# taz.de -- EU-Reaktionen auf die Merz-Wahl: Und dann passiert – nichts
       
       > In Brüssel sorgt die Wahl des neuen Kanzlers kaum für Aufregung. Nur
       > seine Parteifreundin von der Leyen jubelt. Die Wunschliste der EU an Merz
       > aber ist lang.
       
 (IMG) Bild: Merz als Außenpolitiker: Der neue Bundeskanzler reist am Mittwoch nach Paris und Warschau
       
       Brüssel taz | Viele EU-Politiker haben den Atem angehalten, als Friedrich
       Merz [1][am Dienstag im ersten Durchgang der Kanzlerwahl durchfiel.]
       Schließlich gilt der CDU-Chef in Brüssel als Hoffnungsträger, der die EU
       aus der Dauerkrise führen soll. Doch als der CDU-Chef dann doch noch
       gewählt wurde, passierte erst mal – nichts. In der EU-Kommission knallten
       keine Sektkorken, im Ratsgebäude gab es keine Hurra-Rufe.
       
       Freudige Gesichter sind erst am Freitag zu erwarten, wenn Merz zu seinem
       Antrittsbesuch in Brüssel erwartet wird. Bis dahin herrscht vor allem eins:
       Unverständnis. Wie konnte es passieren, dass Merz, den man in Brüssel noch
       aus seiner Zeit als Europaabgeordneter kennt, so einen chaotischen Start
       hinlegt? Und was sagt das Berliner Beinahedebakel über seine
       Führungsqualitäten?
       
       Der neue Kanzler sei ein „ausgewiesener Freund und Kenner Europas“,
       versuchte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu beruhigen. Die
       CDU-Politikerin schätzt Merz; sie hat ihm ihre zweite Amtszeit in Brüssel
       zu verdanken. Er hatte sie bei der Europawahl zur Spitzenkandidatin
       nominiert, nun sind beide zum Erfolg verdammt. „Ich freue mich auf eine
       enge Zusammenarbeit“, frohlockt von der Leyen.
       
       Doch jenseits des christdemokratischen Clubs hält sich die Vorfreude in
       Grenzen. „Wer so lange gespalten hat, kann anscheinend kein Land einen“,
       schrieb der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss auf „X“. Im EU-Parlament
       gebe es „Zweifel, ob Deutschland mit Friedrich Merz als Kanzler tatsächlich
       Stabilität und Führung in Europa bringen würde“, so die
       FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn.
       
       ## Lange Wunschliste der EU-Politiker
       
       Die Wunschliste der EU-Politiker ist lang. Ganz oben steht das Ende des
       „German vote“ – also der deutschen Blockade von EU-Entscheidungen, weil man
       sich in Berlin nicht einig war. Dafür will Merz persönlich sorgen, die
       Europapolitik hat er zur Chefsache erklärt. Mit dem bisherigen
       EU-Botschafter Michael Clauß hat er sich einen versierten Fachmann ins
       Kanzleramt geholt.
       
       Doch ob das reicht, ist fraglich. Schon beim zweiten großen Thema auf der
       europäischen Wunschliste – dem Geld – steht Merz genau wie sein
       Amtsvorgänger Olaf Scholz auf der Bremse. Deutsche Führung heißt auch
       deutsches Geld – doch Berlin will weder das Brüsseler Budget aufstocken
       noch neue EU-Schulden für die Aufrüstung bewilligen. Hier könnte Merz sogar
       mit von der Leyen aneinandergeraten.
       
       Die neue Bundesregierung hat zwar keine Probleme mehr mit der Verteidigung
       und mit Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Lockerung der deutschen
       Schuldenbremse macht fast alles möglich. Allerdings hat Merz übersehen,
       dass deutsche Schulden auch in Brüssel notifiziert werden müssen – und dass
       sie gegen die EU-Schuldenregeln verstoßen. Berlin hat nun eine Ausnahme
       beantragt, der Ausgang ist offen.
       
       Streit droht auch beim dritten großen EU-Thema – Asyl und Migration.
       [2][Die angekündigten deutschen Grenzkontrollen] werden vor allem die
       europäischen Nachbarn treffen. Polen und Luxemburg haben schon Protest
       angemeldet und die EU-Kommission aufgefordert, den freien Personenverkehr
       im Schengenraum zu schützen. Doch von der Leyen duckt sich weg; sie will
       sich nicht gleich zu Beginn mit Merz anlegen.
       
       7 May 2025
       
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