# taz.de -- Gundula Schulze Eldowy und Robert Frank: Die skurrilen Figuren der Stadt
       
       > Zwischen Ostberlin und New York verband die Fotografen Gundula Schulze
       > Eldowy und Robert Frank eine Freundschaft, zeigen zwei Berliner Schauen.
       
 (IMG) Bild: New York 1990: „Robert Franks Augen im Rückspiegel“ aus der Serie „Halt die Ohren steif!“
       
       Heute noch müsste diese Frage für junge Künstler:innen aus Berlin eine
       Verheißung sein: „Möchtest du eine Ausstellung in New York haben?“, hatte
       der berühmte Fotograf Robert Frank Gundula Schulze Eldowy gefragt. Das war
       1985 in Ostberlin. Schulze Eldowy, die DDR-Bürgerin und 1954 in Erfurt
       geborene Absolventin der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig,
       war wie viele ihrer Künstlerkolleg:innen zu einem informellen Treffen
       gekommen. [1][Helga Paris] oder [2][Sibylle Bergemann] waren dabei, als
       Frank aus den fernen USA kurzfristig den Ostteil der Stadt besuchte.
       
       Das bezeugt eine kleine Fotografie in der Berliner Akademie der Künste, wo
       jetzt die Ausstellung „Halt die Ohren steif! Gundula Schulze Eldowy und
       Robert Frank“ eröffnete. Aus der Begegnung sollte sich zwischen der jungen
       Gundula Schulze Eldowy und dem dreißig Jahre älteren Robert Frank eine
       intensive Künstlerfreundschaft entwickeln, über den eisernen Vorhang
       hinweg.
       
       Gundula Schulze Eldowy hatte zu dem Zeitpunkt mit ungewohnter Direktheit in
       Schwarz-Weiß das von Krieg und Teilung gezeichnete Ostberlin porträtiert.
       Ihre Fotografien abseitiger, skurriler Charaktere der Stadt haben sich
       heute ins allgemeine Bildgedächtnis eingebrannt. Man kennt vielleicht ihr
       Bild von einem lieblich verwahrlosten Paar, das nie das Geld für ein
       Hochzeitsfoto besaß, oder das der Greisin Tamerlan, die nach einer
       Beinamputation fahl von ihrem Krankenhausbett in Schulze Eldowys Kamera
       blickt.
       
       Manchmal wirken ihre Motive derart aus der Zeit gefallen, als entsprängen
       sie den sozialkritischen Stadtszenen eines Hans Baluschek aus dem
       [3][Wilhelminischen Berlin]. Auch deswegen ist Gundula Schulze Eldowys von
       1977 bis 1990 angelegte Serie „Berlin in einer Hundenacht“ zeitgleich zur
       Schau in der Akademie der Künste im Berliner Bröhan-Museum ausgestellt, das
       sich einer Kunst des späten 19. Jahrhunderts widmet.
       
       ## Scheulos und zugetan auf die Menschen der DDR blicken
       
       [4][Robert Frank, der fotografierende, filmende, schreibende späte
       Beatnik,] der 1947 aus der Schweiz in die USA emigriert war, muss
       begeistert gewesen sein ob Schulze Eldowys scheulosen und zugetanenen
       Blicks auf die Menschen der DDR. 1986 schreibt er aus New York: „Du nimmst
       nichts weg von den Menschen, die du fotografierst. Ich glaube, dass wir
       alle die selben Gefühle und Schmerzen haben“, und fügt später hinzu: „Wenn
       du etwas willst von diesem Western Kapital (sic!), schreibe mir und ich
       werde trommeln.“
       
       Und offenbar hat er getrommelt. Noch bevor 1989 die Mauer fällt, ist
       Gundula Schulze Eldowy in New York bekannt, verkauft Bilder, die sie dank
       eines Mittelsmanns mit Diplomatenpass in den Westen schmuggelt, ihre Briefe
       mit Robert Frank tauscht sie über eine Westberliner Adresse aus.
       
       Viele dieser Briefe sind nun in der Akademie der Künste ausgestellt – und
       ihre Stasiakte. Denn Gundula Schulze Eldowy stand 1989 als mutmaßliche
       CIA-Agentin kurz vor der Verhaftung. Doch dann fiel die Mauer. 1990 reist
       sie nach New York und bleibt drei Jahre.
       
       Es beginnt ein künstlerischer Austausch zwischen ihr und Robert Frank. Der
       ist in der Berliner Akademie der Künste nachgezeichnet. Man sieht dann, wie
       sie sich von ihrer direkten Fotografie löst und zunehmend künstlerisch
       arbeitet. Während Frank seine Fotos wie Gemälde behandelt, die Oberflächen
       einritzt und beschriftet, experimentiert sie mit Farbe und Überblendungen.
       
       ## Das New York nach dem Kalten Krieg
       
       Franks Freunde, Allen Ginsberg und Peter Orlovsky, wird sie so abbilden.
       Kaum zu erkennen ist Ginsbergs Konterfei auf einer ausgestellten
       Fotografie, verschwindet im Gegenlicht der Sonne, darüber lagern die
       Konturen seines Lebenspartners Orlovsky, schemenhaft zeichnet sich eine
       Straßenflucht in Manhattan ab. Das ist das [5][alte New York der Beat
       Generation]. Doch in Gundula Schulze Eldowys Fotografien wird bald die
       zeitgenössische Stadt der 1990er sichtbar. Deren öffentliches Leben, ihre
       Schwulenparaden und Kundgebungen, ist expressiver als im verschlossenen
       Ostberlin.
       
       Flüchtig scheint ihr Bild von einer seltsamen Parade des US-Militärs
       aufgenommen. Großformatig hängt es in der Akademie-Ausstellung,
       Schausteller in Ketten inszenieren darauf 1991 den Sieg im Zweiten
       Golfkrieg. Nun hat sich eine andere Zeitschicht in ihre Fotografie gelegt,
       die einer neuen politischen Ära nach dem Kalten Krieg.
       
       26 Jan 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sophie Jung
       
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