen geben, die Vorschläge erarbeiten.
       Zum Teil sind sie schon eingesetzt; erste Ergebnisse sollen bis Jahresende
       vorliegen – was eindeutig nicht mehr Herbst ist, und auch dann ist der Weg
       noch weit von Eckpunkten zu gesetzlich verankerten Reformen.
       
       Was bisher tatsächlich und konkret für den Herbst in Sachen Reform des
       Sozialstaats zu erwarten ist, sind vor allem ein paar im Effekt fragwürdige
       Verschärfungen beim Bürgergeld und eine gewisse Aufweichung der in der
       vergangenen Legislaturperiode verabschiedeten Krankenhausreform. Dazu wird
       es tagende Kommissionen und jede Menge Diskussionen geben. Eine kluge
       Anpassung der Sozialversicherungssysteme an aktuelle und kommende
       Herausforderungen wird sicher keine jahreszeitlich zu bewältigende Aufgabe
       wie Laubfegen sein.
       
       Es sollte einer Regierung auf die Füße fallen, wenn sie mit Slogans
       Erwartungen weckt, die sie nicht erfüllen kann. Wenn Medien diese Slogans
       übernehmen, dann darf der Unmut über Unerfülltes aber auch auf sie
       zurückfallen.
       
       28 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.cdu.de/aktuelles/cdu-deutschlands/cdu-plant-herbst-der-reformen/
 (DIR) [2] /Debatte-um-soziale-Kuerzungen/!6109535
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Sozialstaatsreform
 (DIR) Sozialstaat
 (DIR) Agenda 2010
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Krankenhausreform
 (DIR) Bundesregierung
 (DIR) Friedrich Merz
 (DIR) Sozialstaatsreform
 (DIR) Podcast „Bundestalk“
 (DIR) Rente
 (DIR) Asyl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Das Ende des Klinik-Atlas: Weniger Wissen für Patient*innen, mehr Macht für Lobbys
       
       Vom Stopp des Klinik-Atlas profitieren nur die Lobbys. Transparente Infos
       über Krankenhäuser bleiben Betroffenen damit vorenthalten – ein No-Go.
       
 (DIR) Herbst der Reformen: Wenn jemand immer wieder Nein sagt
       
       Die Bundesregierung plant einen Herbst der Reformen – und eine neue Härte
       beim Bürgergeld. Dabei steht eine Figur im Mittelpunkt, die es kaum gibt.
       
 (DIR) Wieder Nullrunde beim Bürgergeld: Und die SPD knickt wieder ein
       
       Trotz gestiegener Lebenshaltungskosten steigt das Bürgergeld wieder nicht.
       Zur Legitimation schiebt die Koalition Quatsch-Argumente vor.
       
 (DIR) Nullrunde beim Bürgergeld: Sozialverbände kritisieren mehr Not und Ausgrenzung
       
       Die Koalition will den Sozialstaat „reformieren“. Der Kanzler tönt von
       tiefen Einschnitten. Beim Bürgergeld ist eine Nullrunde in Sicht.
       
 (DIR) Unionspläne für Kosteneinsparungen: Kommt die große Reform des Sozialstaats?
       
       Der „Herbst der Reformen“ ist bislang zwar nur Marketing-Sprech, aber die
       Union will unbedingt beim Sozialen sparen. Wie will sie das machen?
       
 (DIR) Rolf Schmachtenberg über Altersvorsorge: „Rentenkürzungen betreffen überwiegend die Jüngeren“
       
       Rolf Schmachtenberg, Mastermind des gescheiterten Rentenpakets 2 der
       Ampelkoalition, über die künftigen Chancen für eine „generationengerechte“
       Rente.
       
 (DIR) Unwort „Asylreform“: Die Deutung der anderen
       
       Die Verschärfung des Asylrechts in der EU wird als "Reform" verkauft.
       Klingt gut, oder? Medien übernehmen den Spin der Politik kritiklos.