# taz.de -- Abschiebung aus dem Frauenhaus: Schutzraum nicht mehr sicher
       
       > Die Bewohnerin eines Hamburger Frauenhauses ist mit ihren beiden Kindern
       > abgeschoben worden. Autonome Frauenhäuser sprechen von „Zäsur“.
       
 (IMG) Bild: Sollte eigentlich unantatsbar sein: Frauenhaus
       
       Hamburg taz/dpa | Eine 28-jährige Türkin und ihre beiden sechs und acht
       Jahre alten Kinder, die in einem Hamburger Frauenhaus Schutz vor dem
       gewalttätigen Ex-Partner gesucht haben, sind abgeschoben worden. Sie wurden
       bei einem Termin in der Ausländerbehörde in Gewahrsam genommen, wie die
       Behörde bestätigte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte zuvor
       den Asylantrag der Frau als unbegründet abgelehnt und im Rahmen des
       Dublin-Verfahrens ihre Abschiebung nach Österreich angeordnet.
       
       Eine Mitarbeiterin, die seit 2010 in dem Frauenhaus arbeitet, sagte der
       taz, so etwas habe sie noch nicht erlebt. Laut Mitteilung der Frauenhäuser
       hatte die Frau der Behörde im August dieses Jahres ihre Absicht zur
       freiwilligen Rückkehr in ihr Herkunftsland mitgeteilt und war dabei, die
       notwendigen Schritte zur Ausreise vorzubereiten. Zur Frage, warum sie
       trotzdem abgeschoben wurde, sagten die Behörden am Freitag nichts.
       
       „Die [1][Autonomen Frauenhäuser Hamburg] sind erschüttert über das Vorgehen
       der Hamburger Ausländerbehörde und des rot-grünen Senats, die auch vor der
       Ingewahrsamnahme von Frauen und Kindern, die vor Gewalt geflohen sind,
       nicht zurückschrecken“, teilten die Frauenhäuser mit. „In Österreich wurden
       die Frau und ihre Kinder in eine Unterkunft gebracht, zu der auch ihr
       gewalttätiger Ex-Partner Zugang hat – die Person, vor der sie geflohen
       ist“, schilderte eine Mitarbeiterin.
       
       Diese Abschiebepraxis stelle eine Bedrohung für die Arbeit der Frauenhäuser
       dar, die als anonyme Schutzorte für Gewaltbetroffene gedacht sind. „Durch
       das Vorgehen wird die Sicherheit dieser Schutzräume ernsthaft untergraben –
       eine Zäsur in der Geschichte der Hamburger Frauenhäuser“, hieß es in der
       Mitteilung.
       
       ## Linke spricht von nächster Eskalationsstufe
       
       Die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Cansu Özdemir, kritisierte,
       dass die 28-Jährige und ihre Kinder während der Ingewahrsamnahme und im Bus
       die Toilette nur bei offener Tür benutzen durften. „Das ist eine unfassbare
       Verletzung der Intims- und Privatsphäre“, so Özdemir. Außerdem sei die Frau
       dazu gedrängt wurde, die vertrauliche Adresse des Frauenhauses
       bekanntzugeben, das sei „ein Verstoß gegen die wichtigste Grundregel zum
       Schutz der Frauenhäuser“.
       
       „Nach der Abschiebung aus dem Kirchenasyl ist dies die nächste
       Eskalationsstufe, die der Senat einleitet“, teilte die fluchtpolitische
       Sprecherin der Linken, Carola Ensslen, mit. Zuletzt hatte der Fall eines
       Afghanen für Aufsehen gesorgt, der [2][aus einem Hamburger Kirchenasyl nach
       Schweden abgeschoben] wurde. Der Senat „betreibt einen riesigen Aufwand, um
       ausgerechnet die vulnerabelsten Menschen abzuschieben“.
       
       ## Nicht die erste Abschiebung aus Schutzraum
       
       Im Sommer 2021 hatte Hamburgs Ausländerbehörde eine [3][Mutter und ihr Kind
       aus einer Unterkunft in Hamburg-Eppendorf abgeschoben], die speziell für
       geflüchtete Frauen eingerichtet wurde, die Schutz vor gewalttätigen
       Ex-Partnern suchen. Damals sagte Matthias Krumm, Sprecher des Amtes für
       Migration: „Aus Sicht der Ausländerbehörde dienen sichere Unterkünfte dem
       Schutz vor unrechtmäßigen Übergriffen durch Dritte, nicht vor staatlichen
       Maßnahmen.“ Die Autonomen Hamburger Frauenhäuser fordern: „Frauenhäuser
       müssen sichere Orte bleiben“.
       
       10 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://hamburgerfrauenhaeuser.de/startseite
 (DIR) [2] /Kirchenasyl-gebrochen/!6036824
 (DIR) [3] /Abschiebung-verfolgter-Frauen/!5779557
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Frauenhaus
 (DIR) Gewalt gegen Frauen
 (DIR) Abschiebung
 (DIR) Hamburg
 (DIR) GNS
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Asyl
 (DIR) Gewalt gegen Frauen
 (DIR) Bremen
 (DIR) Kirchenasyl
 (DIR) Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
 (DIR) Asyl
 (DIR) Pflege
 (DIR) häusliche Gewalt
 (DIR) Frauenhäuser
 (DIR) Schwerpunkt Femizide
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) 20 Jahre Mahnwache vor Ausländerbehörde: „Sie sind ja immer noch hier“
       
       Am Donnerstag feierten Aktivist*innen das 20jährige Bestehen der
       Mahnwache vor der Hamburger Ausländerbehörde. Just zum Jubiläum kam die
       Polizei.
       
 (DIR) Geflüchtete Jesidin anonym in Köln: Leben wie auf Pause gestellt
       
       Die Jesidin Zilan floh aus dem Irak nach Deutschland. Ihr droht
       Abschiebung, doch mithilfe von „Bürger:innenasyl“ kommt sie anonym in einer
       WG unter.
       
 (DIR) Finanzierung von Hilfseinrichtungen: Schutz im Frauenhaus auf eigene Kosten
       
       Viele Betroffene müssen für den Aufenthalt in einer Schutzeinrichtung
       selbst aufkommen. Die Folge: enorme zusätzliche Hürden für die
       Schutzsuchenden.
       
 (DIR) Bremens Innensenator bricht Kirchenasyl: Abschiebung scheitert an Zivilgesellschaft
       
       Rund 100 Engagierte verhindern eine nächtliche Abschiebung aus der
       Zionskirche. Grüne und Linke distanzieren sich vom Bruch des Kirchenasyls.
       
 (DIR) Schutz für Geflüchtete: Dem Bruch lauter entgegentreten
       
       Ein virtuelles Treffen in Sachen Kirchenasyl findet positives
       Abschlussstatement. Berliner Bischof verteidigt das Recht, Geflüchtete zu
       schützen.
       
 (DIR) Frauenfeindlichkeit: Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich
       
       Mitarbeitende von Gerichten und Jugendämtern hegen Vorurteile gegen Mütter.
       Dies schwächt den Schutz der Kinder, wie eine neue Studie zeigt.
       
 (DIR) Nach Abschiebung aus Frauenhaus: Irgendwo bei Salzburg
       
       Wie es der jungen Frau geht, die vor zwei Wochen mit ihren beiden kleinen
       Kindern aus Hamburg nach Österreich abgeschoben wurde, ist unklar.
       
 (DIR) Pflegehelfer sollen abgeschoben werden: Wichtig aber nicht gewollt
       
       Ein Heim für Demenzkranke bei Bremen fürchtet, schließen zu müssen. Ein
       Drittel der Pflegekräfte kommt aus Kolumbien und soll abgeschoben werden.
       
 (DIR) Häusliche Gewalt: Erste Hilfe bei Männergewalt
       
       Immer mehr Frauen in Deutschland sind von häuslicher Gewalt betroffen.
       Miriam Peters tourt mit einem Lieferwagen übers Land, um Betroffenen zu
       helfen.
       
 (DIR) Wohnungen für schutzsuchende Frauen: Raus aus dem Frauenhaus
       
       Sara* und ihr Sohn haben eine eigene Wohnung gefunden – und damit einen Weg
       aus dem Frauenhaus. Das Projekt Vivienda war dabei behilflich.
       
 (DIR) Femizide in Hamburg: Jede Menge Einzelfälle
       
       Nach dem sechsten Femizid in Hamburg protestieren Aktivist*innen gegen
       die Verharmlosung als Ausnahmefall. Sie fordern eine Aufarbeitung.