# taz.de -- Beamte stürmen NS-Gedenkstätte: Antifa-Zeltlager unter Verdacht
       
       > Einsatzkräfte stürmten eine Kärntner Gedenkstätte. Die Teilnehmenden
       > wollten an die dort 1945 ermordeten Slowen:innen erinnern und
       > Widerstand diskutieren.
       
 (IMG) Bild: Begründet wurde der Polizeieinsatz mit Wildcampen, doch die Gedenkstätte hatte das Zelten erlaubt
       
       Ein Polizeihubschrauber kreist tief über dem abgelegenen Peršmanhof im
       österreichischen Südkärnten, am Boden Polizeifahrzeuge, Drohnen,
       Polizeihunde und bewaffnete Beamte – darunter Einheiten des Landesamts für
       Staatsschutz, des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sowie der
       Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt. Es wirkt wie ein Antiterroreinsatz –
       nur gilt der Zugriff nicht Terroristen, sondern einem antifaschistischen
       Bildungscamp an einer [1][NS-Gedenkstätte.] An diesem Ort wird der von den
       Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Kärtner Slowen:innen
       gedacht.
       
       Als die Polizei am Sonntagmittag das Museumsgebäude stürmt, eskaliert die
       Lage. Camp-Mitorganisatorin Mira Gabriel erinnert sich: „Ein Polizist stand
       vor uns, hat geschrien, eine Hand an der Waffe und mit der anderen
       gezittert, weil er nervös war. Das ist wirklich keine gute Kombination.“
       Rund 60 Personen nahmen am Camp teil. Organisiert hat es der Klub
       slowenischer Studierender in Wien (KSŠŠD) – mit ausdrücklicher Zustimmung
       der Museumsleitung, die das Zelten auf dem Gelände erlaubt hatte.
       
       Neben Studierenden und Aktivist:innen waren auch Nachkommen von Opfern
       anwesend, von denen mehrere angeben, durch die Ereignisse retraumatisiert
       worden zu sein.
       
       Bernard Sadovnik, ein Nachfahre der Ermordeten und Obmann der Gemeinschaft
       der Kärntner Slowenen und Sloweninnen, sagt: „So ein massiver
       Polizeieinsatz genau 80 Jahre [2][nach dem Massaker] reißt bei mir als
       Nachkomme Wunden auf. Der Polizeieinsatz stand in keiner Relation mit den
       Vorwürfen.“ Der Peršmanhof war ein zentraler Stützpunkt des
       antifaschistischen Widerstands der Tito-Partisan:innen in Südkärnten. In
       den Abendstunden des 25. April 1945 wurde der Hof nach einer Anzeige wegen
       „Bandenbegünstigung“ von Männern des „SS-Polizeiregiments 13“ gestürmt, elf
       Mitglieder der Familien Sadovnik und Kogoj exekutiert – darunter sieben
       Kinder im Alter von einem bis zwölf Jahren.
       
       ## Keine Entschuldigung in Sicht
       
       Begründet wurde der Polizeieinsatz vergangenen Sonntag mit Wildcampen und
       Verstößen gegen das Naturschutzgesetz. In der Nachrichtensendung ZIB 2
       erklärte Kärntens stellvertretender Landespolizeidirektor Markus Plazer am
       Mittwochabend, es handle sich um „einen Einsatz wie jeder Einsatz“ – eine
       Entschuldigung gegenüber den Betroffenen lehnte er ab. Auf die Frage des
       Moderators Armin Wolf, warum bei Verstößen gegen das Campingplatz-Gesetz
       der Verfassungsschutz anrücke, antwortete Plazer, das liege am
       „Antifa-Camp“. Das legt nahe, dass Antifaschismus in Kärnten generell unter
       Extremismusverdacht steht.
       
       Der Peršmanhof liegt abgeschieden auf etwa 1.000 Metern Höhe in einem Wald,
       nahe der slowenischen Grenze, mit schlechtem Handyempfang. Wer hierher
       kommt, will entweder die Gedenkstätte besuchen oder den wenige hundert
       Meter entfernten Alpengasthof. Dass sich viele an den mit Zustimmung der
       Museumsleitung errichteten Zelten stören, ist unwahrscheinlich. Der
       Polizeieinsatz wurde unter anderem von der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, dem
       DÖW und der katholischen Kirche Kärntens kritisiert.
       
       Mitorganisatorin Mira Gabriel findet es unverschämt, dass der Einsatzleiter
       vom Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung den Einsatz damit
       rechtfertigte, dass das Bildungscamp einen „sittenwidrigen Umgang“ mit der
       Gedenkstätte darstelle: „Als Nachfahren gedenken wir dem Widerstand. Und
       zwar nicht nur, indem wir kurz hinfahren, weinen und wieder gehen. Dass uns
       Polizisten vorschreiben wollen, wie wir zu gedenken haben, ist eine
       Frechheit.“
       
       Mehrere Teilnehmer:innen sprechen von Einschüchterung und vermuten eine
       politische Motivation hinter dem Einsatz. So auch der Rechtsanwalt Rudi
       Vouk, der gegenüber dem ORF sagt: „Meiner Meinung nach war das eine von
       langer Hand geplante Aktion, mit dem Ziel, Jugendliche, die das
       antifaschistische Gedenken kultivieren, einzuschüchtern.“ Vouk vermutet, es
       sei vor allem darum gegangen, an die Personalien der Teilnehmenden zu
       kommen, und kündigte an, Anzeige wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch gegen
       Unbekannt einzubringen. Die Kleine Zeitung berichtet, der Polizeieinsatz
       sei bereits zwei Tage im Voraus geplant gewesen – eher ungewöhnlich, wenn
       es um Verstöße gegen das Campingplatzgesetz geht.
       
       ## Druck aus Slowenien
       
       Auch die Museumskustodin und Rechtsextremismusexpertin Judith Goetz war
       beim Polizeieinsatz am Peršmanhof. Sie kann sich den Einsatz nur so
       erklären: „Ich glaube, sie haben sich verkalkuliert, was dieses Antifa-Camp
       ist und wer daran teilnimmt – vor allem wegen ihres konstruierten
       Antifa-Bildes. Hier sind vor allem Kärntner Slowen:innen mit
       antifaschistischem Weltbild.“
       
       Direkt nach dem Einsatz hörte man erst wenig von der hohen Politik in
       Österreich, doch dann kam Druck aus dem Nachbarland Slowenien. Die
       Botschaft schickte eine Protestnote an das österreichische
       Außenministerium, und die slowenische Außenministerin Tanja Fajon fordert
       Aufklärung. Der Vizepremierminister sowie Minister für die Slowenen in der
       Nachbarschaft, Matej Arčon, erklärte: „Von Österreich erwarten wir ein
       verantwortungsbewusstes Handeln im Einklang mit europäischen demokratischen
       Standards.“
       
       Auf den Druck reagierten dann auch Bundespräsident Alexander van der Bellen
       und Bundeskanzler Christian Stöcker (ÖVP), die beide betonten, dass
       Einsätze an so einem Ort Sensibilität erfordern – eine recht diplomatisch
       formulierte Kritik an dem Polizeieinsatz. Die Grünen richteten eine
       parlamentarische Anfrage mit 55 Fragen an Innenminister Gerhard Karner
       (ÖVP). Sie wollen unter anderem wissen, wer den Einsatz angeordnet hat und
       ob das Ministerium davon wusste.
       
       Innenminister Karner und Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sind um
       Schadensbegrenzung bemüht. Sie kündigten eine „multiprofessionelle
       Kommission“ an, die sich mit dem Polizeieinsatz befassen soll. Nach einem
       Runden Tisch am Mittwoch erklärte Kaiser, dass in der Kommission auch
       Vertreter:innen der Kärntner Slowen:innen sein werden.
       
       Ob die Kommission dann aufklärt, warum die Polizei es für angemessen hielt,
       einen zentralen Gedenkort an Naziverbrechen zu stürmen – an dem vor 80
       Jahren Menschen von einem SS- Polizeiregiment ermordet wurden – bleibt
       abzuwarten.
       
       31 Jul 2025
       
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