# taz.de -- Abstimmung über EU-Kommission: Stimmungstest für von der Leyen
       
       > Die Kommission muss sich im EU-Parlament einem Misstrauensvotum stellen.
       > Den Antrag darauf hat ein rechter Abgeordneter eingebracht.
       
 (IMG) Bild: Von der Leyen macht gute Miene zum rechten Spiel, in welchem sie erneut der Intransparenz bezichtigt wird
       
       Brüssel taz | Dicke Luft im Europaparlament: Weil sich
       EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen weigert, umstrittene
       SMS-Nachrichten von ihrem Handy herauszugeben und mehr Transparenz bei
       ihrer Arbeit zu üben, droht ihr nun der politische Offenbarungseid. Eine
       Gruppe von 72 rechten Abgeordneten hat einen Misstrauensantrag gegen die
       CDU-Politikerin eingebracht. Am Montag wird der Antrag in Straßburg
       diskutiert, am Donnerstag soll die Abstimmung stattfinden.
       
       Mit einer Niederlage für die EU-Kommission (aus formalen Gründen wird über
       das gesamte 27-köpfige Team abgestimmt) rechnet kaum jemand. Die ganz große
       Koalition der EU-Freunde steht. Neben von der Leyens konservativer
       Europäischer Volkspartei EVP wollen auch Sozialdemokraten, Liberale und
       wohl auch die meisten Grünen gegen den Antrag des rumänischen Abgeordneten
       Gheorghe Piperea stimmen, der aus der rechtskonservativen EKR-Fraktion
       kommt.
       
       Ein Ja würde nur den Rechten nützen und die EU in eine schwere Krise
       stürzen, heißt es in Brüssel. Der Misstrauensantrag sei „eine politische
       Inszenierung aus dem rechten Lager – angeführt von Kräften, die es auf eine
       Schwächung der EU und ihrer Institutionen abgesehen haben“, sagte René
       Repasi, Chef der SPD-Gruppe. „Putins Marionetten im Europäischen Parlament
       versuchen, die Einheit Europas zu untergraben“, schimpft EVP-Chef Manfred
       Weber.
       
       Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Weber stützt sich bei wichtigen
       Abstimmungen im Parlament selbst immer wieder auf den EKR, aus dem nun der
       Misstrauensantrag kommt. [1][Die viel beschworene „Brandmauer“ gegen rechts
       ist brüchig geworden, von der Leyens eigene Parteifreunde haben sie
       eingerissen]. Und bei den Sozialdemokraten hat sich viel Ärger über die
       deutsche EU-Politikerin angestaut. Sie fordern einen Kurswechsel bis
       September.
       
       ## Einiges schief gelaufen
       
       Zuletzt ist einiges zusammengekommen. Da war zunächst, Mitte Mai, das
       Urteil des EU-Gerichts in Luxemburg. Es bescheinigte von der Leyen, gegen
       die eigenen Transparenzregeln zu verstoßen und forderte, besser zu
       begründen, [2][warum sie SMS-Nachrichten mit dem Chef des US-Pharmakonzerns
       Pfizer nicht herausgeben will]. Nicht nur die Rechten im Europaparlament
       mutmaßen, dass bei den Impfstoffverträgen mit Pfizer einiges schief
       gelaufen ist.
       
       Neben SMS-Affäre und „Pfizergate“ kämpft von der Leyen aber auch mit
       anderen hausgemachten Problemen. Sozialdemokraten und Grüne werfen ihr vor,
       vom „Green Deal“ abzurücken und den Klimaschutz in der EU zu
       vernachlässigen. Parteiübergreifend ist die Klage, dass die
       Kommissionspräsidentin selbstherrlich agiert und ihre Behörde intransparent
       führt. Der Spottname „Queen of Europe“ ist in Brüssel in aller Munde.
       
       Zuletzt hat das Parlament sogar eine Klage angekündigt, weil es sich beim
       150 Milliarden Euro schweren neuen Rüstungsprogramm SAFE übergangen fühlt.
       Von der Leyen will den Plan im Eilverfahren am Parlament vorbei durchboxen,
       das geht sogar ihren Parteifreunden aus der EVP zu weit. Klagen kommen auch
       aus CDU/CSU – gerade erst haben sich NRW-Regierungschef Hendrik Wüst und
       CSU-Chef Markus Söder in Brüssel über zu viel Bürokratie beschwert.
       
       Vor diesem Hintergrund wird die Vertrauensabstimmung in der kommenden Woche
       vielleicht keine Zitterpartie, wohl aber ein wichtiger Stimmungstest. Alle
       Augen richten sich auf von der Leyen und die Frage, ob sie ihre Truppen
       noch im Griff hat. Schon wenige fehlende Stimmen bei der EVP oder bei den
       Sozialdemokraten könnten von der Leyen den Nimbus der unverwüstlichen
       Krisenmanagerin nehmen. Auch ein Denkzettel sei nicht ausgeschlossen, heißt
       es in Brüssel.
       
       ## Kommission schweigt
       
       Wie brisant die Vertrauensabstimmung ist, zeigt auch die Reaktion der
       EU-Kommission: Sie schweigt – wie immer, wenn es unangenehm wird. Auch nach
       dem Urteil des EU-Gerichts in der SMS-Affäre Mitte Mai war sie in Deckung
       gegangen.
       
       Umso lauter werden seither ihre Kritiker im Parlament. Sie finden sich
       übrigens nicht nur auf der parlamentarischen Rechten, sondern auch bei
       Linken und beim BSW. Das BSW will sogar für den Misstrauensantrag stimmen.
       
       „Es ist erbärmlich, dass die Mehrheit des Europäischen Parlaments nicht
       einmal über die Rechtsbrüche von Frau von der Leyen in der Pfizer-Affäre
       diskutieren wollte“, erklärte der BSW-Europaabgeordnete Fabio De Masi. Er
       teile zwar nicht die Werte und die Politik der Rechten. Das Parlament müsse
       jetzt jedoch ein Zeichen setzen.
       
       3 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neue-EU-Kommission-gewaehlt/!6053425
 (DIR) [2] /Ursula-von-der-Leyens-Impfstoff-SMS/!6084700
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) Misstrauensvotum
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) Ursula von der Leyen
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) NGOs
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Abstimmung im Europaparlament: Von der Leyen darf bleiben
       
       Die EU-Kommissionspräsidentin übersteht das rechte Misstrauensvotum gegen
       sich, erntet aber eine Menge Kritik auch von Sozialdemokraten und Grünen.
       
 (DIR) EU-Kommission: Von der Leyen übersteht Misstrauensantrag
       
       Ursula von der Leyen und ihre EU-Kommission mussten sich erstmals der
       Abstimmung über einen Misstrauensantrag stellen. Das Ergebnis ist
       eindeutig.
       
 (DIR) Misstrauensvotum gegen EU-Kommission: In Brüssel wackelt die proeuropäische Mehrheit
       
       Am Donnerstag muss sich EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen einem
       Misstrauensvotum im Parlament stellen. Sie muss um den Zusammenhalt ihrer
       Koalition bangen.
       
 (DIR) Neuer Schlag gegen den Green Deal: EU-Kommission zieht Gesetz gegen Greenwashing zurück
       
       Eigentlich wollte die EU Verbraucher vor Greenwashing schützen. Doch die
       Kommission zieht ihren Vorschlag nun zurück – auf Druck der Konservativen.
       
 (DIR) Fördergelder für Umweltorganisationen: Angebliche geheime Verträge
       
       In Brüssel läuft eine rechte Kampagne gegen NGOs, die Fördermittel zu
       fragwürdigen Konditionen erhalten haben sollen. Die Kommission bestreitet
       das.
       
 (DIR) Von der Leyens SMS an Pfizer-Chef: EU-Gericht urteilt gegen die Kommissionspräsidentin
       
       Ursula von der Leyen durfte SMS an den Pfizer-Chef in der Affäre um teure
       Corona-Impfstoffe nicht geheimhalten, urteilt das EU-Gericht in Luxemburg.