# taz.de -- Polen wählt einen Präsidenten: Polens Tor zur Ukraine
       
       > In der Unistadt Rzeszów leben viele junge Menschen, konservative wie
       > progressive. Wie blicken sie auf die Sicherheitslage?
       
 (IMG) Bild: Alles fürs „Vaterland“: Junge Mitglieder der paramilitärischen Organisation Strzelec am Tag ihres Schwurs, Polen zu verteidigen
       
       Rzeszów und Sokołów taz | Maja Lichota blinzelt in die Sonne, sie schwitzt
       in ihrer grünen Uniform. Bei sommerlichen Temperaturen steht sie mit 50
       weiteren Kindern und Jugendlichen in schweren Lederstiefeln in
       Zweierreihen vor einer katholischen Kirche in Sokołów Małopolski, einem
       Dorf im Südosten Polens. Der 18-Jährigen ist es egal, wie warm es ist, sie
       trägt ihre Uniform mit Stolz. „Schon immer wollte ich Teil von etwas sein,
       eine Uniform tragen und dazugehören zu einer Gruppe“, sagt sie. An diesem
       ersten Samstag im Mai ist es so weit für Lichota, sie wird offizielles
       Mitglied bei der paramilitärischen Gruppe Strzelec.
       
       Die Gruppe gleicht einem Pfadfinderverbund – nur dass die Mitglieder dort
       lernen, wie sie das „Vaterland“ verteidigen können. Die jüngsten Mitglieder
       sind 4 Jahre alt, für die Kinder bis zur achten Klasse gibt es eine
       separate Gruppe. Die meisten beginnen ihre Laufbahn mit 14 Jahren, lernen
       einmal die Woche militärische Grundlagen. Wie überlebe ich im Wald? Wie
       leiste ich Erste Hilfe? Im Klubhaus spielen die Kinder Tischtennis, sie
       kickern und lernen, wie sie eine Kbs wz. 1996 Beryl auseinanderbauen, das
       Gewehr der polnischen Streitkräfte.
       
       Besonders beliebt ist das Freizeitangebot im Karpartenvorland im Südosten
       Polens, wo auch Maja Lichota wohnt. In Rzeszów wird das
       Gemeinschaftszentrum von Strzelec von der Stadt mitfinanziert, die
       Mitglieder zahlen freiwillige Jahresbeiträge, meistens liegen diese bei
       umgerechnet 25 Euro. Der Rest wird über Spenden finanziert.
       
       Seit Jahren ist Polen Musterschüler in der Europäischen Union, wenn es um
       Aufrüstung geht. Aus Angst vor Russland will die seit Dezember 2023
       amtierende proeuropäische Regierung von Donald Tusk 2026 fast 5 Prozent
       seines Bruttoinlandsprodukts in die Landesverteidigung stecken. Auch in der
       noch bis Ende Juni andauernden EU-Ratspräsidentschaft hat Polen die
       Sicherheit Europas [1][ganz oben auf die politische Agenda gesetzt]. Junge
       Menschen in Maja Lichotas Alter sind mit Frieden in Europa aufgewachsen.
       Doch seit der russischen Invasion in die Ukraine haben Gruppen wie die
       Strzelec Zulauf.
       
       ## Joe Biden aß hier Pizza, Selenskyj steigt hier um
       
       Die Blaskapelle beginnt zu spielen, Maja Lichota marschiert im
       Gleichschritt mit den anderen zum Park, wo die Aufnahmezeremonie
       stattfindet. Nicht alle schwingen ihre Arme im 90-Grad-Winkel am Körper
       vorbei, auch Lichota gerät kurz aus dem Takt, stoppt und beginnt von vorn.
       Die Schülerin ist Teil der Ortsgruppe in Rzeszów, doch ihren offiziellen
       Schwur, Mitglied bei Strzelec zu sein, legt sie im Nachbarort ab.
       
       Rund 250 Leute engagieren sich in ihrer Stadt bei der Organisation. Für
       viele ist es eine Vorbereitung für den Militärdienst, auch ihr 22-jähriger
       Freund Oskar Zimnicki ist nach der Schule dem Heer beigetreten. Maja
       Lichota hat noch ein Jahr bis zu ihrem Abschluss. Und dann? Wird sie
       Soldatin? Zieht sie im Zweifel in den Krieg? Daran will sie noch nicht
       denken, sagt sie. Auch in Rzeszów so nah an der Grenze fühle sie sich dafür
       noch zu sicher. Bisher.
       
       90 Kilometer sind es von ihrem Zuhause bis in die Ukraine. Als „Tor in die
       Ukraine“ wird Rzeszów oft bezeichnet. Ex-US-Präsident Joe Biden aß hier
       Pizza, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj steigt regelmäßig am
       hiesigen Bahnhof um. Seit Februar 2022 ist der militärische Teil des
       Flughafens Rzeszów-Jasionka eine Art Blackbox. Man weiß, dass er als
       Drehscheibe für Lieferungen von schweren Waffen des Westens in die Ukraine
       dient. Über die direkte Bahnstrecke in die Ukraine erreichen die
       Rüstungslieferungen das Kriegsgebiet.
       
       Die Zahl der US-Amerikaner an der Basis in Jasionka stieg im Jahr 2022. Für
       viele Menschen hat sich das Bild der Stadt merklich verändert.
       Amerikanische Soldaten liefen damals über die Gehwege der Altstadt, saßen
       in der Pizzeria am Marktplatz und aßen Burger und Steak in der Texas-Bar
       und Tacos im Habana. Neu aufgemacht habe für die Soldaten zwar nichts,
       Polen interessiere sich schon lange für die US-amerikanische Kultur und ihr
       Essen, doch die Geschäfte in der Innenstadt machten gute Gewinne, erzählen
       die Anwohner*innen.
       
       ## In Polen leben fast 1 Million ukrainische Geflüchtete
       
       Jetzt, nach knapp drei Jahren, ist ein Großteil der amerikanischen Truppen
       überraschend abgezogen. Anfang April kündigte das Europa- und
       Afrika-Kommando der US-Armee an, die Soldaten an andere Standorte in Polen
       zu versetzen. Der Betrieb soll künftig unter polnischer Führung und in
       Zusammenarbeit mit weiteren Nato-Verbündeten fortgeführt werden. Die
       amerikanischen Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot bleiben bisher noch in
       Jasionka. Die Batterien sind am Flughafen aufgereiht – und gen Osten
       ausgerichtet.
       
       Mit Blick auf das Rollfeld verkauft eine Familie in ihrer Imbissbude auf
       der anderen Straßenseite Kebab. Ein paar US-Soldaten stehen um den kleinen
       roten Container herum, ein Plakat des rechtsextremen
       Präsidentschaftskandidaten Grzegorz Braun klebt an der Wand. Am 18. Mai
       wird in Polen ein neuer Präsident gewählt.
       
       Die Regierungsparteien und vor allem Ministerpräsident Donald Tusk von der
       liberal-konservativen Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska, kurz: KO)
       hoffen, mit einem Präsidenten aus den eigenen Reihen [2][die Reformen der
       nationalkonservativen PiS-Partei rückgängig machen zu können]. Zwischen
       2015 und 2023 wurde das politische System so stark deformiert, dass es in
       vielerlei Hinsicht nicht mehr demokratischen Kriterien entsprach. Und bis
       heute verhindert der amtierende PiS-nahe Präsident Andrzej Duda jedes
       Reformgesetz der Mitte-links-Regierung, indem er entweder sein Veto
       einlegte oder den Gesetzentwurf an das Verfassungsgericht weiterleitete.
       Das ist aber ausschließlich mit Richtern besetzt, die der PiS nahestehen.
       Das [3][soll sich mit der Präsidentschaftswahl ändern].
       
       An diesem 1. Mai ist kaum etwas los in Rzeszów. Feiertag. Die Sonne scheint
       auf den leeren Supermarktparkplatz. Über den Truppenabzug und überhaupt die
       vergangenen Jahre in Polens „Little Ramstein“ will hier keiner sprechen.
       Nicht nur US-amerikanische Soldaten kamen seit 2022 in die Stadt. Rzeszów
       nahm zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Jahr 2022
       mehrere Zehntausende Ukrainer*innen auf. In Polen leben über das Land
       verteilt heute fast 1 Million ukrainische Geflüchtete, viele kamen über
       Rzeszów nach Polen. Versorgung, Unterbringung und Betreuung waren und sind
       ein Kraftakt für die rund 200.000 Einwohner*innen. Dank ihrer beiden
       Universitäten leben viele junge Leute in Rzeszów. Knapp ein Viertel der
       Bevölkerung sind Studierende.
       
       ## Viele sympathisieren mit der rechtsextremen Konfederacja
       
       So auch Michalina und Kate. Beide kennen sich aus ihrer Arbeit bei einer
       Diversitäts-AG an der Universität. Michalina, 22, studiert seit drei
       Jahren Philosophie und ist in Rzeszów geboren und aufgewachsen. Kate, 24,
       ist für ihr Studium der russischen Philologie hergezogen, sie wohnt im
       Wohnheim.
       
       Als viele Ukrainer*innen nach Polen kamen, engagierten sich beide bei
       einer Anlaufstelle in der Innenstadt, verteilten Essen und Kleidung. Sie
       machen sich Sorgen um ihre Zukunft in Polen. „Wir leben hier in einer sehr
       linken, queeren Blase mit unseren Freunden, aber von der Politik in Polen
       fühlen wir uns im Stich gelassen.“ Viele junge Menschen und besonders junge
       Männer, sympathisieren mit der rechtsextremen Partei Konfederacja, sagen
       sie, das mache ihnen Angst. Deshalb und aufgrund der allgemein
       queerfeindlichen Stimmung in Polen möchten sie in diesem Artikel auch nicht
       mit Nachnamen genannt werden.
       
       Sławomir Mentzen ist der Shootingstar von Konfederacja. Laut einer Umfrage
       der Batory Foundation von Anfang Mai favorisieren Pol:innen zwischen 18
       und 29 Jahren Mentzen bei der Präsidentschaftswahl. Fast zwei Drittel der
       potenziellen Wähler der Konfederacja sind unter 34 Jahre alt. Mentzen,
       der extrem aktiv auf Tiktok ist, präsentiert sich nationalistisch und
       antieuropäisch, ist in gesellschaftspolitischen Fragen konservativ und
       strikt gegen Abtreibung.
       
       Auf dem zweiten Platz steht bei jungen Wähler*innen der liberale
       Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski, der auch generell als
       Favorit gilt. Er ist der Kandidat von Tusks Regierungspartei KO. Bisher
       gehen Meinungsforschungsinstitute davon aus, dass Trzaskowkski in der
       Stichwahl Anfang Juni gegen den PiS-nahen Karol Nawrocki, [4][einen
       Historiker und Ex-Boxer], antreten wird.
       
       Die Studentinnen Kate und Michalina wollen für einen der linken
       Kandidat*innen stimmen. Also für Magdalena Biejat oder Adrian Zandberg.
       Doch sie wissen auch, dass sie sich in der Stichwahl wahrscheinlich für
       einen ihnen eher unliebsamen Kandidaten entscheiden müssen. „Trzaskowski
       ist das kleinere Übel, vom PiS-Kandidaten erwarte ich noch weniger Gutes“,
       sagt Michalina.
       
       ## Das Leben in Polen ist teurer geworden
       
       Kate hofft, dass Polen die Rechte von queeren Personen besser schützt. „Es
       ist legal, als lesbische oder schwule Person zu leben, doch gegen Hassrede
       und Hetze gibt es kaum Strafen. Ich wünsche mir, dass wir wie
       heterosexuelle Paare Kinder gemeinsam adoptieren können und heiraten
       dürfen.“
       
       Gehen will sie aber nicht. Rzeszów sei zwar keine Metropole, doch sicher
       und offen genug, um hier als junge Frau gut leben zu können. „Rzeszów hat
       lustigerweise die meisten Kebabimbisse in der Umgebung“, erzählt Michalina.
       Abends leuchten die roten und orangefarbenen Schilder der Imbissbuden mit
       den froschgrünen Logos der kleinen Supermarktkette Żabka, benannt nach eben
       jenem Tier, um die Wette. Es gebe ein Meme, erzählt Michalina, dass sich
       die Konservativen in Polen über Migration aufregen und danach in ihren
       liebsten Kebabladen gehen.
       
       Wie in vielen Städten Polens ist der Stadtkern umgeben von Einkaufszentren.
       Gegenüber einem dieser Glaskolosse blicken ein Bauer, ein Arbeiter und ein
       Soldat auf die Kreuzung vor dem Stadtzentrum herunter. Das steinerne Trio
       begrüßt die Autos, die von der Autobahn aus Warschau und Krakau nach
       Rzeszów kommen. Es ist Teil eines Denkmals, das einige Politiker*innen
       entfernen wollen, denn es erinnert an die Zeit der Polnischen
       Volksrepublik von 1944 bis 1989. Die Regionalverwaltung kämpft seit
       Jahren darum, das kommunistische Denkmal abzureißen, die Mehrheit der
       Bürger*innen Rzeszóws ist dagegen. Für Michalina und Kate gehört die
       „große Fo***“, wie das Monument fast alle in der Stadt wegen ihrer
       mandelförmigen Form nennen, zum Stadtbild dazu.
       
       Michalina würde gern näher an die Altstadt ziehen, erzählt sie. Doch
       leisten kann sie sich das nicht. Eine Zweizimmerwohnung würde umgerechnet
       mindestens 500 bis 600 Euro Miete kosten. Im Durchschnitt verdient man in
       Polen 1.165 Euro, und hier im Osten des Landes noch weniger. Michalina hat
       neben der Uni momentan keinen Job, sie bleibt bei ihren Eltern.
       
       Viele junge Pol*innen fordern finanzielle Entlastungen von ihrer
       Regierung. Laut einer Umfrage der Onlineplattform onet.pl unter 18- bis
       25-Jährigen von Mitte April klagen diese über die Preise bei Immobilien,
       Medikamenten und Lebensmitteln.
       
       Auch Oskar Zimnicki und Maja Lichota wünschen sich mehr Unterstützung für
       junge Menschen. „Seit Jahren investiert Polen in sein Militär, das ist gut
       so. Doch das kann nicht bedeuten, dass wir die Sozialpolitik
       vernachlässigen sollten“, sagt Zimnicki. Sie leben zusammen in einer
       Einzimmerwohnung. Das Leben in Polen ist seit dem Angriffskrieg Russlands
       teurer geworden, Energie- und Lebensmittelpreise sind gestiegen, die
       Inflation lag Mitte 2022 bei etwa 14 Prozent im Vergleich zum
       Vorjahreszeitraum. Auch heute liegt die Inflation noch bei knapp 5 Prozent.
       Beim Einkaufen lacht nur der Marienkäfer auf dem Logo des Discounters
       Biedronka.
       
       Wieder offener über Politik sprechen
       
       „Wir sprechen schon auch über Politik und was wir uns erhoffen, aber auch
       nur mit Leuten, die ähnliche Ansichten haben“, sagt Maja Lichota. „Meine
       Freunde sind eher konservativ. Wir finden es gut, dass Polen seine Grenzen
       schützen will und wir uns für einen möglichen Krieg rüsten“, sagt Oskar
       Zimnicki. Aus der EU austreten, so wie Präsidentschaftskandidat Sławomir
       Mentzen es bis vor Kurzem forderte, wolle man nicht. Mentzen sei
       unberechenbar, findet Lichota. Wen sie stattdessen wählen wird, will sie
       nicht sagen. Sie wünscht sich aber, dass junge Menschen wieder offener
       miteinander über Politik sprechen können.
       
       Kate sieht das anders: „Ich möchte mich nicht mit jemandem unterhalten, der
       de facto nicht will, dass ich existiere“, sagt die 24-Jährige. Sogar ihre
       Mitbewohnerin schaute sich eine Zeit lang Mentzens Tiktok-Videos an und
       wollte ihn wählen, erzählt Kate. Die beiden teilen sich ein Zimmer im
       Studentenwohnheim von Rzeszów. Der verblasste graugelbe Block ragt mit
       seinen elf Etagen in den Himmel. Er wirkt – im Gegensatz zum zwanzig
       Minuten entfernten gläsern-modernen Campus – aus der Zeit gefallen. Neben
       dem Eingang befindet sich der Klub Pod Palmą, nachts leuchten dort rote
       LED-Palmen und junge Studierende warten darauf, hineingelassen zu werden.
       
       Kate geht lieber in die Innenstadt zum Feiern, auch wenn sie nur ihr
       Fenster öffnen müsste. „An den Lärm von unten habe ich mich mittlerweile
       gewöhnt“, sagt sie, ihre Mitbewohnerin störe die Musik eher. Zwischen den
       beiden Betten ihrer Wohnung im siebten Stock ist kaum Platz für einen
       Schreibtisch. „Nimm meine Hand auf dem Weg zur Revolution“ steht auf einem
       Poster an der Wand, daneben eine Karte Russlands. Die Deko sei „schlecht
       gealtert“, sagt Kate mit Blick auf die Karte und lacht.
       
       Aus dem Weg kann sie ihrer Mitbewohnerin, die einen Meter von ihr entfernt
       schläft, nicht gehen, daher haben ihre politischen Ansichten Kate anfangs
       besorgt. Doch ihre Mitbewohnerin habe schnell gemerkt, wie inkonsistent die
       Ansichten von Sławomir Mentzen auf Tiktok und in Debatten waren. Und es
       sich anders überlegt. „Frage eine Frau nicht nach ihrem Alter, einen Mann
       nicht nach seinem Gehalt und Mentzen überhaupt nichts“, sei ein Meme, das
       unter jungen Leuten kursiere.
       
       Für sie sei es zu Beginn eine Herausforderung gewesen, aus ihrer Heimat in
       der Nähe von Gdansk im Norden des Landes wegzuziehen, sagt Kate. Die
       politische Spaltung in Polen ist mehrdimensional, sie verläuft zwischen
       Frau und Mann, Stadt und Land, aber auch zwischen dem Westen und dem Osten.
       Letzterer ist konservativer geprägt.
       
       ## Geschichte spielt eine zentrale Rolle
       
       Ob konservativ oder progressiv, das Bedürfnis nach Sicherheit haben auch
       viele junge Pol*innen. Michalina und Kate sind klar „für Frieden und gegen
       Krieg“. Dass die Tusk-Regierung weiterhin viel Geld investiere, um Polen
       sicherer zu machen, befürworten sie. Denn Polens Geschichte habe gezeigt,
       dass man sich selbst verteidigen muss.
       
       In Polen spielt die Geschichte eine zentrale Rolle für die nationale
       Identität. Der Fokus liegt stark auf Unabhängigkeit, Widerstand und
       historischer Bedrohung – das wird besonders an Gedenktagen deutlich. Doch
       diese Haltung hat oftmals auch etwas Exklusives und rutscht teils ins
       Nationalistische, was besonders von rechten Kräften getragen wird,
       kritisieren Extremismusforscher.
       
       Das Militär genießt in Polen sehr hohes Vertrauen – teils höher als die
       Regierung – und wird als Schutzschild gegen Bedrohungen wie Russland oder
       Belarus gesehen. Besonders im Osten ist das deutlich spürbar. Das
       historisch aufgeladene Bild der Landesverteidigung spricht vor allem Männer
       an.
       
       Auch an dem sonnigen Tag in Sokołów Małopolski sind es vor allem junge
       Männer, die mit Maja Lichota zusammen den Schwur leisten. Zwei Finger
       Richtung Himmel gestreckt, das Barett in der anderen Hand, leisten sie
       ihren Eid. „Ich werde immer bereit sein, die Unabhängigkeit zu verteidigen,
       bis zum letzten Tropfen Blut. Und werde der Republik Polen dienen bis zum
       letzten Atemzug.“ Maja Lichota ist nun Mitglied von Strzelec. Für sie geht
       ein Traum in Erfüllung.
       
       Kate und Michalina hingegen wollen nichts mit dem Militär zu tun haben. An
       der Waffe zu üben sei für sie unvorstellbar, erzählen sie, während sie über
       den Marktplatz laufen. In einer Parallelstraße findet ein Frühlingsmarkt
       statt. Rund um die Schlossanlage bieten die Verkäufer*innen Honig,
       Karamellbonbons oder Schmuck aus Bernstein an. Unten im Park spielen Kinder
       in der Sonne und lassen sich vom Springbrunnen nassspritzen. Neben dem
       Markt glänzen weiße Aufsteller in der Abendsonne, auf ihnen sind
       Fotografien von weiblichen polnischen Künstler*innen zu sehen.
       
       Auf einem reicht eine ältere Dame einem Teenager eine Rose. Er trägt – wie
       Kate – einen Stoffbeutel in Regenbogenfarben, dazu ein Lederband mit Nieten
       um den Hals. Er blickt schüchtern zu der Frau. Unter dem Bild ist zu lesen:
       „Zwei Generationen, zwei Welten. Wir beginnen das neue Jahr mit vielen
       Herausforderungen, aber vielleicht wird 2025 besser? Ich setze meine
       Hoffnung in die neue Generation.“
       
       16 May 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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