# taz.de -- Abschiebungen nach Tadschikistan: Nicht oppositionell genug
       
       > Erneut soll ein Oppositioneller nach Tadschikistan abgeschoben werden. In
       > zwei früheren Fällen wanderten die Betroffenen für Jahre in den Knast.
       
 (IMG) Bild: Oppositioneller Protest beim Besuch des tadschkischen Präsidenten Emomalij Rahmon in Berlin im September 2023
       
       Bochum taz | Trotz drohender Haft und Folter setzt die Bundesrepublik
       weiter auf die Abschiebung von Oppositionellen nach Tadschikistan. Schon am
       Mittwoch könnte der Regimegegner Dilmurod Ergashev, Mitglied der in dem
       zentralasiatischen Land verbotenen „Gruppe 24“, in die Hände des
       Geheimdiensts des autoritär herrschenden Präsidenten Emomalij Rahmon
       gelangen.
       
       Der 40-Jährige lebt seit 2011 in Deutschland. Ergashev war in der
       vergangenen Woche in der Ausländerbehörde seines Wohnorts Kleve am
       Niederrhein verhaftet worden und saß danach im nordrhein-westfälischen
       Abschiebegefängnis in Büren ein – sein Mobiltelefon war Dienstagmittag
       nicht mehr erreichbar. Am Mittwochmorgen könnte er vom Flughafen Düsseldorf
       aus über Istanbul in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe abgeschoben
       werden.
       
       Ihm droht damit ein ähnliches Schicksal wie den Oppositionellen Abdullohi
       Shamsiddin und Bilol Qurbonaliev, die 2023 nach ihrer Abschiebung nach
       Tadschikistan direkt verhaftet wurden. Shamsiddin wurde daraufhin nach nur
       zweitägigem Schauprozess zu einer 7-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt,
       [1][die taz hatte darüber berichtet]. Qurbonaliev wurde zu 10 Jahren
       Strafhaft verurteilt.
       
       Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, das norwegische
       Helsinki-Komitee und die Organisation Freedom for Eurasia kritisieren die
       drohende Abschiebung massiv. Ergashev drohe nicht nur langjährige Haft,
       sondern auch Folter, argumentieren sie. Er habe nicht nur gegen die
       Abschiebung Shamsiddins protestiert, sondern auch beim Deutschlandbesuch
       von Präsident Rahmon im September 2023 vor der tadschikischen Botschaft
       demonstriert.
       
       ## Eilantrag abgewiesen
       
       In der Vergangenheit wurden [2][Oppositionelle bereits im tadschikischen
       Staatsfernsehen als angebliche Terroristen mit deutlichen Spuren von
       Misshandlung vorgeführt]. „Eine ähnliche Abschiebung darf sich jetzt in
       Kleve nicht wiederholen“, fordert deshalb auch [3][Sebastian Rose vom
       Abschiebungsreporting NRW].
       
       Deutsche Behörden wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)
       und der Kreis Kleve halten Ergashevs Abschiebung dennoch für
       gerechtfertigt. Ihm werde vorgeworfen, seine wahre Identität zwischen 2011
       und 2017 verschleiert zu haben, offenbar aus Angst vor einer erzwungenen
       Rückführung, sagte Ergashevs Anwältin Anna Wottke der taz.
       
       Das Verwaltungsgericht Düsseldorf folgte am Dienstagmorgen der
       Bamf-Argumentation: Ergashevs oppositionelle Aktivitäten seien nicht
       intensiv genug, um eine Verfolgung in Tadschikistan wahrscheinlich
       erscheinen zu lassen. Das Gericht wies einen Eilantrag gegen die
       unmittelbar drohende Abschiebung ab.
       
       „Kern der Argumentation ist, mein Mandant suche nur die Nähe zu
       Oppositionellen, um Gründe für einen Asylanspruch zu konstruieren und so in
       Deutschland arbeiten zu können“, kritisiert Anwältin Wottke. Dabei habe
       Ergashev nicht nur in Berlin gegen Machthaber Rahmon protestiert, sondern
       nehme regelmäßig an Treffen der Opposition teil. [4][Das bestätigt auch der
       Vorsitzende der Dissidentenbewegung „Reformen und Entwicklung
       Tadschikistans“], Sharofiddin Gadoev.
       
       „In Tadschikistan gilt Ergashev als Oppositioneller, als politischer
       Aktivist“, warnt hingegen Hugh Williamson von Human Rights Watch: „Es ist
       sicher, dass er nach einer Abschiebung wie Shamsiddin und Qurbonaliev
       jahrelang ins Gefängnis kommt. Deutschland muss das verhindern.“
       
       5 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tadschikischer-Oppositioneller/!5923085
 (DIR) [2] https://www.spiegel.de/politik/ausland/tadschikistan-is-anschlag-auf-touristen-das-regime-wiegelt-ab-a-1221243.html
 (DIR) [3] https://www.abschiebungsreporting.de/kleve-drohende-abschiebung-nach-tadschikistan-in-haft-und-folter/
 (DIR) [4] https://tajreform.org/en/the-life-of-our-political-activist-dilmurod-ergashev-in-germany-is-under-threat-of-deportation-to-tajikistan-we-urgently-appeal-to-the-government-of-germany-and-international-human-rights-organizat-2/
       
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