# taz.de -- Deutsch-Amerikanische Freundschaft: Doppelte Standards und eine abgekühlte Liebe
       
       > Karl-Heinz „Mickey“ Bohnacker fotografierte das Frankfurt der
       > Nachkriegszeit. Die Bilder prägt eine Begeisterung für den American Way
       > of Life.
       
 (IMG) Bild: Junge Frauen an der Musicbox. Eine Aufnahme des Fotografen Mickey Bohnacker (Ausschnitt)
       
       Neulich brachte [1][ChatGPT] eine bemerkenswerte Feststellung hervor. Auf
       die Frage, ob es freiheitliche Systeme schwerer hätten in dieser
       Informationswelt als andere, schien das KI-Programm beinahe zerknirscht.
       Und räumte ein: Zwar sei es angehalten, keine doppelten Standards bezüglich
       Staaten, Religionen, Ländern zu pflegen.
       
       Allerdings sei dort, wo man die Meinungsfreiheit hochhalte, auch die
       interne Kritik stärker – und es seien mehr Quellen verfügbar, auf die das
       Programm zugreifen könne. Mittelbar könnte sich hieraus potenziell also
       tatsächlich ein Bias ergeben.
       
       Die Schwäche und das Paradoxon offener Gesellschaften waren damit schon
       ganz gut auf den Punkt gebracht. Wie, implizit, auch das Kreisen um sich
       selbst. Der westliche Kulturbetrieb zum Beispiel nimmt Kritik am Westen (ob
       geografisch oder ideengeschichtlich) ja auch besonders begierig auf. Man
       will schon Nabel der Welt bleiben.
       
       Aber, noch einmal ChatGPT in seiner freundlich belehrenden Art: „Remember
       that access to critique“ – die letzten drei Worte hat das Programm gefettet
       – „is often a privilege of openness, not a failure.“
       
       Ausstellung im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte 
       
       Wie euphorisch der heutige Kampfbegriff Westen einst als Kompass angenommen
       wurde, zeigt jetzt eine Ausstellung im [2][Frankfurter Institut für
       Stadtgeschichte]. Hier lagert das Fotografie-Konvolut von Mickey Bohnacker
       (1928–2017), der als Presse- und Boulevardfotograf das Leben in seiner
       Stadt dokumentiert hat. Ein kleiner Teil aus den Jahren 1945 bis 1965 wird
       jetzt ausgestellt.
       
       Der Titel „Frankfurt went West“ ist gut gewählt: Als eben noch
       nationalsozialistischer Staat war Deutschland dezidiert antiwestlich wie
       antiamerikanisch, auch wenn Frankfurt mental schneller wieder umschwang als
       andere Städte.
       
       Man konnte an eine liberale, bürgerliche, lange sozialdemokratisch geprägte
       politische Tradition anknüpfen. Was nichts daran änderte, dass auch hier
       irgendwann NSDAP gewählt wurde. Die Westbindung wurde dann allerdings von
       den US-amerikanischen Truppen massiv vorangetrieben.
       
       Neuerfindung einer ganzen Stadt 
       
       Karl-Heinz „Mickey“ Bohnackers Bilder sind unmittelbares Resultat der
       deutsch-amerikanischen Freundschaft, die sich fast nahtlos an den Zweiten
       Weltkrieg anschloss. Seine Fotografie ist Zeugin der Neuerfindung einer
       ganzen Stadt und stellvertretend vielleicht gar einer Nation.
       
       Im Zuge der sogenannten Re-Education entstand unter anderem der Jugendclub,
       in dem der junge Frankfurter fotografierte. Ein General erkannte sein
       Talent und schenkte ihm eine Armeekamera, später hat Bohnacker unter
       anderem Dwight D. Eisenhower mit seiner Kamera begleitet.
       
       Mickey Bohnacker war immer dabei. Allein das macht sein Werk so bedeutend,
       zumal in der frühen Nachkriegszeit. Sein Blick pendelt zwischen
       dokumentierend und schwelgerisch: Wenn er die junge Frau vor der Maschine
       am Pan-Am-Terminal in den Fokus nimmt oder später Elvis und die Beatles,
       dann schwingt die Begeisterung für den American Way of Life, der nicht nur
       bürgerliche Freiheiten, sondern auch Pop- und Konsumkultur ins Land
       brachte, unübersehbar mit.
       
       Amerika machte es Westdeutschland leicht, seine Vergangenheit trotz einiger
       juristischer Aufarbeitung zu vergessen. Auch davon erzählt die Schau, die
       noch bis zum nächsten Sommer zu sehen ist.
       
       23 Aug 2025
       
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 (DIR) Katharina J. Cichosch
       
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