# taz.de -- Merz`Antrittsbesuch in Polen: Erleichterte Glückwünsche aus Warschau
       
       > Die Kanzerlerwahl wurde auch von Polens Regierung mit Spannung verfolgt.
       > Aus gutem Grund. An diesem Mittwoch macht Merz dort seine Aufwartung.
       
 (IMG) Bild: Erwartet Friedrich Merz am Mittwoch zum Antrittsbesuch: Polens Regierungschef Donald Tusk
       
       Warschau taz | Auch für Premier Donald Tusk war die Kanzlerwahl im
       Bundestag eine Zitterpartei. Würde Friedrich Merz es am Dienstag doch noch
       schaffen? Denn schon für Mittwoch war der Antrittsbesuch von Kanzler Merz
       in Warschau geplant. Sichtlich erleichtert twitterte Tusk nach der zweiten
       und erfolgreichen Wahlrunde auf der Plattform „X“: „Glückwunsch
       @_FriedrichMerz! Und wir sehen uns morgen in Warschau, Kanzler.“
       
       Kurz zuvor hatte Bartosz Wielinski, der Vize-Chefredakteur der
       linksliberalen Gazeta Wyborcza, ebenfalls auf „X“ getwittert, dass
       angesichts der Niederlage von Merz im Bundestag Polen wie eine Insel der
       Stabilität in Europa wirke.
       
       Schon am ersten Arbeitstag der neuen Regierung in Berlin kommen
       Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul (beide CDU)
       nach Polen. Wadephul nimmt an einem EU-Außenministertreffen teil, das für
       Mittwoch und Donnerstag in Warschau angesetzt ist. Polen spielt zurzeit in
       der EU eine wichtige Rolle, da es noch bis Juni die sechsmonatige
       EU-Ratspräsidentschaft innehat und viele EU-Treffen in Polen organisiert
       werden.
       
       Merz hingegen hat sich ganz oben auf die Aufgabenliste gesetzt, die
       Beziehungen Deutschlands zu den beiden wichtigsten Nachbarstaaten –
       Frankreich und Polen – zu verbessern. Am Mittwochmorgen macht er also
       zunächst Präsident Emmanuel Macron in Paris seine Aufwartung, steigt danach
       direkt wieder ins Flugzeug und landet zwei Stunden später in Polens
       Hauptstadt Warschau.
       
       ## Niedrige Erwartungen
       
       Dort will er mit Premier Donald Tusk die aktuell wichtigsten Themen
       besprechen: [1][Migration, Sicherung der Nato-Außengrenze und der
       EU-Binnengrenze], weitere Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine
       sowie [2][eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks] – ein Gesprächsformat
       zwischen Deutschland, Polen und Frankreich, das in der EU Themen setzen und
       durchsetzen soll.
       
       In Warschau werden die Erwartungen an einen „Neuanfang“ in den
       deutsch-polnischen Beziehungen bewusst niedrig gehalten. Zu groß war die
       Enttäuschung nach dem Regierungswechsel im Dezember 2023 in Polen, als die
       nationalpopulistische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) abgewählt wurde,
       die Mitte-links-Koalition von Donald Tusk die Macht übernahm – und der
       zunächst euphorisch gefeierte Neustart in den deutsch-polnischen
       Beziehungen schon nach kurzer Zeit an überhöhten Erwartungen Warschaus und
       undiplomatischem Schweigen Deutschlands scheiterten.
       
       Zu einem ersten Konflikt zwischen Merz und Tusk könnte der forcierte
       Grenzschutz an den deutschen Grenzen führen, den Merz und Innenminister
       Alexander Dobrindt (CSU) sofort nach dem Regierungsübernahme der
       CDU/CSU-SPD-Koalition einführen wollen. Polens Regierung befürchtet die
       Zurückweisung hunderter, wenn nicht tausender Asylsuchender direkt an der
       deutsch-polnischen Grenze.
       
       Dies könnte die nationalpopulistische Oppositionspartei PiS für sich
       ausnutzen, um ihre antideutsche Propaganda zu verstärken und so Stimmung
       gegen Rafał Trzaskowski zu machen. Er wird als Favorit unter den
       Präsidentschaftskandidaten gehandelt. Die Wahlen finden am 18. Mai statt.
       Eine Verschärfung der Grenz- und Migrationssituation an der Ost- oder
       Westgrenze Polens ist daher das Letzte, was die Tusk-Partei Bürgerplattform
       (PO) und ihr Kandidat Trzaskowski jetzt gebrauchen können.
       
       ## Stundenlange Staus
       
       Aus diesem Grund kritisierte Jan Tombinski, der Geschäftsträger in der
       polnischen Botschaft in Berlin, schon vor Tagen gegenüber dem Magazin
       Politico, dass schon die derzeitigen Kontrollen an der deutsch-polnischen
       Grenze „ein Problem für den täglichen Grenzverkehr und das Funktionieren
       des EU-Binnenmarktes“ seien.
       
       Seit die Ampelkoalition die verschärften Grenzkontrollen eingeführt habe,
       komme es regelmäßig zu stundenlangen Staus, die den Warenverkehr
       behinderten. „Wir wünschen daher nicht, dass es zu einer Verschärfung der
       Grenzkontrollen kommt“, so Tombinski.
       
       In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ vom vergangenen Sonntag wischte
       Dobrindt die Argumente Polens beiseite, als seien diese völlig irrelevant
       für die künftige Merz-Regierung. Dabei hatte Tombinski sogar noch
       erläutert, dass Polen die EU-Ostgrenze vor allem zu Belarus und dem Oblast
       Kaliningrad so intensiv wie möglich schütze, es den polnischen Bürgern aber
       nur schwer zu vermitteln sei, wieso Deutschland an seinen Grenzen die
       Schengenprinzipien und damit die Freizügigkeit zumindest teilweise außer
       Kraft setze.
       
       Das Problem besteht darin, dass Polen nicht in der Lage ist, die ganze 400
       Kilometer lange Grenze nach Belarus lückenlos zu kontrollieren, da zwischen
       beiden Ländern ein circa 200 Kilometer langer Streifen voller Sümpfe,
       verwachsener Urwälder und wilder Wasserläufe liegt. Über dieses Schlupfloch
       treiben belarussische Sicherheitskräfte immer wieder Migranten aus Asien
       und Afrika nach Polen, um die EU zu destabilisieren.
       
       Präsident Andrzej Duda regte unlängst an, dass deutsche Grenzpolizisten
       gemeinsam mit polnischen an der EU-Außengrenze Patrouille gehen und so die
       Grenze schützen könnten. Möglicherweise greifen Merz und Tusk diesen
       Vorsachlag in ihren ersten gemeinsamen Gesprächen auf.
       
       7 May 2025
       
       ## LINKS
       
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