# taz.de -- Umstrittene Abschiebepolitik: Abschiebe-Business von Airlines
       
       > Fluggesellschaften verdienen an Abschiebungen. Die Bundesregierung hält
       > die Namen der Unternehmen geheim, um sie vor Kritik zu schützen.
       
 (IMG) Bild: Ein Polizeibeamter begleitet einen Afghanen in einem Charterflugzeug nach Kabul
       
       Berlin taz |: 206 Massencharterflüge hat die Bundesregierung 2021 in
       Auftrag gegeben, um knapp 5.500 Menschen abzuschieben. Diese Information
       hat die Arbeitsgruppe „Deportation Alarm“ des grenzkritischen,
       aktivistischen Netzwerks „No Border Assembly“ auf einer neuen Website
       veröffentlicht.
       
       [1][Auf der Website] wurden Informationen rund um Charterabschiebeflüge
       zusammengetragen und so Finanzströme in Zusammenhang mit Abschiebungen
       errechnet. Insgesamt werden 18 Airlines benannt, die 2021 von den
       Abschiebungen der Bundesrepublik profitiert haben.
       
       Vorne liegt Wamos Air, eine spanische Charterfluggesellschaft, die 2021
       über 3,5 Millionen Euro [2][Umsatz mit der Durchführung von
       Abschiebeflügen] aus Deutschland gemacht hat. Drei deutsche Airlines haben
       auch profitiert. FAI, eine in Nürnberg ansässige Bedarfsfluggesellschaft,
       hat über 1 Million Euro für Flüge unter anderem nach Somalia, in den Sudan
       und nach Russland erhalten.
       
       Sundair machte 2021 ein Plus von über 300.000 Euro mit Abschiebeflügen, in
       denen 264 Menschen unter anderem in den Libanon und nach Russland
       transportiert wurden. German Airways hat über 200.000 Euro an der
       Durchführung von 12 Abschiebeflügen verdient.
       
       ## Aufzeigen, wer verdient
       
       Mit der Veröffentlichung der Daten zu den Fluggesellschaften wollen die
       Aktivist:innen von „No Border Assembly“ das Geschäft mit Abschiebungen
       von Migrant:innen aufdecken. „Kein Profit ohne Kritik“, so fasst Ciro,
       Pressesprecher von „Deportation Alarm“, die Überzeugung der
       Aktivist:innen gegenüber der taz zusammen. Die Bundesregierung hingegen
       möchte die Namen der Fluggesellschaften geheim halten. Mit Verweis auf
       grundgesetzlich verankerte Geheimhaltungsinteressen stufte die
       Ampelregierung die Benennung der Fluggesellschaften als Verschlusssache
       ein.
       
       „Eine öffentliche Benennung der Fluggesellschaften, die Rückführungsflüge
       anbieten, birgt die Gefahr, dass diese Unternehmen öffentlicher Kritik
       ausgesetzt werden und in der Folge für die Beförderung von
       ausreisepflichtigen Personen in die Heimatländer nicht mehr zur Verfügung
       stehen.“ So heißt es in der [3][Antwort der Regierung] auf eine Kleine
       Anfrage von Abgeordneten der Linken.
       
       Mit der Veröffentlichung der Informationen über die Fluggesellschaften
       wehren sich die Aktivist:innen gegen die Geheimhaltungsbestrebungen der
       Bundesregierung. „Die Menschen haben ein Recht zu wissen, wer von den
       Abschiebeflügen profitiert.“ So der Pressesprecher von „Deportation Alarm“.
       Durch aggressives Verbreiten und Teilen der Informationen in sozialen
       Medien wollen die Aktivist:innen den Druck auf die Fluggesellschaften
       erhöhen. „Das Anprangern in den sozialen Medien soll dazu führen, dass die
       Fluggesellschaften andere Kund:innen verlieren oder bestenfalls die
       Zusammenarbeit mit der Bundesregierung einstellen“, erklärt Ciro im
       Interview mit der taz.
       
       Auch die Linke kritisiert die Geheimhaltungsbestrebungen der Regierung.
       „Von einer Koalition, die sich selbst als ‚Fortschrittskoalition‘ betitelt,
       kann man mehr erwarten“, meint Clara Bünger, Sprecherin für Flucht- und
       Rechtspolitik der Linken-Fraktion, gegenüber der taz. „Hier wäre ein
       höheres Maß an Transparenz und Durchsichtigkeit des eigenen Handelns
       dringend notwendig“. Abgeordnete der regierungsbeteiligten Grünen wollten
       sich nicht bezüglich der Geheimhaltung der Fluggesellschaften äußern und
       verwiesen auf das SPD-geführte Innenministerium. Dieses hat bisher auf die
       Anfrage der taz nicht geantwortet.
       
       Neben den Profiteuren des Abschiebegeschäfts sind auch die Finanziers der
       Flüge im Fokus der Enthüllungen. Der Großteil der Abschiebeflüge aus
       Deutschland wird von Frontex, der Europäischen Agentur für die Grenz- und
       Küstenwache, finanziert. Insgesamt hat Frontex 2021 über 20 Millionen Euro
       für 155 Abschiebeflüge aus Deutschland gezahlt. „Dass Frontex die
       Militarisierung der Außengrenzen finanziert, ist mittlerweile bekannt. Aber
       es ist nicht so bekannt, dass Frontex auch in Abschiebungen verwickelt ist.
       Das wollen wir durch Geldflüsse aufdecken.“, erklärt Ciro.
       
       20 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://deportationalarm.com/
 (DIR) [2] /Abschiebefluege-mit-Touristik-Konzern/!5865690
 (DIR) [3] https://dserver.bundestag.de/btd/20/008/2000890.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marita Fischer
       
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