# taz.de -- „From the River to the Sea“: Freispruch nach verbotener Palästina-Parole in Berlin
       
       > Der Spruch „From the River to the Sea“ ist als vermeintliches
       > Hamas-Symbol verboten. Ein deshalb angeklagter Student wurde nun
       > freigesprochen.
       
 (IMG) Bild: Das Verbot der Parole ist rechtlich umstritten
       
       Berlin taz | Das Amtsgericht Tiergarten hat einen Studenten der Freien
       Universität Berlin freigesprochen, dem vorgeworfen wurde, Terrorpropaganda
       verbreitet zu haben. Konkret hatte der 23-Jährige im Mai 2024 bei einer
       propalästinensischen Versammlung die Parole „From the River to the Sea,
       Palestine will be free“ gerufen.
       
       Diese war am 2. November des Vorjahres von der damaligen Innenministerin
       Nancy Faeser (SPD) per Verfügung verboten worden, weil sie als
       [1][Kennzeichnen der am gleichen Tag als Terrororganisation verbotenen
       Hamas] gewertet wurde. Infolge der Verbotsverfügung war es bereits mehrfach
       zu Verurteilungen von Personen sowie [2][Verboten von oder strengen
       Auflagen für Demonstrationen] gekommen.
       
       Dass [3][„From the River to the Sea“] als Kennzeichen der Hamas zu
       verstehen sei, sah die Richterin am Freitag anders. Sie habe schon zuvor
       Bedenken über den ergangenen Strafbefehl geäußert, sagte sie. Durch die
       Vorstellung einer ausführlichen historisch-wissenschaftlichen Analyse der
       Parole durch eine LKA-Sachverständige kam die Richterin aus mehreren
       Gründen zu der Überzeugung, dass es sich nicht um ein Hamas-Kennzeichen
       handele.
       
       Zwar versuche die [4][1987 gegründete Terrororganisation], sich den Spruch
       zu eigen zu machen. Allerdings, so das Urteil, müsse dessen Ursprung in den
       1960er und 1970er Jahren berücksichtigt werden. Anfangs habe die Parole
       nicht – wie im Fall der Hamas – für die Auslöschung Israels, sondern für
       die Errichtung eines „multiethnischen, säkularen Staates auf dem ehemaligen
       britischen Mandatsgebiet Palästina“ gestanden, der auch jüdische Menschen
       einschließen sollte, so die LKA-Sachverständige.
       
       ## Kein Hinweis auf Hamas-Verbindung
       
       Auch werde der Spruch von der Hamas in dieser Form gar nicht verwendet,
       lediglich Teile davon oder in Abwandlung. Und im Übrigen nutzten andere
       Akteur:innen, auch in Israel, ebenfalls Varianten der Parole.
       
       Wenn der Satz, der häufig im gesprochenen Fließtext verwendet werde,
       überhaupt den Charakter eines Kennzeichens irgendeiner Art erfülle, dann
       sei im Fall des 23-jährigen Studenten kein Hinweis zu erkennen, dass er es
       [5][als Hamas-Symbolik genutzt] hat, befand die Richterin. Ein Vorsatz sei
       nicht zu erkennen.
       
       Für Yaşar Ohle, den Anwalt des Angeklagten, ist der Freispruch keine
       Überraschung: „Das Urteil zeigt, dass man, wenn man sich mit dem
       Sachverhalt vertieft und unter Zuhilfenahme einer Sachverständigen
       auseinandersetzt, nur zu diesem Ergebnis kommen kann.“ Die [6][Verbindung
       zwischen der Parole und der Hamas] sei „konstruiert und vom
       Bundesinnenministerium nicht haltbar“, sagte er der taz.
       
       Auch die Richterin fand am Freitag deutliche Worte: Personen wegen des
       Spruchs „From the River to the Sea, Palestine will be free“ anzuklagen,
       halte sie für die „Kriminalisierung von politischem Protest“.
       
       Für Noah Perreira, Sprecher der Studierendenorganisation „Hands off Student
       Rights“, ist der Freispruch ein Zeichen „gegen die [7][Einschränkung der
       Meinungsfreiheit], aber auch für alle, die sich kritisch zur deutschen
       Außenpolitik äußern“, sagte Perreira der taz. Mehrere
       Unterstützer:innen der propalästinensischen Gruppe waren zum Prozess
       erschienen.
       
       Dass die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wird,
       hält Anwalt Yaşar Ohle für wahrscheinlich.
       
       20 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nahost-Konflikt-in-Berlin/!6025310
 (DIR) [2] /Die-Polizei-hat-auf-die-Demos-zum-Nakba-Tag-in-Berlin-vor-allem-mit-Repression-reagiert/!6084539
 (DIR) [3] /Geschwaerzte-Palaestinenser-Parole/!5971894
 (DIR) [4] /Pro-Palaestina-Bewegung-in-Berlin/!6012578
 (DIR) [5] /Pietaetlose-Propaganda-aus-den-USA/!6068873
 (DIR) [6] /Kontroversen-beim-Nahost-Konflikt/!6005829
 (DIR) [7] /Israels-Iran-Angriff/!6091717
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Fründt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Berlin
 (DIR) Gerichtsprozess
 (DIR) Hamas
 (DIR) Gaza
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Palästina
 (DIR) Freie Universität Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Christopher Street Day
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Gerichtsurteil
 (DIR) Hamas
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Palästina-Solidarität in Berlin: Gängeln, verbieten – scheitern
       
       Politik und Polizei gehen mit aller Härte gegen die Palästina-Bewegung vor
       – und schießen damit regelmäßig weit übers Ziel hinaus.
       
 (DIR) Christopher Street Day in Berlin: Polizeigewalt gegen den Internationalist Queer Pride
       
       Parallel zur großen CSD-Demo ziehen am Samstag 10.000 palästinasolidarische
       Demonstrant:innen durch Berlin. Die Polizei beendet die Demo gewaltsam.
       
 (DIR) Ausweisung von Palästina-Aktivist:innen: Nächste Schlappe für Berlins Innenverwaltung
       
       Nach dem Willen der Berliner Innenbehörde sollen vier
       Palästina-Aktivist:innen das Land verlassen. Das Gericht hat sich nun zum
       zweiten Mal dagegengestellt.
       
 (DIR) Nahost-Konflikt in Berlin: (Un-)sagbare Parolen
       
       Eine Berlinerin wird für die Verwendung der Losung „From the River to the
       Sea“ verurteilt, doch die Strafbarkeit ist nicht unumstritten.
       
 (DIR) Umstrittene Palästinenserparole: „From the River …“ ist verboten
       
       Innenministerin Faeser sieht in der Palästinenserparole ein „Kennzeichen“
       verbotener Gruppen. Bayern und Berlin setzen das Verbot bereits um.