# taz.de -- Österreich: Abgeschobener Syrer verschwunden
       
       > Österreich schiebt erstmals seit 15 Jahren einen Syrer in sein Heimatland
       > ab. Doch in Istanbul verliert sich seine Spur, der Verbleib ist
       > ungeklärt.
       
 (IMG) Bild: Irgendwo zwischen Istanbul und Damaskus verliert sich die Spur des aus Österreich abgeschobenen Syrers
       
       Wien taz | Von einem kürzlich aus Österreich nach Syrien abgeschobenen Mann
       fehlt jede Spur. Der 32-Jährige wurde Anfang Juli als erster Syrer seit 15
       Jahren aus Österreich in sein Heimatland abgeschoben. Auch die
       österreichische Bundesregierung weiß offenbar nichts vom Verbleib des
       Mannes.
       
       Besonders brisant: Das Asylverfahren des Mannes war zum Zeitpunkt der
       Abschiebung noch nicht endgültig abgeschlossen. Es lag zwar eine
       rechtskräftige Entscheidung aus dem ersten Quartal 2025 vor, jedoch hatte
       der 32-Jährige einen Folgeantrag gestellt, der noch nicht final entschieden
       war. Dessen ungeachtet wurde die Abschiebung am 3. Juli vollzogen.
       
       Der Mann war im November 2018 vom Landesgericht Salzburg wegen Beteiligung
       an der Terrormiliz IS zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Dem Urteil
       zufolge hat er versucht, in den sozialen Medien Mitglieder für den IS
       anzuwerben. Außerdem habe er Bildmaterial früherer Terroranschläge
       verbreitet. Aufgrund seiner Verurteilung erkannten ihm die österreichischen
       Behörden 2019 den Status eines Asylberechtigten ab.
       
       Aufgrund der bisherigen Sicherheitslage in Syrien, [1][wo seit 2011 der
       Bürgerkrieg tobte], kam es bisher zu keinen Abschiebungen dorthin. Denn es
       gilt der völkerrechtliche Grundsatz für Nichtzurückweisung: Rückführungen
       in ein Land, in dem einem Verfolgung droht, sind unzulässig.
       
       ## Abgeschobener Mann nicht erreichbar
       
       Über die Sicherheitslage geben vor allem die Länderleitlinien der
       Europäischen Asylagentur EUAA Auskunft. Nach dem Regimewechsel in Syrien
       haben sie ihre bisherige Einschätzung geändert und Rückführungen
       zwischenzeitlich ermöglicht. Auch der Europäische Gerichtshof für
       Menschenrechte hatte der Abschiebung zugestimmt.
       
       Seit seiner Abschiebung versucht die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung,
       die den Syrer beraten hatte, Kontakt zu ihm herzustellen – bisher
       erfolglos. Das letzte Lebenszeichen stammt aus Istanbul, wo der Flug
       zwischenlandete und von wo der Syrer seine Schwester anrief. Danach gab es
       keinen Kontakt mehr. Auch Journalisten und Menschenrechtler konnten ihn
       nicht erreichen.
       
       Der medienwirksame Fall [2][des IS-Sympathisanten] war bewusst als erster
       gewählt worden, glaubt man bei der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung. Die
       Abschiebung könnte somit ein Präzedenzfall für weitere Rückführungen nach
       Syrien werden, trotz nach wie vor unklarer Sicherheitslage. Dies vermutet
       auch Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der NGO Asylkoordination Österreich.
       
       Österreich ist derzeit das einzige EU-Land, das nach Syrien abschiebt. Und
       das, obwohl das Innenministerium seit Ende 2024 Entscheidungen in syrischen
       Asylverfahren weitgehend pausiert hat, mit der Begründung: Es lägen keine
       belastbaren Länderinformationen vor, die sichere Entscheidungen
       ermöglichten.
       
       ## Syrien weiterhin unsicher
       
       Im Fall der Abschiebung war man sich dann behördlicherseits doch sehr
       sicher zur Sicherheitslage. Dabei kamen in den letzten Tagen bei Kämpfen
       verschiedener religiöser Gruppen mindestens 89 Menschen ums Leben, was die
       Angst vor einem neuerlichen Bürgerkrieg anfacht. Die aktuellen
       EU-Länderinformationen zeigen „Risikoprofile für Verfolgung“ und [3][eine
       „höchst volatile“ Sicherheitslage] auf.
       
       Einen taz-Fragenkatalog ließen das österreichische Innen- sowie das
       Außenministerium unbeantwortet. „Der abgeschobene, verurteilte Straftäter
       wurde mit einem Linienflug außer Landes gebracht und den zuständigen
       Behörden übergeben“, heißt es vom Innenministerium. Die
       Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl beobachte die
       Lage in den Ländern sehr genau, zudem würden für Rückführungen strenge
       Regeln gelten, so das Ministerium.
       
       Asylrechtsexperte Gahleitner-Gertz lässt dies nicht gelten. Er sieht sowohl
       die österreichische Regierung als auch den Europarat in der Pflicht, den
       Verbleib des Mannes aufzuklären. Danach sieht es aber nicht aus:
       Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte an, weitere Abschiebungen nach
       Syrien vorzunehmen.
       
       15 Jul 2025
       
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